16.10

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Jeden Tag schuften 160 Millionen Kinder und Jugendliche, statt in die Schule zu gehen. Sie schuften auf Kakaoplantagen, in Bergwerken oder in der Textilindustrie, damit letztlich dann große Unternehmen und Konzerne möglichst niedrige Produktionskosten haben – so nennt man das dann –, während sie dadurch natürlich fette Gewinne einfahren können. Diese Ausbeutung ist auf unserem Globus tagtäglich gegeben.

Die Ausbeutung betrifft natürlich nicht nur Kinderrechte oder auch sonstige arbeitsrechtliche Standards, sondern es sind immer zwei Seiten einer Medaille: Das bedeutet natürlich auch Ausbeutung unserer Natur. Tag für Tag wird weltweit Regenwald der Fläche Wiens zerstört, für Rohstoffe, für Tropenhölzer, auch für Viehzucht. Da lassen wirklich große Unternehmen und Konzerne Regenwald roden, um dort billig Landwirtschaft zu betreiben, um dann eben große Gewinne damit einzufahren.

Der Punkt ist doch: Niemand will diese Produkte. Niemand in Österreich sagt: Ich will Schokolade kaufen, in der Kinderarbeit mit drinsteckt! Niemand sagt: Ich will ein Produkt kaufen, für das der Regenwald gerodet wurde! Der Punkt ist nur: Kein Konzern schreibt das auf die Schokolade drauf. Es steht ja nirgends offen drauf, es gibt ja die Transparenz für die Konsumenten und Konsumentin­nen nicht. So wird man tagtäglich, auch in österreichischen Supermärkten beispiels­weise, gezwungen, Produkte zu kaufen, die weder menschenrechtliche Standards noch Kinderrechte noch Umweltschutz beinhalten – und das muss ein Ende nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Punkt ist: Das Thema ist ja nicht neu. Ich danke auch den Initiatoren dieses Volksbegehrens. Wir diskutieren das ja schon lange. Man kommt dann immer mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten, von wegen: Nein, man arbeite eh daran; es gibt freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen. Die nutzen nichts! Gerade beim Thema Schokolade ist es schon seit Jahren, seit Jahrzehnten so, dass die Branche sagt: Nein, wir ändern das, wir verpflich­ten uns jetzt freiwillig! – Es hat nichts gebracht!

Es braucht das Lieferkettengesetz, denn es müssen endlich diejenigen in die Verantwortung genommen werden, die es ändern können (Abg. Haubner: Ah!): die Unternehmen und die Konzerne selbst, die anders produzieren müs­sen. Sie müssen wir in die Verantwortung nehmen, deshalb braucht es das Liefer­­kettengesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich braucht es das nicht nur auf europäischer Ebene – ja, da brauchen wir es auch, und da darf sich die österreichische Bundesregierung nicht länger so verhalten wie bisher, wo man blockiert hat; auch das muss man ehrlicherweise sagen –, sondern wir brauchen es auch in Österreich. Meine Kollegin Penny Bayr und ich, wir haben vor mittlerweile Jahren einen Vorschlag vorgelegt, wie ein österreichisches Lieferkettengesetz ausschauen könnte. Das wurde vertagt, vertagt, vertagt, vertagt. (Abg. Haubner: Man kann den Standort so auch ruinie­ren!)

Es gibt ja andere Länder, die es vormachen. Deutschland: Lieferkettengesetz, Frankreich: Lieferkettengesetz. Es gibt auch die nationalen Lösungen, und diese unterstützen natürlich die Lösung auf europäischer Ebene. (Zwischenruf der Abg. Niss.) Und die darf uns ja nicht reichen: Die Lösung auf europäischer Ebene trifft 0,1 Prozent der Unternehmen überhaupt (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Niss), so weit ist da der Rahmen gefasst. Natürlich muss man dann in Österreich nachschärfen. In Österreich wird es überhaupt kaum ein Unterneh­men treffen – so groß muss es sein, dass es zur Anwendung kommt. Also ja, wir müssen da ganz, ganz dringend nachschärfen. (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Niss.)

Ich höre nicht, was Sie rausschreien, Kollegin Niss, aber dann darf ich Ihnen auch sagen: Sie haben sich vorhin hierhergestellt und gesagt, Österreich sei ein führendes Land, was verantwortungsvolles Unternehmertum betrifft. (Abg. Niss: Ist es auch!) – Das würde ich auch so sagen, ganz klar (Abg. Niss: Ja eben!), aber trotzdem können wir nachweisen, wie immer wieder Produkte ihren Weg nach Österreich finden, in denen sklavereiartige Zustände mit drinstecken, in denen Kinderarbeit mit drinsteckt (Abg. Linder: Natürlich haben wir das!), in denen Umweltzerstörung mit drinsteckt. Das landet auch in unseren Unternehmen, in unseren Geschäften. Wenn Sie das einfach so wegwischen, ist das nicht okay! Auch wir haben hier eine Verantwortung, dagegen vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nehmen wir die Unternehmen und Konzerne endlich in die Pflicht! Auch öster­reichische Unternehmen müssen ihre Lieferketten endlich kontrollieren, gerade im Textilbereich - - (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Niss.) – Ich höre Sie nicht. Bitte, kommen Sie nachher zu mir, dann reden wir es aus! – Gerade vom Textilbereich beispielsweise wissen wir, wie oft da Schindluder getrieben wird. Es muss ein Ende finden, auch wir haben eine Verantwortung für Menschen­rechte (Zwischenruf der Abg. Tanda), und diese können Sie hier nicht wegwischen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.