15.10

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Inflation trifft die­jenigen am härtesten, die es davor schon nicht einfach hatten, und darum ist das Thema Kinderarmut bedeutender denn je. Ich bin ein bisschen verwundert, dass es heute nicht angesprochen wurde.

Niemand – wirklich niemand – ist freiwillig arm, und Armut ist auch kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles Problem, und Kinderarmut zu bekämpfen ist sicher kein Kinderspiel. Und ja, langfristig führt kein Weg an der Kindergrundsicherung vorbei. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das wird, das ist unbestritten, eine riesige Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass uns die Bewältigung dieser Herausfor­derung gelingen kann. Dazu braucht es aber zwei Dinge: Das eine sind politische Mehrheiten und das andere ist Zeit, und beides haben wir nicht.

Eine Kindergrundsicherung besteht aus zwei Säulen: Das eine sind Geldleistun­gen und das andere sind Sachleistungen; bei den Sachleistungen sind haupt­sächlich die Länder in Verantwortung, wie jetzt beim Thema Kinderbetreuung. Gerade beim Thema Kinderbetreuung hinken wir aber extrem hinterher, weil wir uns viel zu lange auf dieses alte Denken verlassen haben: Die Mama bleibt eh daheim, die wird es schon richten. Diese Zeiten sind jedoch vorbei, und das geht sich auch nicht mehr aus. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Seit Jahrzehnten höre ich immer wieder, dass die Kinderbetreuung ausgebaut werden soll, aber seit Jahrzehnten kommen wir nicht vom Fleck. Es gibt Dörfer, in denen die Kinderbetreuungseinrichtung nur 4 Stunden am Vormittag geöffnet ist, und da frage ich mich: Wem soll denn das etwas bringen? Seit Jahrzehnten lassen wir Eltern da einfach im Stich. (Abg. Einwallner: Jahrzehnte­lang nichts gemacht ...!)

Dieses Schneckentempo können wir uns auch aus ökonomischer Perspektive nicht mehr leisten. Wir müssen aus diesem Dornröschenschlaf endlich aufwachen, sonst haben wir in hundert Jahren noch keine Gleichberechtigung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber zurück zur Inflationsbekämpfung: Was haben wir gemacht? – Während andere Parteien hauptsächlich mit dem eigenen Profil beschäftigt waren, haben wir nach Lösungen gesucht und ein extrem treffsicheres Paket gegen Kinder­armut in der Höhe von 500 Millionen Euro auf die Beine gestellt. (Zwischen­ruf des Abg. Schroll.) Zusammen mit der Inflationsabgeltung bei der Familien­beihilfe macht das ein Plus von 90 Euro pro Kind im Monat aus. Der SPÖ-Vorschlag mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel würde ungefähr 130 bis 150 Euro im Jahr bringen. Sie sehen also die Differenz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Aus aktuellem Anlass muss ich auch die massiven Unwetter ansprechen, die unser Land gerade in Atem halten, denn in den letzten Tagen kamen nach der extremen Hitzewelle Extremregenfälle auf uns zu. Es mussten sogar Zivilschutzwarnungen ausgesprochen werden. Und ja, genau darum ärgert es mich so sehr, wenn ich von Relativierungen der Klimakrise höre, denn wir sehen es jetzt gerade in Tirol: Die Klimakrise ist keine abstrakte Bedrohung, sondern eine akute Gefahr für uns alle! Wir sagen ja nicht zum Spaß, dass die Klimakrise die größte Herausforderung unserer Zeit ist, und wir kämpfen auch nicht nur deshalb für Klimaschutzmaßnahmen und setzen auch nicht nur deshalb welche, weil wir es lustig finden, sondern wir tun das, weil wir wissen, dass wir den jungen Menschen mit jedem Moment, den wir länger warten, in dem wir nichts tun, ein Stück Zukunft nehmen.

Was uns im Kampf gegen die Klimakrise sicher nicht hilft, sind Parteien, die von Betonromantik träumen, und schon gar nicht brauchen wir eine Partei (Zwi­schenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff), die auf einem extrem grindigen Niveau wissenschaftliche Erkenntnisse infrage stellt, wie die Putin-Öl-Fraktion der FPÖ. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Denn: Nein, liebe Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, Wissenschaft ist keine Meinung. (Abg. Steger: Propaganda!)

Apropos (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen): Das Video, das Sie verbreiten, ist nicht nur extrem widerwärtig, sondern eine absolute Grenzüberschrei­tung. Es werden rechtsextreme Bücher gezeigt, Schriften, Bilder - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen den Schlusssatz formu­lieren! Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Fraktionsredezeit bereits ausgeschöpft ist.

Abgeordnete Barbara Neßler (fortsetzend): Danke.

Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei, die aktiv unsere Demokratie gefährdet, und es ist eine Schande, dass Sie in drei Bundesländern in der Regierung sitzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Reifenberger: Das ist ein Ordnungsruf! – Abg. Matznetter: Da hat Barbara Neßler recht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.14

Präsidentin Doris Bures: Weiters ist Frau Abgeordnete Julia Herr zu Wort gemeldet. – Bitte.