12.12

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich schließe mich dem Dank an alle Fraktionen an, dass wir nach diesem terroris­tischen Massaker des 7. Oktober – Reinhold Lopatka hat geschildert, was passiert ist – sehr, sehr rasch zusammengefunden haben.

Es kann wohl keine andere Position geben, wenn Menschen, die zu einem Musikfestival fahren, wenn Menschen, die in ihrem Kibbuz ganz normal aufwachen, binnen Stunden einem solchen terroristischen Akt ausgesetzt sind. Aber – und das Aber sage ich an dieser Stelle bewusst – wir müssen diese Position beibehalten. Das bedeutet, dass wir grundsätzlich auf der Seite der Opfer stehen müssen, dass wir grundsätzlich – ungeachtet der Herkunft, des Geschlechts, der Religion und der Zugehörigkeit – immer die Position derer einnehmen müssen, die die Menschlichkeit, die unantastbare Würde des Men­schen im Auge behalten.

Reinhold, du hast richtig aufgezählt: Es ist selbstverständlich und völlig klar, dass jedes Land und jedes Volk dieser Welt das Recht auf Selbstverteidigung hat. Das ist keine Frage. Nur eines darf nicht passieren – und ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, zu dem wir Beiträge leisten können –: Auf dem Altar der notwendigen Maßnahmen dürfen nicht welche zu Schaden kommen, die damit nichts zu tun haben. Diesem Grundsatz folgend haben wir heute diesen Antrag vorliegen, der sich darauf richtet, die notwendigen Maßnahmen zu setzen.

Ein bisschen kafkaesk für uns ist, dass wir heute einen Entschließungsantrag behandeln, der durch die Realität überholt ist. Wir haben natürlich eine bedin­gungs­lose Freilassung aller Geiseln gefordert. Wir wissen alle, dass die heutige Waffenruhe, die um 7 Uhr lokaler Ortszeit in Kraft getreten ist, aufgrund mittels Vermittlern geführter Verhandlungen zwischen der Netanjahu-Regierung und der Hamas zustande kam. Ich wünsche mir und hoffe, dass die Waffenpause, die jetzt in Kraft ist, so lange anhält, dass möglichst alle Geiseln zu ihren Familien zurückkehren können.

Ich wünsche mir aber auch, dass die Möglichkeit, die jetzt geschaffen wurde, dass die Menschen im Gazastreifen – dort leben Millionen Menschen, dort lebt nicht die Hamas, das sei an dieser Stelle klar gesagt – Wasser und Nah­rungsmittel haben, eine Möglichkeit haben, im Spital behandelt zu werden, und auch nicht mehr von einer Terrororganisation als lebende Schutzschilder missbraucht werden, bestehen bleibt.

Ich – und ich glaube, niemand möchte das – möchte nicht in der Rolle der israelischen Sicherheitskräfte stecken. Das ist wie jede unmögliche Situation, die auch bei uns jede Polizeieinheit mühsam übt: Wie kannst du bei der notwenigen Maßnahme, die du setzen musst – Terroristen unschädlich zu machen –, deine Gewaltanwendung so positionieren, so portionieren, so ausüben, dass nicht Unschuldige zu Opfern werden? Diese schwierige Situation bedarf, glaube ich, unserer Unterstützung. Das heißt aber auch – und da müssen wir aufpassen, Kolleginnen und Kollegen –, dass wir bei aller Solidarität auch die mahnenden Worte nicht vergessen dürfen, dass wir darauf einwirken müssen, dass Bedachtnahme stattfindet, dass nicht andere Kinder Opfer des Konflikts werden.

Mein letzter Punkt: Vielleicht tun wir uns insgesamt leichter, wenn wir diese Zielsetzung gemeinsam formulieren. Was ich mir wünsche, ist, dass es in einem absehbaren Zeitraum ein Israel gibt, in dem man keine Angst haben muss, zum Ravekonzert zu fahren, ein Israel, in dem man in einen Bus steigen kann und dabei nicht Angst haben muss, dass jemand mit einem Sprengstoffgürtel drinnen sitzt, aber auch einen Nahen Osten, einen Gazastreifen und ein Westjordanland, in dem die Menschen in Würde leben können, wo sie eine Perspektive für die Zukunft haben.

Kolleginnen und Kollegen, ich sage euch eines: Wenn das so weitergeht, entstehen mehr neue potenzielle Terroristen als dingfest gemacht werden. Nur wenn es eine Perspektive für alle gibt – dass es nächstes Jahr besser ist, dass es Bildung, dass es Essen und eine wirtschaftliche Zukunft gibt –, kann eine Generation nachkommen, die miteinander leben kann. Das würde ich mir wünschen, und ich freue mich sehr, wenn wir das gemeinschaftlich angehen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

12.17

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte.