14.18

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag mit der Einbringung eines Entschließungsantrages be­ginnen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auflösung Arbeiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Jugend und Familie wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die regelt, dass

- ein COVID-19 Unterstützungsfonds für Arbeitnehmer eingerichtet wird,

- die Arbeiterkammer 11/12 ihrer Rücklagen 2019 für die Dotierung dieses COVID-19 Unterstützungsfonds auflöst,

- die Richtlinien dieses COVID-19-Unterstützungsfonds vorsieht, dass aus seinen Mit­teln insbesondere Arbeitnehmer mit Familien, die durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit in Folge von COVID-19 in Not geraten sind, unterstützt werden.“

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Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir nähern uns dem Ende dieser sehr inter­essanten und über weite Strecken auch emotional geführten Debatte. Ich möchte ab­schließend noch einmal von meiner Seite und auch seitens meiner Fraktion festhalten: Es hat nie irgendjemand behauptet, dass sämtliche Maßnahmen der Bundesregierung falsch wären, und das wissen Sie auch; Sie haben das mehrmals erwähnt. Wir haben so auch die ersten Covid-19-Pakete im Parlament mitgetragen, obwohl auf unsere Abänderungsanträge, auf unsere Vorschläge – und das betrifft die gesamte Oppo­si­tion – nicht einmal eingegangen wurde; in Anbetracht des Zeitdrucks und der Notlage haben wir da aber selbstverständlich mitgewirkt.

Es gibt viele Maßnahmen, die aus dem Lehrbuch stammen, wie man mit solchen Epidemien, Pandemien umgeht und die auch dem gesunden Hausverstand ent­sprechen. Dazu gehört das Abstandhalten, dazu gehört die Händehygiene, dazu gehört natürlich auch das Vermeiden von großen Menschenansammlungen auf engem Raum. Es gibt aber auch Einschränkungen und Maßnahmen, die ich für sehr, sehr überzogen halte. Sie müssen sich auch die Kritik gefallen lassen, dass Sie am Anfang zu spät gehandelt haben, was die Grenzschließungen, insbesondere zu Italien, betrifft, was die Situation am Flughafen Schwechat betrifft, wo über einen langen Zeitraum chaosartige Zustände geherrscht haben, und natürlich was den Irrsinn in Ischgl betrifft, der mehrfach ange­sprochen wurde und der auch über die Grenzen Österreichs hinaus für große Prob­leme gesorgt hat. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich aber bei dieser ganzen Debatte stört, ist, dass es einen Bundeskanzler gibt, der sich nach wie vor hierherstellt, der sich überall hinstellt, der jeden Tag vor irgendeinem Mikrofon steht und sagt: Unser Weg ist alternativlos, wir haben alles im Griff. – Das ist nämlich nicht so, denn das Einzige, was Sie im Griff haben, sind in Wahrheit diese Pressekonferenzen und weite Teile der Medien, ansonsten entgleitet Ihnen die Situation völlig. Darum, nur darum machen Sie jetzt gewisse Lockerungen: weil die einzigen Zahlen, die Ihnen bei Ihrem Zahlenfetisch wirklich wichtig sind, Ihre Umfragedaten sind. Diese sind momentan noch exzellent, diese wollen Sie nicht gefährden und deshalb rudern Sie in einigen Bereichen zurück.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten als Parlament einmal alle den Herrn Bundeskanzler dazu auffordern, seine Angstmache, mit der er wochenlang wie ein apokalyptischer Reiter, der vor dem Untergang warnt, das Land überzogen hat, zu beenden. Er hat mit schrecklichen Bildern von Hunderttausenden Toten gesprochen, davon, dass jeder persönlich bald jemanden kennen werde, der an Corona, an Covid-19 gestorben ist. Ich bin froh, dass ich bis zum heutigen Tag noch nicht einmal einen Infizierten kenne. Ich hoffe, das bleibt auch noch lange so. (Abg. Gabriela Schwarz: Die Abgeordnete Großbauer? Du kennst die Maria nicht mehr?) Wenn diese Politik aber so weitergeht, wird jeder Österreicher bald einmal jemanden kennen, der auf­grund der unverantwortlichen Politik des Sebastian Kurz seine Existenz und seinen Arbeitsplatz verloren hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss auch einmal gesagt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese ständigen Inszenierungen, bei denen mantraartig immer dieselben Botschaften gepredigt werden, bei denen keine Erklärungen und keine Begründungen zu den einzelnen Maßnahmen abgegeben werden: Als Bürger und auch als Mandatar möchte ich es wissen, wenn es zu Geschäftsschließungen kommt. Wieso müssen, wenn der Lebensmittelhandel funktioniert, wenn wir gesehen haben, dass es zu keiner großartig dramatischen Zahl an Infektionen der Angestellten, die von Beginn an an vorderster Front gestanden sind, gekommen ist, eine Eisenwarenhandlung, ein Bekleidungs­ge­schäft oder eine Gärtnerei wochenlang zugesperrt bleiben? Wieso gibt es, wenn es jetzt zur schrittweisen Öffnung kommt, diese Grenze von 400 Quadratmetern? Ich möchte die Begründung für diese 400 Quadratmeter sehen und wissen, warum es zum Beispiel bei einer Geschäftsfläche von 600 Quadratmetern oder für ein Autohaus mit 700 Quadratmetern nicht möglich ist, aufzusperren, wenn gleichzeitig der Bauhandel mit 3 000 Quadratmeter großen Geschäftsflächen offen haben kann. Das möchte ich begründet haben, denn ansonsten erscheint das als willkürlich. Das kommt bei den Unternehmen, die damit konfrontiert werden, und auch bei den Arbeitnehmern, die dadurch in Kurzarbeit sind oder ihre Arbeit verlieren, auch so an. Klären Sie diese und viele anderen Sachen auf!

Hören Sie auf, mit Kritik so flapsig umzugehen! Hören Sie auf, Experten, die nicht Ihrer Meinung sind, wie der angesprochene Martin Sprenger, öffentlich als falsche Experten, auf die Sie glücklicherweise nicht hören, zu bezeichnen! Hören Sie auf, Menschen, die anderer Meinung sind, wörtlich als dumm zu bezeichnen! Das Schlimmste für mich war eigentlich, als Sie vor einigen Tagen die berechtigte Kritik an Ihrem flapsigen Umgang mit unserer Rechtsordnung, mit unserer Verfassung, mit Grund- und Freiheitsrechten als „juristische Spitzfindigkeiten“ bezeichnet haben.

Meine Damen und Herren, denken Sie zurück: Als Herbert Kickl gesagt hat, das Recht muss der Politik folgen, gab es geheuchelte Empörung bis hinauf zum Bundes­prä­sidenten. (Abg. Hörl: BVT! BVT! – Zwischenruf des Abg. Fürlinger.) Wenn aber der Bundeskanzler eine solche Unfassbarkeit von sich gibt, dann herrscht Schweigen im Lande. Da sieht man, wie weit wir mittlerweile mit der Meinungsfreiheit und mit dem Meinungsklima in Österreich sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, abschließend eine Bitte: Geben Sie den Menschen eine Per­spek­tive! Sagen Sie den Betrieben, wie es weitergeht! Klären Sie auf, warum viele kleine und mittlere Unternehmen, viele Einpersonenunternehmen bis zum heutigen Tag noch keinen einzigen Cent aus einem Härtefallfonds oder auch aus der Phase 2 oder wie auch immer bekommen haben! Klären Sie das auf! Sorgen Sie dafür, dass diese Men­schen das Geld bekommen, es geht um Existenzen! Und bitte versprühen Sie ein bisschen mehr Hoffnung und Zuversicht. Das haben sich die Menschen, die wochen­lang die Maßnahmen vorbildlich mitgetragen haben und in Wahrheit die Helden dieser Krisenbewältigung sind, redlich verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

14.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Auflösung Arbeiterkammerrücklagen für COVID-19-Unterstützungsfonds

eingebracht in der 24. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 22. April 2020 im Zuge der Debatte zu Top 2) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 380/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend lückenlose Informationspolitik zu den Bedrohungsszenarien durch die Corona-Virus-Seuche in Österreich und Europa (61 d.B.)

Mit Anfang April 2020 waren beim Arbeitsmarktservice (AMS) bereits 608.000 Arbeit­nehmer zur Kurzarbeit angemeldet und weitere 560.000 Arbeitnehmer als arbeitslos gemeldet und registriert. Das Budget für die Kurzarbeit ist innerhalb weniger Wochen von 400 Millionen Euro auf fünf Milliarden Euro aufgestockt worden. Die Arbeits­losigkeit und die Insolvenzen inklusive weiteren Arbeitsplatzverlustes steigen an.

Am Beginn der Wirtschaftszwangsmaßnahmen hat die schwarz-grüne Bundes­regie­rung 400 Mio Euro für Kurzarbeit vorsehen (14.03.2020), zwei Wochen später eine Mrd Euro (28.03.2020), weitere zehn Tage drei Mrd (06.04.2020) später und eine weitere Woche später fünf Mrd (14.04.2020). Aktuell stehen wir bei nicht weniger als 900.000 Arbeitnehmern in Kurzarbeit (20.4.2020). Allein für die Hälfte der Anträge wurden bereits 4,3 Milliarden Euro bewilligt.

Einen guten und richtigen Vorschlag haben die Freien Unternehmerverbände im Zu­sam­menhang mit den Rücklagen der Wirtschaftskammer in Zeiten der Coronavirus-Krise gemacht: 1,4 Milliarden an WKO-Rücklagen sollen den heimischen Unternehmen zu Gute kommen und damit den Standort und die Arbeitsplätze von hunderttausenden Arbeitnehmern sichern. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass nicht nur die Wirtschaftskammer das von ihr gehortete Geld aus Zwangsmitgliedsbeiträgen an ihre Betriebe weitergibt, sondern auch die Arbeiterkammer endlich einsieht, dass sie kein Sparverein ist, sondern lediglich Treuhänder der ihr Monat für Monat von den österreichischen Arbeitnehmern überwiesenen Beiträge. Die Arbeiterkammern horteten 2018 knapp 444 Mio Euro Reinvermögen, für 2019 sind die Rücklagen weiter steigend.

Deshalb sollen auch aus den Rücklagen der Arbeiterkammer Mittel zur Unterstützung von Arbeitnehmern, die gemeinsam mit ihren Familien durch die schwarz-grünen Zwangsmaßnahmen unverschuldet in Not geraten sind, ausgeschüttet werden. Dabei soll die Arbeiterkammer 11/12 ihrer Rücklagen 2019 für die Dotierung einen COVID-19 Unterstützungsfonds auflösen, der insbesondere Arbeitnehmer mit Familien, die durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit in Folge von COVID-19 in Not geraten sind, unter­stützen soll.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Die Bundesministerin für Arbeit, Jugend und Familie wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die regelt, dass

–          ein COVID-19 Unterstützungsfonds für Arbeitnehmer eingerichtet wird,

–          die Arbeiterkammer 11/12 ihrer Rücklagen 2019 für die Dotierung dieses COVID-19 Unterstützungsfonds auflöst,

–          die Richtlinien dieses COVID-19-Unterstützungsfonds vorsieht, dass aus seinen Mitteln insbesondere Arbeitnehmer mit Familien, die durch Kurzarbeit oder Arbeits­losigkeit in Folge von COVID-19 in Not geraten sind, unterstützt werden.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht in Verhandlung.

Nächster Redner ist Mag. Christian Ragger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.