9.16

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal: Gott sei Dank ist der Herr Gesundheitsminister auch hier, denn ich glaube, diese Aktuelle Stunde hätte eher an ihn gehen sollen – aber okay. (Abg. Kucher: Das Geld ist schon bei Ihnen!)

Der Titel der Aktuellen Stunde ist auch interessant: Wenn ich ein Abgeordneter wäre, müsste ich jetzt fast eine tatsächliche Berichtigung oder so etwas machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Geh bitte! Er ist Finanzminister! Ein Finanzminister, der sich nicht zuständig fühlt!) Ich bin aber gerne hier und natürlich auch gerne bereit, darüber zu diskutieren.

Trotzdem bin ich wie gesagt dankbar und froh, dass der Herr Gesundheitsminister, der dafür zuständig ist, auch hier ist, denn Gesundheitspolitik macht der Gesundheitsminister, machen übrigens auch die Landesgesundheitsreferenten. (Die Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kucher: Das Geld! Wer gibt das Geld? – Abg. Wöginger: Na die Roten!) – Das Geld? Um Gottes Willen, es ist ja nicht mein Geld, es ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, über das wir hier sprechen. Das ist also weder Ihr Geld noch mein Geld, sondern das ist unser aller Geld.

Auch bemerkenswert an dem Titel, also „mehr Geld“, ist: Vor ein paar Wochen – ich kann mich gut erinnern – wurde mir auch von Ihnen vorgeworfen, dass wir für alle möglichen Dinge zu viel Geld ausgeben. Jetzt ist es zu wenig. (Abg. Kucher: In die falsche Richtung!) – Okay, kann man alles - - Sei’s drum. (Rufe bei der ÖVP: Die rote Linie! – Abg. Steinacker beschreibt mit der Hand eine gewellte Linie.)

Insgesamt ist es aber sicher gut, wenn wir uns über das Thema unterhalten, Herr Klubobmann Kucher – wunderbar. Mich freut es auf jeden Fall sehr, dass Sie dieses Thema gewählt haben, weil wir auch die Möglichkeit haben, darzustellen, was die Fakten sind und was wirklich auch an Mitteln zur Verfügung gestellt wird.

In den kommenden fünf Jahren stellen wir – ich rede jetzt von uns allen gemeinsam, Bund, Länder, natürlich auch die Sozialversicherung – insgesamt 14 Milliarden Euro für Gesundheit und übrigens auch Pflege zur Verfügung. Ein großer Teil von den 14 Milliarden trägt natürlich der Bund mit 11 Milliarden Euro. Gegenüber dem vorigen Bundesfinanzrahmen sind das zusätzliche Gesundheitsausgaben von 5 Milliarden Euro im Vergleich zum letzten Mal.

14 Milliarden scheinen also für die Sozialdemokratie zu wenig zu sein, wobei es ja interessant ist: Wenn ich mir die Finanzausgleichsverhandler anhöre, auch, Herr Klubobmann Kucher - - Jetzt geht er leider raus. (Abg. Holzleitner: Nein, er bleibt eh da!) Schade, denn es wäre jetzt interessant, wenn wir darüber diskutieren könnten. (Abg. Heinisch-Hosek: Kucher ist da, keine Sorge!) Wenn ich mir die Finanzausgleichsverhandler anhöre, darf ich zuerst einmal Landeshauptmann Doskozil zitieren, der gesagt hat, „die Gesundheitsreform gebe dem Burgenland mehr Handlungsspielraum“ (Abg. Hörl: Der ist ja kein Sozi! – Abg. Taschner: Hört, hört!), und ich zitiere Bürgermeister Ludwig, der gesagt hat: „‚Die beste Versorgung im Bereich der Bildung, der Gesundheit, der Pflege – all das kostet Geld‘. Dies sei mit der bahnbrechenden Grundsatzvereinbarung zum Finanzausgleichsgesetz [...] geschafft worden“. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kucher: Reden wir von Spitälern oder von Kassenärzten? – Abg. Heinisch-Hosek: Rote Verhandler ...!)

Okay, das war ein Zitat, das war nicht von mir. Übrigens hat Bürgermeister Ludwig – das schätze ich auch sehr – auch das gemeinsame Vorgehen beim Finanzausgleich über die Parteigrenzen hinweg hervorgehoben. (Abg. Heinisch-Hosek: Rote Verhandler sind besser! – Abg. Lopatka: Das war ein Schuss ins eigene Knie!) Das kann ich nur unterstreichen und mich noch einmal bei allen Verhandlern bedanken, die auch das Gesamtstaatliche im Blick hatten. Da waren die Landeshauptleute Ludwig und Doskozil Gott sei Dank auch dabei und haben das auch so gesehen; übrigens auch der Herr Gesundheitsminister, dem es immer wichtig war, nicht nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das ist das eine, ja, das tun wir intensiv, auf der anderen Seite verknüpfen wir das aber eben immer mit den Reformen, die einfach auch dringend notwendig waren.

Es geht also darum, auf der einen Seite nicht nur mehr Geld in das System zu pumpen, sondern auf der anderen Seite auch Reformen umzusetzen. Dafür danke ich dir auch wirklich ganz herzlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Inhaltlichen: Österreich hat zweifelsfrei – das muss man eigentlich nur mit anderen Ländern innerhalb der Europäischen Union vergleichen, von außerhalb spreche ich gar nicht – ein sehr, sehr gutes Gesundheitssystem. Jeder, der einmal Gesundheitsleistungen im Ausland in Anspruch nehmen musste, sieht den Vergleich.

Ich habe einen Freund in England, dessen Tochter – sie ist Engländerin – medizinische Kongresse organisiert, den nächsten nächstes Jahr in Wien. Sie hat mich angerufen und hat gefragt: Was gibt es denn für private Spitäler in Wien? Wir müssen uns vorbereiten! Da sage ich: Wieso private Spitäler? Ihr könnt euch an das öffentliche Gesundheitssystem wenden, das ist super! Dann sagt sie: Aha, das bin ich aus England nicht gewohnt, dass man das so sehen kann! (Abg. Silvan: Die Konservativen haben es zusammengehaut! – Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Das zeigt natürlich auch, wie gut unser Gesundheitssystem insgesamt beieinander ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber, das muss man klar festhalten, unser Gesundheitswesen leidet insgesamt unter den enormen Kostensteigerungen und selbstverständlich auch unter dem Personalmangel, den wir erleben. Diese Herausforderungen gilt es natürlich in den Griff zu bekommen. Mit der vorliegenden Gesundheitsreform, davon bin ich überzeugt, werden wir auch in Zukunft die hohe Qualität, die wir in der Gesundheitsversorgung haben, für alle Menschen in Österreich entsprechend sicherstellen können.

Dass unser Gesundheitssystem insgesamt gut aufgestellt ist, zeigen uns auch die internationalen Vergleiche. Die OECD beispielsweise überprüft das ja immer wieder. In einer Studie hat sie die Gesundheitssysteme der Mitgliedsländer miteinander verglichen. Sie weist darauf hin, dass das Gesundheitssystem in Österreich in der Bestklasse liegt, weist aber auch darauf hin, und das ist schon interessant, dass unsere Ausgaben im Spitalsbereich im Verhältnis zum niedergelassenen Bereich und was den Digitalisierungsgrad und die Vorsorge betrifft, vergleichsweise hoch sind. Unsere Ausgaben sind also relativ hoch. Dieses Ungleichgewicht, das wir gesehen haben, war Ausgangspunkt der Überlegungen zu einer umfassenden Gesundheitsreform, die wir angegangen sind. Deren Grundsatz lautet – der Herr Gesundheitsminister hat das immer wieder betont –: digital vor ambulant vor stationär. (Abg. Stöger: Digitale Gesundheit gibt es nicht!)

Das war der Grundsatzgedanke, den wir auch in den Finanzausgleichsverhandlungen bei der Gesundheitsreform - - (Abg. Stöger: Entschuldigung!) – Na ja, es geht ja - - (Abg. Stöger: Digitale Gesundheitsversorgung gibt es nicht!) – Ja, okay, Herr Gesundheitsminister außer Dienst Stöger, es ist interessant, was Sie da sagen. Wie lange waren Sie Gesundheitsminister? (Abg. Stöger: Lange genug!) – Okay, lange genug. (Ruf bei der ÖVP: Zu lange!) Lange genug, das stimmt.

Wichtig war es, das digitale Angebot für die Patientinnen und Patienten weiter auszubauen. Jedes Jahr stellen wir für diesen Bereich 50 Millionen Euro zur Verfügung. Damit wird auch die vielen wahrscheinlich erst seit der Coronazeit bekannte Gesundheitshotline 1450 entsprechend erweitert. Sie wird erweitert, um die Erstabklärung, und darum geht es, mancher Beschwerden zu übernehmen. Was die Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten betrifft, ist Österreich, gemessen an der Einwohnerzahl, übrigens weltweit Spitzenreiter. Auch das darf man nicht vergessen: Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Ärzte in Relation zur Bevölkerung als in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Taschner: Hört, hört!)

Das Problem dabei ist, und auch das sollte man aufzeigen, dass sich immer weniger Ärzte für das öffentliche System entscheiden. (Abg. Belakowitsch: Ja, warum? – Abg. Heinisch-Hosek: ... wählen wollen, weil sie nicht anders können! Das ist ja logisch!) Auch das muss man natürlich entsprechend adressieren. Das Problem dürfte Ihnen, Herr Gesundheitsminister außer Dienst, durchaus bekannt sein. Von 2008 bis 2017 waren SPÖ-Gesundheitsminister daran beteiligt. (Ruf bei der SPÖ: ... Parteipolitik! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Also alles gut.

Was tut die Bundesregierung, um dieses Problem anzugehen? – Selbstverständlich muss man das machen. Um den niedergelassenen Bereich zu stärken, stellen wir den Krankenkassen jährlich 300 Millionen Euro für den Ausbau von Kassenstellen zur Verfügung. (Abg. Kucher: Wie hoch ist heute das Minus?) Mit dieser Summe können mehrere Hundert Kassenstellen zusätzlich geschaffen werden. Zusätzlich, und das ist ganz entscheidend, verbessern wir im Rahmen der Sozialversicherung die Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte. Wir machen es für sie attraktiver, eine Kassenstelle anzunehmen anstatt eine Wahlpraxis zu eröffnen. Das kommt insbesondere denjenigen Regionen und übrigens auch den Fachbereichen, Herr Klubobmann Kucher, zugute, in denen eine Nachbesetzung vielleicht schwieriger ist als in anderen Fällen. Damit werden auch zusätzliche Angebote zu Randzeiten geschaffen.

Was wir aber leider auch verstärkt beobachten, ist, dass Patientinnen und Patienten mit Bagatellbeschwerden vom niedergelassenen Bereich in Spitalsambulanzen ausweichen. Das ist für die Länder, die für den Spitalsbereich zuständig sind, doch eine gewisse Herausforderung und auch mit immer höheren Kosten verbunden. Aus diesem Grund, um die Spitalsambulanzen zu entlasten, investieren wir jährlich rund 600 Millionen Euro vor allem in die Schaffung von vorgelagerten Einrichtungen wie Tageskliniken oder in ausgelagerte Spitalseinheiten.

Das wird die Wartezeiten verringern und dadurch werden letztlich auch die Kosten für die Länder gesenkt. Es geht nicht immer nur darum, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, sondern es geht schon auch darum, das mit entsprechenden Reformen zu verknüpfen und die Kosten – übrigens wieder Steuergelder, Gelder der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – dadurch zu reduzieren. Österreich ist – da sind wir uns, glaube ich, alle einig – ein durchaus wohlhabendes Land, und das zeigt sich eben auch an der überdurchschnittlichen Lebenserwartung – Gott sei Dank!

Gleiches gilt aber leider nicht für den Anteil an gesunden Lebensjahren, das heißt, dass wir mehr in die Gesundheitsförderung investieren müssen, mehr in die Gesundheitsvorsorge investieren müssen. Das tun wir eben auch im Rahmen dieser Reform mit jährlich rund 60 Millionen Euro zusätzlich. Sehr geehrte Damen und Herren, die Gesundheitsreform, die im Zuge des Finanzausgleichs mitverhandelt wurde, ist sicherlich eine der größten Reformen im Gesundheitsbereich der letzten Jahrzehnte, würde ich sagen. Damit gelingt es uns auch, die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitssystems zu sichern.

Wir reformieren die Strukturen, sorgen für Verbesserungen vor allem bei all jenen, die im System tätig sind – bei den Pflegerinnen und Pflegern, die von Ihnen angesprochen wurden, Herr Klubobmann, bei den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften insgesamt, bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsbereich –, und wir erhalten uns damit, worauf es letztlich auch ankommt, ein qualitativ hochwertiges und vor allem für alle leistbares Gesundheitswesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.27

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. 5 Minuten stehen an Redezeit zur Verfügung. – Bitte.