14.52

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Menschenrechtsverletzungen, die die Taliban an den Frauen in Afghanistan verüben, sind einerseits schwerwiegend und anderseits systematisch. Sie haben eine derartige Systematik, dass sie nach Einschätzung sowohl der Internationalen Juristenkommission als auch von Amnesty International mittlerweile die Schwelle erreicht haben, dass sie als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeordnet werden können. Nicht nur Amnesty und die Juristenkommission sehen das so. Mittlerweile kann man auch aufgrund dessen, was der Internationale Strafgerichtshof in Afghanistan ermittelt hat, aufgrund dieser Beweislage davon ausgehen, dass es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist.

Da verwundert es nicht sehr, dass viele Menschen, speziell auch viele Frauen und Menschenrechtsverteidiger:innen, versuchen, aus Afghanistan zu fliehen. Mir ist es wichtig, bei dieser Gelegenheit zu sagen, dass 95 Prozent aller Afghaninnen und Afghanen, denen es gelungen ist, aus dem Land zu flüchten, in Pakistan und im Iran untergekommen sind. Es ist also auch wichtig, diese Länder, bei allen Schwierigkeiten, bei der Versorgung der Flüchtlinge und beim Umgang mit ihnen zu unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Allerdings ist es aber auch so, dass viele andere Länder mittlerweile aufgrund der prinzipiellen Unterdrückung, dieser prinzipiellen Benachteiligung von Frauen und Mädchen, etwa Schweden, Dänemark und Finnland, sie prinzipiell als Flüchtlinge anerkannt haben. Es ist dann auch leichter, in diesen Ländern Zuflucht und humanitären Schutz zu kriegen. Es gibt auch in Österreich eine Reihe von Gemeinden und Städten, die sich bereit erklärt hätten, Frauen aus Afghanistan aufzunehmen, aber leider spielt da die Bundesregierung nicht mit. Sie haben keine Möglichkeit, hierherzukommen. (Abg. Belakowitsch: Wien zum Beispiel! Die wollen alle aufnehmen!)

Ich würde darüber hinaus anregen, dass wir eine Diskussion darüber führen sollten, wie denn ein gezielter Dialog mit den Strukturen, die in Afghanistan da sind – dass es nämlich zum Teil eine De-facto-Regierung gibt; ohne diese aber anzuerkennen, das ist mir ganz wichtig –, darüber möglich ist, wie die Achtung von Menschenrechten, speziell von Frauen und Minderheiten, wirklich uneingeschränkt möglich sein kann und dass sie möglich sein muss. Es ist auch zu erwähnen, dass Afghanistan natürlich Vertragspartner in vielen inter­nationalen Verträgen ist und sie auch gezwungen werden können oder müssen, den Menschen diese Rechte wirklich zuzugestehen, sie in den Schutz dieses Menschenrechtsschirms kommen zu lassen.

Ich denke , es ist auch sehr, sehr wichtig, die Stimmen der Afghaninnen und Afghanen zu hören, die im Exil leben – etwa von ehemaligen Abgeordneten, Richter:innen, Anwält:innen oder Repräsentanten von Minderheitengruppen. Ich möchte ganz besonders die Aktivitäten von Wolfgang Petritsch herausstreichen, der mit dem Vienna Process immer wieder Oppositionsgruppen und unter­schiedlichen Diasporaorganisationen aus Afghanistan in Wien die Möglichkeit gibt, miteinander zu reden, um zu schauen, wie sie denn auf einen grünen Zweig kommen könnten, um einem demokratischen und menschenrechtsbasierten Afgha­nistan in einer Zeit nach den Taliban – wenn auch realistisch mit den Taliban als Teil einer Demokratie – wirklich zum Durchbruch zu verhelfen. Ich glaube, solche Aktivitäten sollten wir durchaus unterstützen und fördern. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Lopatka, ich müsste Ihre Rede um 15 Uhr unterbrechen. Wollen Sie trotzdem starten? – Bitte, Herr Abgeordneter.