11.21

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Dr. Günther Sidl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrter Herr Bundeskanzler! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade beim heutigen Thema der Teuerungswelle, die die gesamte Europäische Union erfasst hat, ist es wichtig, über den eigenen Tellerrand zu schauen und die besten Beispiele aus anderen Mitgliedstaaten mitzunehmen, denn die Ausgangs­lage war für alle EU-Mitgliedsländer in etwa vergleichbar. Angespannte Budgets nach der Coronapandemie waren von Portugal bis ins Baltikum an der Tagesordnung. Vor diesem Hintergrund war und ist es besonders wichtig, die vorhandenen Mittel effizient und zielgenau zu verwenden. Wenn man sich den Vergleich der Inflationsraten quer durch Europa ansieht, muss man sagen, es gibt viele Beispiele, wo das besser als bei uns hier in Österreich – mit einer Teuerungsquote von 7,4 Prozent – gelungen ist.

Generell zeigt sich, dass die Staaten, die konsequent in die Energiepreise eingegriffen haben, besser dastehen. Das gilt sowohl für Länder, in denen die Energiepreise stark reguliert sind und die sich an den Erzeugerpreisen orientieren, als auch für jene, in denen sie optimal subventioniert wurden und daher nicht in diesem Ausmaß an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurden. In all diesen Fällen wurde in den nicht funktionierenden Energiemarkt eingegriffen. Das ist etwas, wovor die österreichische Bundesregierung und leider auch die Europäische Kommission zurückgeschreckt sind oder es nicht konsequent genug verfolgt haben. Auch zum EU-Gaspreisdeckel kann man nur sagen: zu wenig und zu spät! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher müsste es inzwischen jedem und jeder Einzelnen einleuchten, dass sich nicht funktionierende Märkte nicht von alleine heilen. Nicht funktionierende Märkte im Bereich der Grundversorgung bedeuten nur eines: Die Menschen, und mittlerweile nicht nur die am unteren Ende des Einkommensspektrums, kommen unter die Räder. (Beifall bei der SPÖ.)

Was noch dazukommt: Wir schaffen für viele Menschen kein positives Zukunftsbild. Immer mehr denken sich, dass sie sich bei dieser Preisentwicklung trotz harter Arbeit keinen Wohlstand mehr für sich und ihre Kinder aufbauen können. Im Gegenteil, die Angst, abzurutschen, verstärkt sich zunehmend. Dieses Denken, werte Kolleginnen und Kollegen, ist für die Stimmung in Europa und in Österreich jedoch äußerst gefährlich.

Es braucht daher eine Rückkehr zum Vorsorgedenken, das unsere Politik über Jahrzehnte geprägt hat. So notwendig viele kurzfristige Maßnahmen auch sind, um die Menschen mit den Auswirkungen der Teuerung nicht alleine zu lassen, wäre es eigentlich bereits Aufgabe der Politik gewesen, diese Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Von der Abhängigkeit vom russischen Gas hat in Europa praktisch jeder gewusst, genauso wie davon, dass die Energieversorger immer mehr in privaten Besitz gewandert sind. Daher brauchen wir starke Energieversorger in rein öffentlicher Hand. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nicht darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, private Anbieter einzuschränken, aber die zentralen Versorgungsunternehmen müssen zu 100 Prozent in öffentlichem Besitz sein, so wie beim Wasser und bei unserer Infrastruktur, etwa im Eisenbahnwesen. Wir als Politik brauchen doch in Krisenzeiten wieder Lenkungsmöglichkeiten. Das gilt natürlich nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa. Wir müssen endlich wieder lernen, unsere Abhängigkeiten von anderen Teilen der Welt massiv zu verringern. (Abg. Hafenecker: Was ist mit den USA?) Auch die Pandemie hat gezeigt, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass man alles, was man bestellt, auch wirklich bekommt, dass es auch wirklich geliefert wird.

Jetzt geht es darum, die richtigen Lehren aus der Coronapandemie und der Teuerungswelle zu ziehen. Es kann nämlich nicht sein, dass wir nur noch von einer Krise in die nächste taumeln, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann nur hoffen, dass sich die österreichische Bundesregierung in Europa stärker dafür einsetzt, dass die Grundversorgung aller Menschen nicht nur ein Thema für das Profitstreben einiger weniger bleibt, sondern wieder zum obersten Anliegen einer vorausschauenden Politik wird. Genau das haben sich die Österreicherinnen und Österreicher genauso wie alle Europäerinnen und Europäer verdient. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.25

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt der Europaabgeordnete Georg Mayer zu Wort. – Bitte.