13.52

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Vertreterin der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Kielwasser einer Krise lassen sich still und heimlich Fakten schaffen und auf ganz anderen Gebieten, die mit dem aktuellen gesund­heitlichen Thema eigentlich nichts zu tun haben, gefährliche Weichen für viele Jahre stellen. Die Krise wird instrumentalisiert, um ganz andere Vorhaben, die man vielleicht schon jahrelang in der Lade hat, jetzt zu realisieren. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Ich möchte daher gleich zu Beginn einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zur Schul­denunion, Nein zu Überwachungs-Apps, Ja zum Bargeld!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, zur Verhin­de­rung einer Schuldenunion, zum Schutz vor Überwachung durch Corona-Apps und als Bekenntnis zum Bargeld, sich auf europäischer Ebene für die folgenden Punkte ein­zusetzen:

- Ablehnung der Vergemeinschaftung von Schulden auf EU-Ebene und Verhinderung der Ausgabe von Eurobonds

- Garantie für die unbeschränkte Verwendung von Bargeld als gesetzliches Zahlungs­mittel

- Verbot von Überwachungs-Apps unter dem Deckmantel der Coronakrise.“

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(Beifall bei der FPÖ.)

Es dürfen zum Ersten keine Weichen in Richtung Eurobonds gestellt werden, egal unter welchem Namen sie jetzt hier auftauchen – Notstandsfonds oder Coronabonds. Die Coronakrise darf nicht bewirken, dass Staaten, die jahrelang Misswirtschaft betrie­ben haben, solche mit mangelnder Haushaltsdisziplin oder einfach mit einem Wirt­schaftssystem, welches sich mit dem Euro besonders schwertut, nun ihre Schulden, die über viele Jahre angehäuft wurden, im Namen von Corona unter anderem auf die österreichischen Steuerzahler abwälzen.

Es geht da, das darf man nicht vergessen, um eine gesamtschuldnerische Haftung, welche uns alle in die Tiefe reißen würde, es geht um eine Größenordnung, die der Euro nicht mehr schafft. Es stellen sich schon Italien, Spanien und Frankreich an, und wir würden mit in die Tiefe gerissen werden. Abgesehen davon sieht der EU-Vertrag immer noch vor, dass es der EU, aber auch Mitgliedstaaten untersagt ist, für die Verbindlichkeiten anderer Länder zu haften. Diese Regelung hatte damals einen guten Grund, und wir sollten sie beibehalten – auch und gerade in einer solchen Krise. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Bargeld: Im Kielwasser der Coronakrise werden wir jetzt schon schonend sozu­sagen daran gewöhnt, bargeldlos zu bezahlen. Das Bargeld erfreut sich gerade bei den Bürgern in Österreich, aber auch in Deutschland einer sehr hohen Beliebtheit und Popularität, und das hat einen guten und auch sehr vernünftigen Grund, denn wenn man sieht, wer sich für die Bargeldabschaffung ausspricht, wer denn da dahinter ist – Brüssel befürwortet das, die Zentralbanken, alle Banken –, dann muss man schon ein bisschen misstrauisch werden. Wenn es nämlich alles Geld nur mehr in digitaler Form auf den Konten gibt, dann sind diese natürlich total offengelegt und wir in finanzieller Hinsicht komplett gläsern. Jeder Einkauf, jede finanzielle Transaktion wird dokumen­tiert und ist nachvollziehbar, Staat und Wirtschaft erhalten viele interessante persön­liche Daten. Es geht da um Machtgewinn für den Staat und für die Banken und um den Verlust der Freiheit für die Bürger. Natürlich ist der Staat in wirtschaftlich schwierigen Zeiten daran interessiert, das Bargeld möglichst zurückzudrängen, denn man kann so dann eben doch leichter auf rein digitales Geld zugreifen und Gebühren oder Steuern einführen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Auch bei einer Einführung von Überwachungsapps, die uns jetzt schmackhaft gemacht werden sollen, um Kontakte mit Infizierten nachzuverfolgen, geht es um mehr Kontrolle und weniger Freiheit für die Bürger. Es werden weiter Angst und Panik durch eine Dauerbeschallung der Bürger aufrechterhalten, es gibt einen Werbefeldzug der Bun­desregierung, dass sich jeder diese App herunterladen soll. Es ist diesbezüglich gesunde Skepsis angebracht! Ich sage jedem, der das freiwillig macht: Natürlich, nur zu!, aber man sollte schon schauen, wer dahintersteckt, wer das Ganze finanziert hat und ob es da nicht um Eigeninteressen geht.

Es geht da um viele sensible persönliche Daten: um Gesundheitsdaten, um Bewe­gungsdaten, man kann das Konsumverhalten nachvollziehen. Wer sagt uns, dass diese dann nicht gespeichert werden, dass diese nicht ausgewertet werden, dass sie nicht verknüpft werden? Das ist eine sehr heikle Angelegenheit, ein tiefer Eingriff in die Grundrechte, und dabei gibt es gelindere Mittel: Abstand halten, Hände waschen und sich merken, mit wem man engeren Kontakt hatte. Dann kann man sich im Falle einer Infektion auch nachher daran erinnern und das nachvollziehen.

Zum Schluss möchte ich nur mehr kurz auf die Vorwürfe betreffend zunehmend autoritäre Züge, die man der Bundesregierung anlastet, eingehen. – Ja, leider! Es gibt da einen sehr wunden Punkt: Eines der ersten Opfer, wenn die lupenreine Demokratie verloren geht, ist immer die Meinungsfreiheit, und ich stelle mir folgende Fragen und warte eigentlich schon sehr lange auf eine Stellungnahme der Bundesregierung dazu:

Warum gibt es im Bundeskanzleramt einen digitalen Krisenstab, der nicht nur informiert oder für die Kommunikation zuständig ist – das ist natürlich zulässig –, sondern nach eigener Aussage auch rund um die Uhr nach angeblichen Fakenews sucht, Richtig­stellungen vornimmt, vielleicht auch für Löschungen in den Social Media sorgt und dort Meinungen korrigiert? Die Bundesregierung musste in dieser Krise handeln, sich für eine Strategie entscheiden – natürlich, sie hat das gut begründet! Warum kann sie nicht mit anderen Meinungen leben, mit einer Diskussion, die doch gerade auch in Krisenzeiten immer aufrechterhalten werden muss? Man erinnere sich daran, dass gerade in so einer Krise ja auch die Bundesregierung die Meinung ändert!

Was ist also die Wahrheit und warum verträgt man die Meinungen gerade auch von Wissenschaftern und Ärzten, die von der Regierungslinie abweichen, nicht? Das muss doch eine ständige Diskussion sein! Warum bitte sieht sich die Universität Wien gezwungen, sich öffentlich von Aussagen eines Institutsvorstandes zu distanzieren, der eine etwas kritische Meinung in wissenschaftlicher Hinsicht völlig sachlich geäußert hat und die Maßnahmen der Bundesregierung nicht wirklich kritisiert hat? Ist das die Freiheit der Wissenschaft? Vertritt die Universität Wien jetzt die Regierungslinie? Wird da Druck ausgeübt? Warum distanzieren sich Tageszeitungen von Interviews, die sie gebracht haben? Warum werden in großem Stil in den Social Media Videos ge­löscht? – Ich frage mich schon, warum das passiert. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Die Bundesregierung hat die Wahrheit nicht gepachtet – das geben Sie ja auch selbst zu. Warum können Sie nicht mit einem allgemeinen Diskurs leben? – Das ist sehr schade und sollte auf keinen Fall die neue Normalität werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Herbert Kickl, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend     Nein zur Schuldenunion,

                     Nein zu Überwachungs-Apps,

                     Ja zum Bargeld!

eingebracht in der 24. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 22. April 2020 im Zuge der Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR zur aktuellen Situation (TOP 1)

Die Coronakrise trifft auch die Europäische Währungsunion und hier insbesondere jene Länder, die finanziell am schlechtesten vorbereitet sind. Als eine Möglichkeit „zur Ret­tung der Währungsunion“ werden aus Sicht mancher Eurobonds, sogenannte Corona-Bonds - also gemeinsam ausgegebene europäische Schuldtitel, gesehen. Eurobonds sind aber nicht schnell umsetzbar und würden damit in der aktuellen Krise nicht viel helfen. Zudem bergen Eurobonds politisch und ökonomisch enorme Risiken.

Die EU-Verträge sehen aus gutem Grund vor, dass kein Land für die Schulden eines anderen einstehen muss. Eine Vergemeinschaftung der Schulden setzt eine lang­wierige Änderung der EU-Verträge voraus. Und eine Schuldenunion kann nur funk­tionieren, wenn viel tiefer in die nationale Souveränität eingegriffen wird. Dafür braucht es eine echte Wirtschafts- und Fiskalunion, in der eine EU-Regierung die Budgetpolitik der einzelnen Staaten kontrolliert. Und die Versuchung, teure (Wahl-) Geschenke zu verteilen, ist für Regierungen riesengroß, wenn andere die Rechnung mitbegleichen.

Die beiden Regierungsfraktionen sind derzeit noch uneins in der Frage, ob man Euro­bonds will oder nicht. Der Vizepräsident des EU-Parlaments und ÖVP-Europa­abge­ordnete Othmar Karas betonte in einer Videoschaltung vor Journalisten, dass die Zusammenarbeit in der EU gestärkt werden müsse und er die Schaffung von „Corona-Bonds“ unterstütze und auch die Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer sagte: „Euro- oder Corona-Bonds sind eine Möglichkeit für eine solidarische Lösung.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach sich jedoch gegen die Einführung von „Corona-Bonds“ zur Vergemeinschaftung der Schulden der EU-Länder aus: „Eine generelle Vergemeinschaftung von Schulden lehnen wir ab“.

Während auf europäischer Ebene der Umgang mit der Währung immer sorgloser wird, scheint es für den Bürger immer restriktiver zu werden. Lebensmittelhändler und viele Einzelhandelsunternehmen verweisen unter Bezugnahme auf die Coronakrise zuneh­mend auf die Möglichkeit kontaktlos und vor allem bargeldlos zu bezahlen. Im Sinne eines modernen Verfassungsstaates und des wirksamen Konsumentenschutzes dürfen jedoch weder auf österreichischer Ebene noch auf Ebene der Europäischen Union Maßnahmen gesetzt werden, die das Vertrauen der Bürger in die Bargeldbereitstellung und in das Recht auf Barzahlung erschüttern könnten.

Die Beschränkung der Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr stellt einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger – nämlich in die Ver­tragsfreiheit bzw. in die Privatautonomie – und in das Recht auf Datenschutz dar.

Selbiges gilt für Überwachungs-Apps, die im Windschatten der Coronakrise am Vor­marsch sind und auch von der österreichischen Bundesregierung forciert und unter­stützt werden. Im häufig als Vorbild bezeichneten Ausland werden solche Daten bereits mit Daten von Bankkarten verschnitten, um im Sinne einer „intelligenten Quarantäne“ sogenannte „Gedächtnislandkarten“ mit Bewegungsprofilen zu erstellen.

Offen bliebt dabei stets die Frage welche Rechtsfolgen diese Unterstützung nach sich zieht. Wozu soll man sich die empfohlenen Überwachungs-App installieren? Drohen Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Anweisungen der Überwachungs-App hält? Welche Kosten entstehen bei Nutzung des Systems und wer kommt für diese auf?

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, zur Verhin­derung einer Schuldenunion, zum Schutz vor Überwachung durch Corona-Apps und als Bekenntnis zum Bargeld, sich auf europäischer Ebene für die folgenden Punkte einzusetzen:

• Ablehnung der Vergemeinschaftung von Schulden auf EU-Ebene und Verhinderung der Ausgabe von Eurobonds

• Garantie für die unbeschränkte Verwendung von Bargeld als gesetzliches Zah­lungsmittel

• Verbot von Überwachungs-Apps unter dem Deckmantel der Coronakrise.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.