20.09

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuhörer! Der Inhalt der Rede von Franz Hörl ist, zusammengefasst, das, was wir heute den ganzen Tag vernehmen mussten: Aus Sicht dieser Regierung ist alles super.

Mich würde es freuen, wenn im Tourismus alles super wäre, lieber Franz Hörl, die Wahrheit ist aber leider, bedauerlicherweise eine andere. Ich darf dir einleitend – ich habe nur 3 Minuten Zeit – ein E-Mail vorlesen, das mir eine Unternehmerin aus dem Zillertal – fünf Ferienwohnungen – heute geschickt hat (Abg. Schmidhofer: Schon wieder? Schon wieder? Warum schreiben sie dir so viel?), nämlich zur Situation, wie sie von der Bevölkerung vor Ort, die von diesen extremen Preissteigerungen, von der Inflation, vom Preisdruck geknechtet ist, wahrgenommen wird. Nach der Rede von Bundeskanzler Nehammer, der gesagt hat: Wir haben alles richtig gemacht! (Ruf bei der ÖVP: Das hat er nicht gesagt!), schreibt sie Folgendes – ich zitiere, und ich sage dir dann, welche Unternehmerin das war –:

Ich als Kleinunternehmerin – fünf Ferienwohnungen – wurde bei nichts unter­stützt. Kein Strompreisdeckel, nichts! Vorher Gas monatlich: 390 Euro, jetzt: 937 Euro. – Monatlich! – Strom: vorher 287 Euro – bei uns in Tirol, wo die Tiwag zu 100 Prozent im Eigentum des Landes ist, auch dort sind die Strom­preise explodiert –, jetzt: 598 Euro monatlich; und, und, und. Versicherungen, Steuer­beratungskosten, Bankzinsen, alles enorm gestiegen – bekommen habe ich bis dato nichts. Ich kann es nicht mehr hören! – Zitatende. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kickl: Bravo!)

Das ist das, was die Bevölkerung draußen von solchen Debatten wie heute wahrnimmt, und ich verstehe nicht, in welcher Blase ihr lebt. Ich bin froh, dass wir bisher im Tourismusjahr 2023 bis Juli nur ein Nächtigungsminus von 2 Prozent gegenüber dem Rekordjahr haben. Okay, super – wenn wir mehr hätten, würde uns als Freiheitliche Partei das freuen –, aber was ist denn das Problem? – Von diesen volkswirtschaftlichen Zahlen, die du, Franz Hörl, heute hier vorgetragen hast, hat der Unternehmer ja nichts. Die Frage, die sich für den Unternehmer stellt, ist: Kann ich mit den Erträgen, die ich einnehme, meinen Betrieb überhaupt betriebswirtschaftlich führen?, und diese Frage müssen bedauerlicherweise immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer mit Nein beantworten. (Ruf bei der FPÖ: So ist es!) Deswegen ist ja die Insolvenzquote bei den Klein- und Mittelbetrieben im ersten Halbjahr gegenüber dem vorigen Jahr um 45 Prozent gestiegen. Ende der Fahnenstange: bedauerlicherweise nie.

Und weißt du, wieso das so ist? – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und werte Zuhörer, ich sage es euch. Im Ausschuss waren Tourismusexperten anwesend, die haben uns Benchmarkzahlen vorgelegt, und ich zitiere daraus. Thomas Reisenzahn sagt: Gegenüber 2019/20 und jetzt sind die Betriebs­ergebnisse um 7 Prozent eingebrochen, und der Haupttreiber dieser Einbrüche sind die exorbitant gestiegenen Energiekosten, die sich beinahe verdoppelt haben.

Und was ist der Grund dafür? – Das sind die Russlandsanktionen. Es ergibt doch überhaupt keinen Sinn für uns Österreicher, das russische Öl mit einem Aufschlag über Indien zu beziehen. Das ist doch eine unehrliche Politik! Wir, die Unternehmerinnen und Unternehmer, bezahlen das doch alles! Das ist doch keine Politik, was ihr macht! Und das ist der Grund! (Beifall bei der FPÖ.)

Minus 7 Prozent, was bedeutet das? – Das bedeutet, dass das Eigenkapital, das bei Tourismusbetrieben traditionell immer schon sehr dünn war, noch weiter erodiert. Das weißt du, lieber Franz Hörl. Und was ist denn die Konsequenz? – Die Konsequenz ist, dass diese Betriebe immer mehr in Richtung Insolvenz schlittern, und ich zitiere aus dem Papier, das uns allen im Tourismusausschuss von dem wirklichen Experten Thomas Reisenzahn übergeben wurde. Er sagt:

„Vor dem Hintergrund einer sinkenden Eigenkapitalquote sind potenzielle Investitionsrisiken insbesondere für kleine Unternehmen zu erwarten. Am Ende der Krise droht dadurch ein Systembruch.“

Das heißt, viele Kleinbetriebe, die in der Region so wichtig sind, werden vom Markt verschwinden, und das ist das Desaster. Und was haben wir Freiheitliche getan? – Seit drei Jahren betteln wir – und ich habe jetzt mein Taferle natürlich mitgebracht (eine Tafel mit der Aufschrift „867/A(E) vom 23.09.2020 (XXVII. GP) Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser und weiterer Abgeordneter betreffend Eigenkapitalstärkung zur Wiederbelebung der Tourismus­wirtschaft“ in die Höhe haltend) –, dass ihr endlich die Eigenkapitalbasis erhöht. Schaut her: Antrag 23.9.2020. – Wir feiern den Dreijahrestag! Was wollen wir haben? – Wir wollen die Hilfe zur Selbsthilfe.

Wieso macht ihr das nicht? Wieso verteilt ihr lieber über die Cofag Geld unfair und ungerecht? – Das ist doch keine Politik! Das ist doch keine gerechte Politik! Wieso greift ihr diesen Vorschlag von wirklichen Experten nicht auf und sagt: Jawohl, wir geben die Möglichkeit, stille Reserven, die in Grund und Boden liegen, aufzuwerten, damit die Eigenkapitalbasis zu vergrößern und damit die Überlebensfähigkeit vieler Betriebe zu verbessern!? – Eine einfache Geschichte, x-mal eingebracht, 100-mal abgelehnt! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

So schaut die Politik aus, und ich bringe auch diesen Antrag heute noch einmal ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich echte Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung für Tourismusbetriebe setzen – Investitionen ermöglichen – Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des heimischen Tourismus erhöhen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Bonität der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2024 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermöglichung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden."

*****

Wenn ihr das heute unterstützen würdet, würden wir vielen Betrieben in Österreich in diesen schwierigen Zeiten – übrigens von der desaströsen Politik dieser Regierung verursacht – endlich eine Chance geben. Ich bitte um Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schmidhofer: Du bist ein jammernder Grantscherben!)

20.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Endlich echte Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung für Tourismus­betriebe setzen – Investitionen ermöglichen – Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des heimischen Tourismus erhöhen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 24: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft betreffend Tourismus in Österreich 2022 (III-961/2136 d.B.) in der 230. Sitzung des National­rates am 20. September 2023

In den letzten Jahren haben sich viele Betriebe und Unternehmen in Folge von COVID-19 massiv verschuldet und befinden sich nach wie vor, wenn auch mit branchenabhängigen Unterschieden, in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage.

Die Eigenkapitalbasis insbesondere der Tourismusbetriebe ist durch die letzten Jahre der COVID-Krise weiter eingebrochen, wie dies unter anderem Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung kürzlich bestätigt, wenn er am 15.03.2022 festhält:1

Schon vor der Pandemie war die dünne Eigenkapitaldecke bekanntlich in Hotellerie und Gastronomie ein Problem. In den vergangenen zwei Jahren wurde die Lage noch prekärer. „Viel Eigenkapital wurde verbrannt.

Sein Unternehmen hat anonymisiert die Daten von 200 Tourismusbetrieben analysiert. Zusammengefasst: Die Steuerstundungen laufen aus und die Liquidität ist gefährdet, weil die Eigenkapitaldecke von durchschnittlich 13,7 Prozent in einigen Fällen heute auf unter 8 Prozent gefallen ist.

Bei diesem Wert ist in der Regel keine Bankfinanzierung mehr zu bekommen.

Viele Tourismusbetriebe haben in der Corona-Krise und mit dem Krieg in der Ukraine ihre Sicherheit in Planung und Betriebsführung verloren. Seit März des Vorjahres spürt die Branche den Rohstoff-Preisschock, Angebotsengpässe, Energiepreisstei­ge­rungen und Mitarbeiterknappheit. Daher gilt es, die finanzielle Situation der Unter­nehmen auch durch Stärkung der Eigenkapitalbasis rasch zu verbessern.

Wie Thomas Reisenzahn in der Sitzung des Tourismusausschusses bereits im Juni des Vorjahres berichtete, wurde in den letzten zwei Jahren viel Eigenkapital ver­brannt. Und dies in einer Branche mit von Haus aus schwachem Eigenkapital (13,7 % in der Hochkonjunktur!). 2021 hat die Eigenkaptalquote bei kleinen bis mittleren Betrieben nach Beobachtungen der Prodinger Beratungsgruppe weiter abge­nommen. Bei mittleren bis großen Betrieben war die Quote sogar noch stärker rückläufig. Eine niedrige Eigenkapitalquote, gepaart mit einem hohen Fixkosten­anteil bei gleichzeitig hoher Investitionsintensität und steigenden Betriebskosten, senkt die Krisenfestigkeit! „Die Eigenkapitalquoten der österreichischen Unternehmen werden sich in den nächsten Monaten daher nicht verbessern.

Das geringe Eigenkapital ist zum Teil durch niedrige Buchwerte der Hotelliegenschaft bei erheblichen stillen Reserven bedingt.

„Aufgrund der Tatsache, dass in den Bilanzen Buchwerte dargestellt werden, entspricht die Darstellung oft nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Ganz besonders nicht, wenn die Betriebe bzw. der Besitz schon lange in Familienhand sind“, ergänzte Reisenzahn.

Daher sollte eine Aufwertungsoption auf den Verkehrswert der Liegenschaften unbedingt eingeführt werden. Damit ließen sich richtigere Werte in den Jahres­ab­schlüssen darstellen. Hier schlug Prodinger bereits vor mehr als einem Jahr eine befristete Übergangsregelung bis 31.12.2023 vor, wonach das Vermögen mit dem Viertel-Steuersatz begünstigt aufgewertet werden kann und die Bilanzen das echte Eigenkapital aufweisen. Dies würde die Bonität stärken und langfristig die Abschreibungsbasis erhöhen!

Gerade bei Immobilien machten und machen die stark gestiegenen Inflationsraten aus Sicht der Prodinger Beratungsgruppe eine Aufwertungsmöglichkeit von Immobilien zunehmend dringlicher, was man wie folgt begründet:2

Aufgrund der unternehmens- und steuerrechtlichen Vorschriften wird das Anlage­vermögen in der Bilanz mit historischen (Anschaffungs- und Herstellungs-) Kosten angesetzt. Diese sind geringer als die Wiederbeschaffungskosten bei einer Ersatz- bzw. Neuinvestition. In der Gewinn- und Verlustrechnung erfolgen die Abschrei­bun­gen aufgrund dieser historischen Kosten. „Dies wiederum führt dazu, dass die Besteuerung auf Basis nomineller Scheingewinne erfolgt“, kritisiert Roland Pfeffer, Geschäftsführer der Prodinger Steuerberatung in Zell am See. Bei Ersatzinvestitionen ist die Finanzkraft des Unternehmens geschwächt, da laufend eine zu hohe Steuerbemessungsgrundlage auf Basis historischer Anschaffungskosten ausgewiesen wird. „Die hohen Inflationsraten verstärken diesen nachteiligen Effekt. Parallel dazu führt das zu gering ausgewiesene Eigenkapital auch zu einer schlechteren Bonität, was wiederum zu höheren Kreditzinsen führt“, fasst Pfeffer die problematische Situation zusammen.

Die Möglichkeit einer steuerschonenden Aufwertung bedeutet nicht nur die Darstellung richtiger Werte, sondern verhindert auch die Scheingewinnbesteuerung. Italien hat mit dem Augustdekret aus 2020 die Grundlage für eine steuerfreie Aufwertung von Immobilien geschaffen. Eine entsprechende Regelung in Österreich würde sicherstellen, dass dieser aktuell bestehende Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Regionen beseitigt wird.

Um die Finanzierungslücke abzumildern, die aus der Besteuerung der Scheingewinne entsteht, schlagen wir eine steuerschonende Aufwertungsmöglichkeit von Immobilien vor. „Im Zuge der aktuellen Diskussion einer Besteuerung von „Überge­winnen“ darf auch die jahrzehntelang durchgeführte Besteuerung von Scheingewinnen nicht unberücksichtigt bleiben“, mahnt Pfeffer abschließend.

Auch im gegenständlichen Bericht betreffend Tourismus in Österreich 2022 wird OeHT Prokurist Florian Zellmann in Zusammenhang mit der Eigenkapitalsituation der Tourismusbetriebe wie folgt zitiert:

Der Schatten, den die branchenweit niedrige Eigenkapitalausstattung und die oftmals angeschlagenen Bilanzbilder von Tourismusunternehmen auf die Zukunft wirft, wird länger.

Gerade in einer Zeit, in der es nun laut Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHJT) wieder starke Nachfrage nach Finanzierungen gibt, ist es dringend an der Zeit, dass diese Bundesregierung endlich wirksame Maßnahmen setzt, die eine rasche Stärkung der Eigenkapitalbasis der Tourismusbetriebe ermöglichen. Nur so kann die Grundlage geschaffen werden, dass investitionswillige Betriebe auch tatsächlich in den Genuss von Finanzierungen kommen und somit die Wettbewerbsfähigkeit am Tourismusmarkt sowie die Attraktivität für die Gäste auch entsprechend erhalten bzw. ausbauen können.

Darüber hinaus sollte eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital insofern erfolgen, dass neben Fremdkapitalzinsen auch fiktive Eigen­kapital­zinsen steuerlich abzugsfähig werden.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und im Sinne der raschen und echten Unterstützung der massiv belasteten heimischen Gastronomie- und Hotelbetriebe stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der eine dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals und damit der Bonität der Unternehmen unter anderem durch eine bis 31.12.2024 befristete Ermöglichung der Aufwertung des Vermögens mit dem Viertel-Steuersatz sowie durch die Ermöglichung eines Steuerabzugs für fiktive Eigenkapitalzinsen im Sinne der steuerrechtlichen Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital umgesetzt werden.“

1 https://www.gast.at/gastronomie/tourismus-warum-die-preise-rauf-muessen-47820

2 TPT0012 5 WI 0622 T780001 Mi, 22.Jun 2022

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.