18.03

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Armenien und Österreich – der Vorredner hat es schon gesagt, ich habe mir erlaubt, das Buch in guter Tradition mitzubringen (das genannte Buch in die Höhe haltend): „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ von Franz Werfel, einem der besten und bemerkens­wertesten Literaten Österreichs im 20. Jahrhundert. Er schildert eindringlich die Tragödie des Völkermords, des Genozids an den Armeniern 1915/16.

Wenn wir mit der Region des Südkaukasus zu tun haben, dann ist dieser Völkermord an den Armeniern vor über 100 Jahren natürlich präsent. Ich würde sagen, dieser Genozid an den Armeniern und die Ängste, die durch einen Genozid dieses Umfangs hervorgerufen werden, sind in den Genen dieses Volkes.

Nun, was hat die Geschichte mit Bergkarabach, mit Nagorny Karabach zu tun? – Da wäre natürlich ein kurzer Blick in die Geschichte spannend. 1921 werden die neuen, jungen südkaukasischen Republiken Sowjetrepubliken, und es ist eine persönliche Intervention und Weisung Stalins, dass entgegen Partei­beschlüssen Nagorny Karabach nicht Teil Armeniens wird. Die Politik Stalins war auch, Völker untereinander, gegeneinander auszuspielen. Das kulturell, politisch und identitätsmäßig starke Armenien sollte aus Sicht Stalins durchaus geschwächt werden. Es gab nur innerhalb Aserbaidschans diese Autonomie.

Es gibt Autoren wie zum Beispiel Otto Luchterhandt, die sehr wohl argumen­tieren, dass Nagorny Karabach eine staatliche Selbstständigkeit verdienen würde und dass es die logische Konsequenz wäre – auch völkerrechtlich spannend.

Zur jetzigen Situation ist zu sagen, um auch mit Anton Wildgans zu sprechen: von der Nationalität zur Bestialität. Die Situation in diesem Raum, in Nagorny Karabach ist eine erdrückende. Wir sprechen von einer 3 000 Jahre alten Kultur, und wir sprechen von einer Gefahr, dass diese Kultur in der Form von Ruinen von christlichen Klöstern, von christlichen, armenischen Kirchen ausgelöscht, niedergewalzt wird – was ja schon passiert.

Die Fluchtbewegung der Armenier und Armenierinnen aus Nagorny Karabach ist hier schon thematisiert worden. Diese Fluchtbewegung ist verständlich, auch vor dem Hintergrund, dass türkische Politiker und leider auch aserbaidscha­nische Politiker gedroht haben und von Armenien nur als Westaserbaidschan sprechen. Das löst Ängste aus, Ängste, die bereits da sind. Daher ist Solidarität gefragt.

Ich bin froh, dass es auch klare Entscheidungen des Europäischen Parlaments gibt. Die Armenier und Armenierinnen verdienen unsere uneingeschränkte Solidarität. Wien ist eine der Städte, in denen es seit 600, 700 Jahren eine zugewanderte armenische Gemeinde gibt, neben den Griechen und den Juden. Das ist Teil von Wien, das soll uns bewusst sein, und wir stehen auch dazu. So wie wir ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels ablegen und dazu stehen, sollten wir auch ein klares Bekenntnis gegen jede Form des Genozids an den Armeniern abgeben und dafür, dass auch die Armenier ihren 3 000 Jahre alten Staat einfach geschützt haben, sie dort ihre Heimat haben und diese weiterexistiert.

In diesem Sinne sage ich Danke, auch für die Debatte hier, für diesen Antrag, und ich ersuche auch alle um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Ernst-Dziedzic.)

18.07

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.