14.25

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Frau Ministerin! Ich darf vielleicht mit einem Zitat eines der bekanntesten Politiker der Vereinigten Staaten, das wir jetzt öfters gehört haben, beginnen: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ – Es ist eigentlich ein sehr bekanntes Zitat, an das ich mich heute frappant erinnert gefühlt habe, als die Diskussion geführt wurde.

Wir haben heute über Transparenz gesprochen, wir haben heute über Ehrlichkeit ge­sprochen, wir haben über die politische Showbühne gesprochen. Ich möchte einfach einmal ein paar Punkte herausnehmen und versuchen, sie nicht der Wahrheit, aber doch der Realität gegenüberzustellen.

Wir sind, wenn Sie sich zurückerinnern, am 15. März alle geschlossen hier gesessen und haben gesagt, wir machen einen nationalen Schulterschluss und werden ermög­lichen, dass wir diesem Staat helfen, dass wir diesen Bürgern helfen, um so schnell wie möglich diese Krise im Zusammenhang mit dieser Krankheit überwinden zu kön­nen. Am 15. März haben wir Beschlussfassungen durchgeführt, um alle Gesetze zu hemmen, zu blockieren, aber auch, um in großartiger Weise Geld zur Verfügung zu stellen. Die Wirtschaftsministerin und alle anderen Minister haben gesagt: Wir legen 2 Milliarden Euro auf. – Ein paar Tage später ist es dann frappant höher geworden: Wir legen 4 Milliarden Euro auf. – Am Ende des Tages sind dann viele Hilfspakete ge­schnürt worden.

Die Realität und die ehrliche Wahrheit war, dass der 16. März gekommen ist, und jeder, der in diesem Lande ein bisschen unternehmerisch tätig ist, weiß, dass am 16. März, weil der 15. ein Sonntag war, auch die Steuern fällig waren, die Um­satz­steuer, die Einkommensteuer, sämtliche restliche Steuern, Körperschaftsteuern, aber auch die Sozialversicherungsbeiträge. Das waren über 8 Milliarden Euro, die an diesem Tag von Österreicherinnen und Österreichern bezahlt worden sind – das wurde einkassiert. Dazu hat es keine Hemmungen gegeben, dazu hat es keine Möglichkeit einer Fristerstreckung gegeben, sondern es ist zu zahlen gewesen.

Von der Regierung wurde dann auf einmal begonnen, diese 8 Milliarden Euro – da wir hier am 15. März auch ein Epidemiegesetz ausgesetzt und aus einem echten Rechts­anspruch einen freiwilligen Härtefallfonds gemacht haben – zu verteilen. Das heißt, Steuern, die der Österreicher und die Österreicherin hart erwirtschaftet haben, die sie zuerst in ihren Betrieben mit ihren Arbeitnehmern erwirtschaften mussten, sind dann aus einem freiwilligen Härtefallfonds ausbezahlt worden, wodurch wir von jemandem mit einem Rechtsanspruch zu einem Bittsteller dieser Republik geworden sind. Finden Sie, dass das korrekt ist und dass das der Realität entspricht? – Ich denke, nein.

Die Grundlage dafür, dass diese Zahlungen geleistet worden sind, haben die öster­reichischen Bürger und Bürgerinnen geliefert. Wenn wir uns anschauen, wie diese Zahlungen, die alle geleistet wurden, heute hier dargestellt werden, und dass wir sozu­sagen wieder in einen Bereich der Normalität zurückgehen können, wie der Herr Bun­deskanzler uns heute gesagt hat, dann müssen wir wissen, dass das darauf zurück­zuführen ist, dass die Österreicher Geld erwirtschaftet haben.

Für uns ist es jetzt wichtig, zu dieser Normalität zurückzuführen, und daher stellen wir als Abgeordnete folgenden Antrag, um unsere Arbeitnehmer künftig zu schützen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „COVID-19 Risikoattest für gefährdete Arbeitnehmer“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass

- jeder Arbeitnehmer, bei dem eine gesundheitliche Vorschädigung wie insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hoher Blutdruck, Diabetes, Atemwegserkrankungen, allgemeine Schwächung des Immunsystems wie bei Krebserkrankungen, eine Leber-und Nierenerkrankungen oder eine Schwangerschaft vorhanden ist, der COVID-19-Risikogruppe obligatorisch zuzuordnen ist

- diese obligatorische Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe jedenfalls auch auf alle Mitarbeiter in Bereichen der kritischen Infrastruktur, wie der Versorgung mit Lebens­mitteln, Verkehrs-, Telekommunikations-, Post-, Energie- und Finanzdienstleistungen oder der Versorgung mit Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen, anzu­wen­den ist.“

*****

Zur Rede zurückkommend möchte ich abschließend aber festhalten, wie ich es bereits am Anfang gesagt habe: Lassen Sie jetzt bitte unsere Unternehmer arbeiten, geben Sie uns unsere Freiheit zurück und geben Sie uns unser Leben zurück! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend COVID-19 Risikoattest für gefährdete Arbeitnehmer

eingebracht in der 24. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 22. April 2020 im Zuge der Debatte zu Top 2) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 380/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betref­fend lückenlose Informationspolitik zu den Bedrohungsszenarien durch die Corona-Virus-Seuche in Österreich und Europa (61 d.B.)

Folgende Rechtsauskunft hat die Wirtschaftskammer Oberösterreich auf ihrer Home­page zum Thema COVID-19 Risikoattest für gefährdete Arbeitnehmer veröffentlicht:

COVID-19-Risikogruppen-Atteste und Unterstützung der AUVA

Die neue Rechtslage sieht folgende Verfahrensschritte vor:

1.         Eine Expertengruppe des zuständigen Ministeriums definiert die allgemeine Risikogruppe

2.         Der Krankenversicherungsträger hat die betroffenen Arbeitnehmer und Lehrlinge über die Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.

3.         Der behandelnde Arzt hat sie jeweilige Risikosituation zu beurteilen und gege­benenfalls ein Risikoattest über die Zuordnung des Betroffenen zur COVID-19-Risiko­gruppe auszustellen

4.         Legt ein Betroffener seinem Dienstgeber dieses COVID-19-Risiko-Attest vor, hat er Anspruch auf Freistellung und Fortzahlung des Entgelts, außer

a.         der Betroffene kann seine Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Home­office) oder

b.         die Bedingungen für die Arbeit in der Arbeitsstätte können durch geeignete Schutzmaßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist. Dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen.

Der Anspruch auf Freistellung gilt derzeit nicht für Mitarbeiter in Bereichen der kriti­schen Infrastruktur: Dazu zählen jedenfalls die Versorgung mit Lebensmitteln, Verkehrs-, Telekommunikations-, Post-, Energie- und Finanzdienstleistungen wie auch eine ge­sicherte Versorgung mit Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen.

Gesundheitlich vorbelastete Mitarbeiter haben einen Anspruch auf Homeoffice oder – so dies nicht möglich ist – auf bezahlte Freistellung (der Arbeitgeber hat einen Rück­erstattungsanspruch). Voraussetzung ist, dass der Dienstnehmer seinem Dienstgeber ein ärztliches COVID-19-Risikoattest vorlegt. Der Krankenversicherungsträger hat den Arbeitnehmer oder Lehrling vorher über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.

Ärztlichen Bestätigungen von Vorerkrankungen: Obwohl es die gesetzlich vorgesehene Definition der Risikogruppe noch nicht gibt und somit auch noch keine Verständigung durch den Krankenversicherungsträger vorliegt (Stand: 9.4.2020), stellen einzelne Ärzte schon jetzt Risikobestätigungen aus. Die sind nicht gültig und lösen keinen grundsätzlichen Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung bzw. derzeit auch keinen Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der Entgeltfortzahlungskosten aus.

Voraussetzung für eine fortlaufende Beschäftigung ist, dass „die Bedingungen in der Arbeitsstätte durch geeignete Schutzmaßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist“. Diese Beurteilung ist im konkreten Einzefall oftmals schwierig.

Die WKOÖ hat daher mit der AUVA Landesstelle Linz vereinbart, dass Betriebe bis 50 Mitarbeiter bei der konkreten Arbeitsplatzgestaltung von einem Arbeitsmediziner vor Ort kostenlos beraten und unterstützt werden.

Erklärtes Ziel ist es, den betroffenen Mitarbeitern aufgrund geeigneter Schutzmaß­nah­men eine sichere Fortsetzung der Arbeit im Unternehmen zu ermöglichen, wovon auch das Unternehmen profitiert. Bei Interesse an diesem Angebot, kontaktieren Sie bitte die AUVA unter:linz.sicher@auva.at. Die AUVA ist unter Einhaltung der Arbeitnehmer­schutz­vorschriften und der Hygienevorgaben in allen Sicherheits- und Gesundheits­schutz­fragen für Oberösterreichs Unternehmen da.

https://news.wko.at/news/oberoesterreich/COV-Newsletter133.html

Dabei steht von Seiten der Medizin und Forschung längst fest, dass das Lebensalter und gewisse gesundheitliche Vorschädigungen die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs mit einer Coronavirus-Infektion erheblich erhöhen. Dazu kommen als risikoreiche Grunderkrankungen für Personen jedes Lebensalters Herz-Kreislauf-Er­krankungen, hoher Blutdruck, Diabetes, Atemwegserkrankungen, allgemeine Schwächung des Immunsystems wie bei Krebserkrankungen oder Leber-und Nierenerkrankungen. Auch die Einnahme spezifischer Medikamente, die allerdings meistens mit der Behand­lung einer risikoreichen Grunderkrankung im Zusammenhang stehen, erhöht die potentielle Gefahr eines schweren Verlaufs in Folge einer Coronavirus-Infektion. Und auch eine Schwangerschaft kann ein erhöhtes Risiko in diesem Zusammenhang dar­stellen.

Und das unabhängig davon, ob Mitarbeiter in Bereichen der kritischen Infrastruktur wie der Versorgung mit Lebensmitteln, Verkehrs-, Telekommunikations-, Post-, Energie- und Finanzdienstleistungen oder der Versorgung mit Sozial-, Gesundheits- und Pflege­dienstleistungen tätig sind, oder in einem anderen Tätigkeitsbereich eingesetzt sind.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass

–          jeder Arbeitnehmer, bei dem eine gesundheitliche Vorschädigung wie insbe­son­dere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hoher Blutdruck, Diabetes, Atemwegserkran­kun­gen, allgemeine Schwächung des Immunsystems wie bei Krebserkrankungen, eine Leber-und Nierenerkrankungen oder eine Schwangerschaft vorhanden ist, der COVID-19-Risikogruppe obligatorisch zuzuordnen ist

–          diese obligatorische Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe jedenfalls auch auf alle Mitarbeiter in Bereichen der kritischen Infrastruktur, wie der Versorgung mit Lebensmitteln, Verkehrs-, Telekommunikations-, Post-, Energie- und Finanzdienstleis­tungen oder der Versorgung mit Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen, anzuwenden ist.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag.a Sibylle Hamann. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.