12.08

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr abwesender Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer hat gestern die Lesung der Rede gehört? Ich meine, das ist eine alte österreichische Tradition: Wir kriegen beim Hochamt des Finanzministers die Budgetrede ausgedruckt und sie wird dann vorgelesen. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Das ist so ähnlich wie im englischen Unterhaus, in dem die Queen, mittlerweile ist es ja ein King, die Rede des Premierministers vorliest – man kann es also auch von einem anderen verlesen lassen.

Die Rede war wolkig. Sie war mit vielen nautischen Vergleichen gefüttert. Sie wollen also „Segel [...] setzen“ (Abg. Hanger: ... Arroganz, also wirklich!), obwohl die kommerzielle Seefahrt doch seit 150 Jahren nicht so sehr auf Segel setzt – ist aber ökologisch sinnvoll –, und wollen mitten hinein in die „Gewitterwolken“, und es rinnt immer mehr Wasser in Ihrem Schiff zusammen. Ehrlich, Herr Finanz­minister, wenn Sie Skipper sind, will ich nicht Passagier auf dem Schiff sein. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner. – Abg. Taschner: Blinder Passagier! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die 9 Millionen Menschen in diesem Land sind aber notgedrungen die Passagiere dieser Kurssetzung, die Sie machen.

Es wurde ja das Positive genannt. Es war Klubobmann Wöginger, der gesagt hat: Wir müssen das Positive hervorheben. (Abg. Wöginger: Warat guat!) Na, der ist ja ehrlich in seiner Rede. Er fängt an mit Optimismus für Österreich: Wohlstand erhalten! – Ich frage mich nur, wo der Wohlstand für die alleinerziehende Mutter ist, die sich jede Woche (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) im Supermarkt trotz Tränen nicht mehr das leisten kann (Rufe bei der ÖVP: Schrebergarten!), was sich das Kind wünscht. Die braucht keinen Wohlstand zu erhalten, die muss ihn erst erhalten! (Ruf bei der ÖVP: Das hat euch gestern eh der Kogler super gesagt!)

Aber das erfrischend Ehrliche ist ja die Aussage (Ruf bei der ÖVP: Deine Ahnungslosigkeit!), die schon zwei meiner Kollegen zitiert haben, nämlich das bezeichnende Zitat – Sie können es auf Seite 8 ja nachlesen –: „Es hilft den Vielen nicht, wenn man einigen Wenigen etwas wegnimmt.“

Das ist das genaue Gegenteil von der Politik for the many, not the few. (Ruf bei der SPÖ: Genau!) Das ist erfrischend ehrlich, Herr Finanzminister. Die, die nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Vermögen, die jedes Jahr einen Zuwachs haben (Abg. Eßl: Die kaufen sich einfach Schrebergärten!), denen darf man nichts wegnehmen, sondern man muss ihnen den Wohlstand erhalten. Der Rest soll schauen, wie er über die Runden kommt. Das ist so typisch für Ihre Politik, das ist so bezeichnend für Ihre Politik, dass ich dankbar bin für die Ehrlichkeit, die Sie hier an den Tag legen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Damit die Frage beantwortet ist: Wenn man 5 bis 6 Milliarden Euro aus dem Bereich des Vermögens und der Erbschaften nehmen würde, dann hätten wir zumindest ein Drittel jenes Defizits, das Sie uns für nächstes Jahr hinein­geschrieben haben, abgedeckt – durch jene, die dadurch keine Einschränkungen ihrer Lebensverhältnisse hätten, die vielleicht trotzdem in der Lage sind, problemlos die Golfplatzgebühren – vielleicht nicht zwei, sondern nur eine – zu zahlen und einen Beitrag zu leisten. Wir werden diesen Kampf nicht aufgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann nicht sein, dass die, die alles haben, keine Steuern zahlen und der Finanzminister das auch noch mit diesen Worten verteidigt. Ich verstehe nicht, wie christlich-sozialer Anstand das zulässt. (Bundesminister Brunner: Die zahlen aber schon Steuer!) – Na, geh bitte! Die zahlen Steuer!? So, bleiben wir beim Konkreten, Herr Finanzminister, bei der Erbschaft. Der Sohn des Didi Mateschitz, der ein toller Unternehmer war, der etwas Tolles aufgebaut hat (Abg. Pfurtscheller: Mah bitte! Schäm dich! Schäm dich! – Ruf bei der ÖVP: Sind wir doch froh, dass wir Unternehmen in Österreich haben ...! – Abg. Schrangl: Aber hat versteuertes Vermögen ...! – Zwischenruf der Abg. Tanda): Wie viel Steuer hat er von den Milliarden, die er leistungsfrei bekommen hat, gezahlt? Wie viel? 1 Cent? 5 Cent? (Bundesminister Brunner: 650!) – Nicht der Konzern, nein, nicht der Konzern: der Herr Mateschitz junior. Sie haben gesagt, der zahlt Steuern. Wie viel? (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte! Das ist ja lächerlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Lächerlich ist das, dass er keine Steuern zahlt, danke für die Unterstützung! Wir brauchen eine ordentliche Erbschaftssteuer. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Was für eine primitive Politik ...! – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schrangl.)

Es geht aber noch weiter: Durch Ihre Politik und der seit zwei Jahren zu hohen Inflation ist die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ernsthaft beschädigt. (Abg. Eßl: Ihre Rede ist lächerlich!) Damit wir im gemeinsamen Binnenmarkt, in der gemeinsamen Währungsunion auch nur auf den gleichen Wettbewerbsstandard wie vorher zurückkommen, müssten wir im selben Zeitraum 2, 3 Prozent weniger Inflation haben. Das heißt, es genügt nicht, sie auf den europäischen Schnitt zu senken, wir müssten sie unter den europäischen Schnitt bringen, um den alten Wettbewerbszustand wieder zu erreichen.

Gleichzeitig muss jede Nachfolgeregierung – nach fast 25 Jahren ÖVP-Finanzminister! – einen der schlimmsten Schuldenberge abbauen. Ehrlich gesagt, dagegen war vielleicht auch die Sintflut ein Lapperl – bei der wären wir vielleicht sogar mit der vom Magnus Brunner gesteuerten Scholle zurechtgekommen. So brauchen wir mehr als Magnus Brunner und die ÖVP: Wir brauchen eine anständige Regierung. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Du bist in der falschen Kammer Vizepräsident!)

12.13

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philipp Schrangl. – Bitte.