22.07

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Volksbegehren Neutralität Österreichs – Ja wird gefordert, ich zitiere, dass Österreich seine immerwährende Neutralität abermals bekräftigt, keinem militärischen Bündnis beitritt und auch keine Militärstütz­punkte fremder Staaten auf österreichischem Staatsgebiet zulässt. Das Ganze soll in einem weiteren Verfassungsgesetz festgehalten werden.

So, ich erlaube mir, die 116 000 Unterzeichner des Volksbegehrens und bei der Gelegenheit vielleicht auch den einen oder anderen Kollegen der Freiheitlichen Partei zu beruhigen: Es gibt in der Bundesverfassung einen sehr, sehr selten zitierten Abschnitt ganz am Anfang, das ist der Art. 1 Abs. 1, und der bestätigt bereits unsere immerwährende Neutralität. Art. 1 Abs. 2 – Sie wissen das als Notar – verhindert den Beitritt zu militärischen Bündnissen und verbietet die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf österreichi­schem Staatsgebiet.

Wüsste man es nicht besser, könnte man meinen, die Herrschaften haben sich den Artikel 1 der Bundesverfassung überhaupt nicht angeschaut. Wenn man so ein Volksbegehren macht, ist das schon ein bisschen komisch.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist klar, dass dieses Volksbegehren keine konkreten Vorschläge in dem Sinn enthält, materielle oder juristische Verbesserungen für die Menschen in Österreich zu erreichen, sondern es geht nur darum, gebetsmühlenartig immer die gleiche Neutralitätsdebatte irgendwie zu befeuern. Da es aber die nötige Schwelle an Unterschriften überschritten hat, um im Parlament thematisiert zu werden, tun wir das auch.

Österreich ist neutral. Es wird keinen Stützpunkt anderer Staaten auf Öster­reichs Staatsgebiet geben. Österreich wird keinem Militärbündnis beitreten. Und weil ich die Rufe aus den blauen Reihen schon höre oder bereits gehört habe: Auch mit Sky Shield ist kein Militärbündnis, sondern ein wenig mehr als eine gemeinsame Einkaufsliste gegeben. (Abg. Reifenberger: Herr Kollege, du weißt, was ...! – Ruf bei der FPÖ: Das ist Blödsinn!) Es ist auch sinnvoll, um in der Europäischen Union gemeinsam zu bestehen. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Gegen die Beschaffung einer funktionierenden Raketenabwehr, Herr Kollege, werden die Verfasser des Volksbegehrens und hoffentlich auch die FPÖ ja keine Einwände haben. Schließlich geht es ihnen doch um eines – ich zitiere erneut aus diesem Volksbegehren –: die „Behauptung“ von Österreichs „Unab­hän­gigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes“. – Na was soll das sein, wenn nicht eine gemeinsame Raketenabwehr (Abg. Reifenberger: Eine nationale Raketenabwehr!), die Ihre Minister ja nicht einmal zusammengebracht haben. Wir haben da jetzt die ersten Schritte gesetzt und bringen das auch zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist auch gut so, denn wehrlos gegen irgendwelche Raketenangriffe zu sein, zu deren Abwehr gar auf andere Staatenbündnisse angewiesen zu sein (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Reifenberger) – das ist ja der Punkt, das ist ja das, worauf Sie aus waren –, spiegelt diesen Geist wohl nicht mehr wider. Nein, wir beheben das jetzt.

Es gibt sehr wohl eine Neutralitätsdebatte, nur diese lautet nicht, wie die freiheitlichen Kollegen zu glauben scheinen: Bleibt Österreich neutral?, sondern die zentrale Frage lautet ja vielmehr: Wie soll Österreichs Neutralität im 21. Jahrhundert aussehen? Denn, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Neutra­lität heißt nicht, zu allem nur Nein zu sagen. Die österreichische Neutralität bedeutet, auch aktiv, positiv und gestaltend zu sein.

Das wollen wir, und das werden wir in dieser Österreichischen Sicherheits­stra­tegie auch umsetzen. Da geht es um humanitäre Hilfe. Wir müssen eine Drehscheibe internationaler Einsätze sein, sei es in der Ukraine, sei es in Bergkarabach, sei es am Balkan. Das ist unsere Aufgabe, so wollen wir Neutralitätspolitik in Österreich auch haben – und nicht tatenlos zusehen, wenn größenwahnsinnige Möchtegerndiktatoren, die Sie (in Richtung FPÖ) so gern verehren, irgendwelche Länder überfallen und Menschenrechte mit Füßen treten. Sehr geehrte Damen und Herren, Österreich wird dabei eine aktive Rolle spielen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.