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Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen über künstliche Intelligenz, und ich bin über diesen Begriff immer ein bisschen unglück­lich. Ich würde den Begriff künstliche Intelligenz nicht verwenden, ich würde stattdessen simulierte Intelligenz sagen, denn es ist keine Intelligenz, es ist nur eine Simulation von Intelligenz, die Sie vorfinden. Dessen müssen wir uns immer bewusst sein, es ist simulierte Intelligenz, aber selbstverständlich kann man sie verwenden.

Ich würde sagen, es gibt drei Punkte, die ich da für den Unterricht sehe. Das Erste ist, dass diese simulierte Intelligenz sehr gut dafür verwendet werden kann, den klassischen Unterricht zu bereichern, in jeglicher Hinsicht: Man kann Vokabel lernen mit diesen Dingen, man kann Aufsätze schreiben und dann sogar kontrollieren, ob diese Aufsätze gut sind, und sie dann selbst verbessern. Ein Rohaufsatz wird von Chat-GPT geliefert, dann kann man daran herumpolieren und dann wird wirklich ein Kunstwerk daraus. Man kann damit wunderbar naturwissenschaftlichen Unterricht betreiben, man kann zeigen, wie Moleküle zusammenkommen, das wird auf dem Bildschirm auf wunderbare Weise dargestellt, und dann kann man im Experiment zeigen, wie es wirklich in der Natur ausschaut. All das ist möglich und kann im klassischen Unterricht eingesetzt werden.

Das Zweite ist, dass die künstliche Intelligenz, wie es so heißt, also dass die simulierte Intelligenz selbst ein Unterrichtsgegenstand ist, in dem man lernt, was ein Algorithmus bedeutet, was ein Algorithmus leisten kann, was ein Algorithmus nicht kann und inwieweit ein sinnvoller Einsatz gelingt. All das ist zu machen und soll auch im Fach digitale Grundbildung geschehen, wobei ich der Ansicht bin, man könnte das durchaus in der Mathematik auch machen, denn die Mathematik ist ja eigentlich die Wissenschaft, die das Ganze geliefert hat – sie hat leider nur nicht daran verdient, das haben dann die Informatiker gemacht. Wir sind viel zu großzügig und haben die Zahlen zur Verfügung gestellt – aber wie dem auch sei.

Der dritte Punkt, den ich nennen möchte, ist der Glaube, dass diese simulierte Intelligenz uns weiterhelfen und uns in gewisser Art und Weise bereichern kann. Ich will das an einem Beispiel darlegen: Chat-GPT arbeitet am besten, wenn es Horoskope erstellt. Da macht es nämlich überhaupt keine Fehler, beim Horoskopeerstellen ist Chat-GPT einzigartig gut. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir sagen, es erstellt so großartig Horoskope, beschränken wir uns also darauf, dass wir damit Horoskope erstellen wollen, und steigen wir auf das Niveau des Horoskope­erstellens hinunter; oder wir sagen, Chat-GPT kann gut Horoskope erstellen, aber wir können mehr, wir können wirklich mehr, wir können nämlich denken. Das kann der Computer nämlich wirklich nicht. Dass wir das den Kindern beibringen, dass wir mit unserem Denken weit darüber hinausgehen, darauf kommt es an, das ist entscheidend.

Es hat schon im Jahre 1976 der große Computerwissenschafter Joseph Weizenbaum, den ich selbst kennenlernen durfte, ein wunderbares Buch geschrieben: „Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft“. Wir könnten einer Ohnmacht der Vernunft entgegengehen, wenn wir diesem Ding viel zu sehr glauben und ihm zutrauen, dass es intelligent wäre. Es ist es nicht, es ist genauso intelligent wie ein Lichtschalter, glauben Sie mir: nur ein und aus und nicht mehr.

Aufklärung ist nur bei uns möglich und das soll Schule leisten. Die Schule soll es zusammenbringen, dass man sagt: Ja, das ist das Gerät, ja, du kannst es verwenden, ja, du kannst es auch wegwerfen – und wenn du es geschickt wegwirfst, ist es das Beste, was du tun kannst. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

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