9.20

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Kollege Wöginger, Schlechtreden und Krankjammern bringt wenig – aber Schönreden und Nichtstun bringt noch weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist die Folge, die in Österreich jetzt vor allem die Menschen zu tragen haben: Hunderttausende Menschen in Österreich, die sich das tägliche Leben einfach nicht mehr leisten können, die sich heute in der Früh, während sie die Kinder zur Schule bringen, Sorgen machen, wie sie vielleicht in Zukunft das Haus finanzieren werden, wie es mit ihrem Arbeitsplatz weitergehen wird. Wir stehen in Österreich vor einer ganz, ganz schwierigen Situation, und die Verant­wortung dafür trägt schon auch die österreichische Bundesregierung, denn zwei Jahre lang hat man uns bei jedem Vorschlag, den wir gebracht haben, immer erzählt: Dagegen kann man nichts machen.

Während man in der Schweiz die Mieten gedeckelt hat, hat man uns in Öster­reich ausgerichtet: Dagegen kann man nichts machen. Während man in anderen Ländern die Lebensmittelpreise gesenkt hat, hat man uns ausgerichtet: Dagegen kann man nichts machen. Als man in Frankreich die Zinsen reguliert hat und dafür gesorgt hat, dass die Sparer ein bisschen Geld auf das Sparbuch bekommen und die Häuslbauer sich das Haus weiterhin leisten können, hat uns die Regierung ausgerichtet: Dagegen kann man nichts machen. (Abg. Michael Hammer: Ihr habts die Häuslbauersteuer!) Das ist die Folge, vor der wir heute stehen: Einmalzahlungen, die verpufft sind, Milliardenschulden – und die Leid­tragenden sind die Menschen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese werden im Moment doppelt zur Kasse gebeten: jeden Tag beim Einkaufen, an der Kasse im Supermarkt, an der Tankstelle, bei den Kosten für die Heizung, fürs Wohnen, fürs tägliche Leben – all das trägt die breite Masse der österreichischen Bevölkerung. Zusätzlich hat man ihnen jetzt einen gigan­tischen Schuldenrucksack von 20 Milliarden Euro allein im Jahre 2023 umgehängt. 20 Milliarden Euro Schulden! (Abg. Strasser: Das war aber noch nie ein Problem bei euch!) Deswegen ist, glaube ich, Herr Finanzminister, der treffende Titel – die Überschrift, die Sie für Ihr Budget hätten wählen sollen, das wäre ehrlich gewesen –: Hinter uns die Sintflut! – Das ist die treffende Überschrift für das schwarz-grüne Budget. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Ich finde, es wäre ehrlich, wenn wir heute offen aussprechen, was der breiten Masse der Bevölkerung in Österreich in den nächsten Jahren drohen wird: ob in Zukunft die breite Masse der Bevölkerung zur Kasse gebeten wird (Abg. Schnedlitz: Keine Sorge, der Babler kommt eh ned!) oder ob diejenigen, die es sich leisten können – Konzerne und Multimillionäre –, in Zukunft ihren fairen Beitrag leisten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben heute die Chance – alle Parteien werden sich zu Wort melden, es wird viele Ankündigungen und Versprechungen geben –, ganz genau zuzuhören: Wird die breite Masse der Bevölkerung zur Verantwortung gezogen, wird sie für das Versagen der Regierung zur Kasse gebeten werden (Abg. Voglauer: Was ist dein Vorschlag? – Abg. Disoski: Also wir machen nichts ...?) oder werden wir in Österreich ein gerechtes Steuersystem mit dem Ziel, dass es allen Menschen in diesem Land gutgeht, umsetzen? – Das ist der wahre Inhalt der heutigen Debatte. (Abg. Hanger: Ja, ja! – Zwischenruf der Abg. Rausch-Amon. – Ruf bei der ÖVP: 32 Stunden arbeiten!) Sie werden viele Wortmeldungen erleben.

Die Wahrheit darüber, was ÖVP und Grüne als Gerechtigkeit empfinden, haben wir gestern beim Budget erlebt. 13 Milliarden Euro höhere Steuern für Pensionistinnen und Pensionisten, für die Menschen (Abg. Maurer: Wovon reden Sie denn?), die unser Land mit ihrer Arbeit am Laufen halten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strasser: Was für ein Unsinn! – Abg. Steinacker: ... das nicht machen! Hallo! – Abg. Strasser: So ein Blödsinn! Das ist ja eine Krainer-Rechnung! Philip! Ein so ein Unfug! – Abg. Steinacker: Lass dich nicht so hineintheatern! – Abg. Krainer: ... PR-Text!)

13 Milliarden Euro höhere Steuern in den nächsten Jahren, und gleichzeitig – das ist euer Gerechtigkeitsbegriff! – werden Konzerne in den nächsten Jahren 13 Milliarden Euro weniger zahlen. Das ist Gerechtigkeit aus der Sicht von Schwarz und Grün. (Abg. Strasser: Das ist ja dem Krainer seine Budgetrede! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Was ist das für ein Unsinn?! – Abg. Michael Hammer: Das ist ja ein Witz!)

Es ist kein Zufall, dass die ÖVP in den letzten Tagen schon begonnen hat, Schuldige für dieses Budgetdesaster zu finden. Die Schuldigen, das ist nicht das schlechte Krisenmanagement der österreichischen Regierung, nein! Schuld sind aus Sicht der ÖVP und ihrer Thinktanks die Pensionistinnen und Pensionisten (Heiterkeit und Widerspruch bei Abgeordneten der ÖVP – Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!), weil die Pensionen viel zu hoch sind. Die Debatte hat in den letzten Tagen schon begonnen. (Ruf bei der ÖVP: Ja wo? – Abg. Steinacker: Philip! – Ruf bei der ÖVP: Das darf doch nicht wahr sein!) Die Pensionistinnen und Pensionisten sind plötzlich dafür verantwortlich, dass ihr nicht in den Markt eingegriffen habt. Das sind die Meinungen, die in den letzten Tagen aus dem Umfeld der ÖVP gestreut wurden. (Abg. Strasser: Was willst? – Abg. Michael Hammer: Lei-lei! – Abg. Strasser: Wo ist die Quelle? – Abg. Steinacker: Fakten­be­freit!)

Wenn wir nur ein wenig in die Zukunft sehen – wir haben das alles schon einmal erlebt –: Die breite Masse der Bevölkerung wird dann zur Kasse gebeten, wenn die Blauen und die Schwarzen sich wieder auf ein Packl hauen. Das haben wir in Österreich alles schon einmal erlebt. (Ruf bei der ÖVP: Der hat echt schlecht geschlafen heute!) Der kleine Mann ist von Herbert Kickl immer wieder als Allererstes über den Tisch gezogen worden. – Du bist immer dabei gewesen, wenn es darum gegangen ist, die Menschen, die ohnehin vermögend sind, zu schützen und den kleinen Mann in Wahrheit auszusackeln. Wir haben es erlebt: bei den Ambulanzgebühren, bei den Rezeptgebühren, beim Pen­si­onsraub. Unter Wolfgang Schüssel bist du daneben gesessen, hast den Menschen eingeredet, dass das alles sehr fair war. Die FPÖ war in dieser Frage immer ganz vorne mit dabei. Das ist die freiheitliche Politik, die in Österreich droht. (Abg. Kickl: Wirst du nach deiner Politkarriere auch zum Klassen­feind?)

Ihr seid die einzige Partei, die buckeln wird und bei der ÖVP mit dabei ist. Die breite Masse der Bevölkerung wird zur Kasse gebeten. Das hat nichts mit einem Volkskanzler zu tun, lieber Herbert Kickl (Abg. Kickl: Die Leute wissen es besser!), wenn du die breite Masse der Bevölkerung zur Kasse bittest – die Menschen, die hohe Steuern zahlen – und der Erste warst, der gemeinsam mit Sebastian Kurz und H.-C. Strache die Konzernsteuern massiv gesenkt hat. Diese Gelder fehlen uns heute. Die Gelder fehlen uns heute im Gesundheitssystem, im Bildungssystem, wenn es um unsere Kinder geht. Da wäre das Geld besser aufgehoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht vom kleinen Mann, von der kleinen Frau reden und die breite Masse der Bevölkerung zur Kasse bitten! Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es allen Menschen in diesem Land gut geht. Es ist eine ganz dramatische Zeit, in der viele, viele Menschen wirklich unter der Teuerung leiden.

Ich darf alle noch einmal bitten: Hören Sie ganz genau zu, was die Vorschläge der politischen Parteien sein werden (Abg. Steinacker: Das ist ein guter Vorschlag, dass sie genau zuhören sollen, oder?), ob dafür gekämpft wird, dass es der breiten Masse der Bevölkerung gut geht, ob wir mehr Gerechtigkeit zustande bringen, ob die Menschen, die auch mehr schultern können, in Zukunft einen fairen Beitrag leisten oder ob weiterhin die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung mit hohen Steuern und hoher Mehrwertsteuer zur Kasse gebeten wird. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Und die Genossen spekulieren auf Teufel komm heraus mit Grundstücken! Der Sprecher der Grundstücks­speku­lantenpartei! – Abg. Wöginger: Das Renner-Institut dürft ihr umbesetzen, ja! – Abg. Michael Hammer: Der Mitarbeiter, der die Rede geschrieben hat: den kündigen!)

9.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.