12.35

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Auch wenn uns dieses Gesetz heute nur deshalb noch einmal beschäftigt, weil wir ein paar Klarstellungen schaffen müssen, um die Stiftung Forum Verfassung wirklich zum Leben zu erwecken, gibt es mir die Gelegenheit, noch einmal ganz grundsätzlich über diese Stiftung und über die Verfassung zu reden.

Meine Damen und Herren! Die Verfassung ist das Regelwerk, auf welchem unser Staat fußt und auf welchem unsere Demokratie fußt. Sie ist damit das Fundament Österreichs. Sie ist auch ein Schutzschild vor autoritären Tendenzen und vor demokratiefeindlichen Strömungen.

Die Verfassung sichert jedem Einzelnen seine Grundrechte, aber sie kann sich nicht selbst schützen. Daher ist es so wichtig, dass wir unsere Verfassung vermitteln und die Demokratie schützen. Die nunmehr neu eingerichtete Stiftung Forum Verfassung hat daher die Aufgabe, den Menschen diese Verfassung in ihrer Gesamtheit darzustellen und ihre Bedeutung zu vermitteln.

Sie hat aber nicht nur die Aufgabe, über die Prinzipien der Verfassung aufzuklären, sie hat auch – das steht ausdrücklich im Gesetz drinnen – über die „Entwicklung der österreichischen und europäischen Verfassungsgerichts­barkeit“ aufzuklären, hat sich diese in den vergangenen Jahren doch sehr verän­dert. Ich glaube sagen zu können, dass die Entscheidungen des Verfassungs­gerichtshofes in den letzten Jahren politischer geworden sind. Begründet wird dies sehr oft mit einer Weiterentwicklung des Gleichbehandlungs­grundsatzes. Doch was gleich ist und was ungleich ist, ist sehr oft ein subjektiver Eindruck oder eine subjektive Entscheidung, viel mehr, als oft sachlich nachvollziehbar ist.

Bedenkt man, dass die Entscheidungen am Verfassungsgerichtshof ja nicht einstimmig fallen müssen, sondern dass dies auch Mehrheitsentscheidungen sein können, wie zum Beispiel sieben zu sechs, dann wird einem klar, dass solche Entscheidungen sehr oft von persönlichen Einschätzungen abhängen und nicht so sehr von rechtlichen Gegebenheiten. Gerade deshalb ist es für mich sehr wichtig, dass die Stiftung Forum Verfassung ein besonderes Augenmerk auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen legt.

Ich will nur zwei Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit hervorheben, die uns hinsichtlich der Entscheidungspraxis des Verfassungsgerichtshofes oder auch hinsichtlich dessen, wie sie sich weiterentwickelt hat, nachdenklich machen.

Erstes Beispiel: ORF-Gesetz. Die Grundsätze des ORF-Gesetzes wurden bereits in der kleinen Koalition 1983 bis 1986 zwischen SPÖ und FPÖ festgelegt. Endgültig stammt dieses Gesetz schon aus den beginnenden 2000er-Jahren, ist also schon 20 Jahre alt. Heute hat es für den Verfassungsgerichtshof etwas Verfassungswidriges an sich – eine Entscheidung, die uns durchaus nachdenklich stimmt.

Zweites Beispiel: die Sterbehilfe. Da hat der Verfassungsgerichtshof über Jahrzehnte gleichmäßig entschieden, denn die entsprechenden Bestimmungen stammen aus dem Jahr 1975, und dann, fast 50 Jahre danach, folgte er einer Änderung. Das darf sehr wohl nachdenklich machen und muss erklärt werden, damit die Menschen, der Souverän, weiterhin an die Gerichtsbarkeit glauben können.

Meine Damen und Herren! Unsere Verfassung ist eben nichts, das wir auf ewig gesichert wissen und worauf wir uns ausruhen können. Wir müssen jeden Tag neu dafür kämpfen. Wir müssen sie jeden Tag vermitteln und weiter­entwickeln. Dafür soll die Verfassung und diese Stiftung ihre Dienste leisten. Daher: Glück auf für unsere Verfassung und für unsere Demokratie. (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz zum Schluss darf ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, der aufgrund eines Redaktionsversehens notwendig geworden ist. Ich stelle den Antrag, dass

erstens in der Ziffer 3 dem Text des § 8 Abs. 6 die Absatzbezeichnung „(6)“ vorangestellt wird und

zweitens in der Ziffer 4 dem Text des § 9 Abs. 3 die Absatzbezeichnung „(3)“ vorangestellt wird.

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag.a Muna Duzdar, Mag.a Agnes-Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses 2220 d.B. über den Antrag 3622/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Stiftung Forum Verfassung erlassen wird, geändert wird (TOP 3)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Jörg Leichtfried, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Errichtung der Stiftung Forum Verfassung erlassen wird, geändert wird in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses 2220 d.B. wird wie folgt geändert:

1.         In der Z 3 wird dem Text des § 8 Abs. 6 die Absatzbezeichnung „(6)“ vorangestellt.

2.         In der Z 4 wird dem Text des § 9 Abs. 3 die Absatzbezeichnung „(3)“ vorangestellt.

Begründung

Es handelt sich um die Behebung von Redaktionsversehen.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Oxonitsch. – Bitte.