12.55

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, die Zuschüsse aus dem Budget zu den Pensionen aus der Sozialversicherung steigen von heuer 12 Milliarden auf nächstes Jahr 16 Milliarden, genau 16,6 Milliarden Euro – von 12 auf 16 in einem Jahr! Und das ist erst der Anfang der Phase, in der die Boomer in Pension gehen.

Wir hätten also ein Problem, Herr Minister, nicht? Es kostet wahnsinnig viel Geld. Diese Regierung hat das Problem, das wir im Pensionssystem insgesamt haben, verschlimmert, und zwar jedes Jahr, konsequent. Sie hat eine zusätzliche Pensionserhöhung im ersten Pensionsjahr eingeführt. Das hat es früher nicht gegeben. Sie hat den Frühstarterbonus eingeführt, der Hunderte Millionen kostete, den aber die meisten von Ihnen gar nicht kennen. Sie hat die Angleichung des Frauenpensionsalters hinausgeschoben. Sie hat jedes Jahr Extraerhöhungen beschlossen. Sie hat im heurigen Jahr im März eine Einmalzahlung in Höhe von 650 Millionen Euro gegeben, die eigentlich dazu gedacht war, die Inflation gleich abzugelten, die aber jetzt nicht in Abzug gebracht wird.

Jetzt macht sie eine außertourliche Aufwertung des Pensionskontos, so als ob wir irgendwie Geld übrig hätten. Völlig unverantwortlich schaut man nicht darauf, dass das System in 30 Jahren noch funktionieren wird, sondern bläst jetzt das Geld hinaus und versucht, sich die Stimmen der alten Menschen damit zu kaufen. (Beifall bei den NEOS.)

Eigentlich hätte die Regierung die Verantwortung, Interessen auszubalancieren. Die älteren Menschen haben natürlich gerechtfertigte Interessen. Die Pensionisten haben gerechtfertigte Interessen, aber die jungen Menschen, die Erwerbstätigen, die Beitragszahler, haben auch gerechtfertigte Interes­sen. Ein gutes Sozialsystem lebt davon, dass diese Interessen ausbalanciert werden. Das machen Sie nicht, Sie sehen immer nur die Seite der Leistungsbezieher. Das ist nicht fair; das ist nämlich gegenüber jenen nicht fair, die in 30, 40 Jahren solche Pensionen nicht mehr haben werden.

Sie sollten nämlich überlegen, was die Funktion der Pensionsversicherung ist: Die Funktion der Pensionsversicherung ist nicht, dass alle ein Leben im Wohlstand haben, wenn sie alt sind. Das ist nicht die Aufgabe der Pensions­versicherung. Die Pensionsversicherung versichert Ihr Erwerbseinkommen für den Versicherungsfall des Alters. Wenn Sie wenig über einen kurzen Zeitraum eingezahlt haben, kommt wenig heraus, wenn Sie viel über viele Beitragsmonate eingezahlt haben, kommt viel heraus – eine einfache Rechnung.

Herr Minister, wenn Sie wollen, dass die Menschen höhere Pensionen haben, dann müssen Sie ehrlich sein – das ist schwierig für einen Minister, ich weiß, aber dann müssen Sie ehrlich sein – und sagen: Wenn Sie eine höhere Pension wollen, müssen Sie länger und mehr arbeiten, nur dann geht sich das aus! Diese Ehrlichkeit verlange ich von Ihnen. (Beifall bei den NEOS.)

Zur Balancierung der Interessen: Wenn wir schauen, was die Erwerbstätigen bekommen haben: Die Kollektivvertragserhöhung betrug im Handel 7 Prozent, bei den Journalisten 7,5 Prozent, bei den Mitarbeitern in den Banken 7,9 Prozent. Jetzt bekommen die Pensionisten 9,7 Prozent. Das ist nicht die Balance, von der ich gesprochen habe. (Der Redner balanciert seine Arme aus.) Da kommen noch 650 Millionen Euro an Einmalzahlung drauf. Sie haben die Balance außer Acht gelassen. Sie haben nicht geschaut: Wer finanziert eigentlich das System? Deswegen laufen Ihnen die Ausgaben davon. Sie haben eine wichtige Aufgabe eines Ministers, nämlich den Überblick zu bewahren und die Balance langfristig sicherzustellen, vernachlässigt. Das können dann Ihre Nachfolger, denn Sie sind ja auch schon nahe dem Pensionsalter, ausbaden. (Abg. Baumgartner: Geh, Gerald!) – Ja, es tut mir leid, es stimmt ja, das sind Fakten! Das kann man ja tatsächlich nicht machen, Angela.

Zu dieser Schutzklausel: Etwas weniger Intelligentes als diese Schutzklausel ist mir in der Politik selten untergekommen – dümmer darf man nicht sagen –, geschätzte Damen und Herren. Warum? – Bei einem Pensionssystem, das über Jahrzehnte arbeitet – man zahlt Jahrzehnte Beiträge und ist im Schnitt in Österreich 23 Jahre in Pension –, kann man doch nicht ein einzelnes Kalender­jahr herauszupfen und sagen: Oh, da ist es aber schlechter!

Jemand, der so etwas macht, hat das System nicht verstanden. In den letzten 38 Jahren sind die Pensionskonten 30 Mal über der Inflation aufgewertet worden, zweimal im gleichen Ausmaß und sechsmal darunter. Insgesamt sind die Pensionskonten viel stärker erhöht worden, als es der Inflationsrate entspräche.

Nun ist das nächste Jahr ein Jahr, in dem das nicht der Fall ist – so ist es halt. Über die Erwerbskarriere hinaus ist aber jeder Beitragseuro weit über der Inflationsrate aufgewertet worden. Es braucht diese Schutzklausel nicht. Sie werfen damit wieder Geld hinaus – Geld, das Sie nicht haben, das dieser Staat nicht hat –, und das auf Kosten der jungen Menschen, auf Kosten der Erwerbstätigen, und das ist hochgradig unverantwortlich. (Beifall bei den NEOS.)

13.00

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.