14.42

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nun, Herr Bundesminister, das Bemühen ist sicher nicht abzustreiten, und ich weiß auch, dass die Communitynurses eine Angelegenheit sind, die funktionieren kann und wird. Sie wollen aber viel mehr, und ich weiß auch, dass Sie mit angezogener Handbremse Sozialpolitik und Pflegepolitik machen müssen, weil Ihr Regierungspartner vieles nicht zulässt. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja unerhört!)

Herr Kollege Gödl, Sie haben eine Überzeugung an den Tag gelegt – ich habe es auch im Ausschuss schon gesagt –, dass das Beste gemacht wird. Das empfinden aber die Personen, die es betrifft, nämlich die pflegenden Angehörigen, die Familien, aber auch die in Ausbildung Stehenden, nicht so. Also die spüren das nicht. Die sehen das nicht so, und ich kann das, was Sie mitgeteilt haben, nicht unterschreiben.

Markus Koza ist euphorisch und sagt, das meiste Geld ist da hineingesteckt worden. – Ja, es ist viel Geld hineingesteckt worden! Nur ist das Pflegesystem derzeit ein Fass ohne Boden. (Abg. Koza: Geh bitte!) Der Boden ist weiterhin nicht da. Wir haben eine Fortschreibung der bisherigen Systeme, das sehe ich auch jetzt noch so. Herr Bundesminister, bitte nicht böse sein, aber es ist im Endeffekt wirklich so, dass mit den Erhöhungen im Finanzausgleich vielfach alles weiter fortgeschrieben wird und wir nichts Neues haben.

Das heißt: Wir brauchen eigentlich eine richtige Ausbildungsoffensive. Wir brauchen eine richtige Ausbildungsoffensive, damit die Leute spüren, warum sie das machen. Wir brauchen einen Imagegewinn. Derzeit sehe ich das nicht. Wir brauchen auch nach außen hin Personen, die wissen, warum sie weiterarbeiten.

Der Herr Bundesminister hat heute ein wahres Wort gesprochen: Die müssen durchhalten, sonst ist das System komplett ruiniert. Durchhalten müssen sie jetzt. Er hat gemeint, mit der Entlohnung, die jetzt erhöht worden ist, wird das der Fall sein. Ich glaube, mit Geld alleine wird man Menschen in der Pflege und Betreuung nicht im System halten können. Die brauchen Perspektiven, die brauchen klare Arbeitsbedingungen, die brauchen vielleicht auch einen höheren Personalschlüssel – die brauchen aber vor allem Möglichkeiten, in Gesundheit lange arbeiten zu können. Und das bieten unsere derzeitigen Vorlagen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube auch, dass es notwendig sein wird, endlich einmal die Punkte anzugehen, die wir angeschrieben haben. Durchhalten bedingt eine Wertschätzung. Ich habe gelesen, dass 65 Prozent der 160 000 in Pflege und Betreuung tätigen Personen sagen, sie werden nicht bis zur Alterspension durchhalten. Das ist einer der höchsten Werte europaweit! Wenn man das weiß, muss man doch Möglichkeiten schaffen, dass sie rechtzeitig ohne Abschläge oder mit weniger Abschlägen in Pension gehen können.

Warum verwahren Sie sich, liebe Regierungsparteien – Kollege Gödl hat es im Ausschuss auch bestätigt –, dagegen, dass die besonders belastende Arbeit dieser Gruppe der Pfleger:innen und Betreuer:innen als Schwerarbeit anerkannt wird? (Beifall bei der SPÖ.) Pflege und Betreuung ist Schwerarbeit, das wissen alle. Deshalb fordere ich Sie nochmals auf: Machen Sie es wirklich wahr, dass Sie auch diese Gruppe in die Schwerarbeitspension hineinnehmen! Der Herr Minister hat das letztes Mal genauso wie ich gesagt: Diese Kalorienzählung, diese Kilojouleberechnung ist eine Farce, eine Zumutung für diese Gruppe, und es ist auch eine Farce, dass Menschen, die die Nachtdienste und auch die 15-Tage-Dienste aufgrund der Arbeitszeiten nicht mehr schaffen, nicht in diese Pension hineinfallen, dass sie gar nicht die Möglichkeit dazu haben! Wir haben also eine realitätsfremde Regelung.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege ist Schwerarbeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Schwerarbeitsverordnung so zu ändern, dass Tätigkeiten der berufsbedingten Pflege und Betreuung von kranken, pflege- und betreuungsbedürftigen sowie behinderten Menschen, die nicht überwiegend in einer Leitungs- oder Aufsichtsfunktion bestehen jedenfalls als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten.

Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zu übermitteln, mit der die Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden.“

*****

Bitte geben Sie dieser Personengruppe Wertschätzung! Geben Sie den neuen Auszubildenden ein Image! Diese werden wir brauchen, sonst haben wir wirklich einen Pflegenotstand, aber auch einen Betreuungsnotstand. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Genossinnen und Genossen

betreffend Pflege ist Schwerarbeit

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7.) zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage 2303 d.B. und Zu 2303 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflegefondsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden, das Bundesgesetz über einen Zweckzuschuss aufgrund der Abschaffung des Zugriffs auf Vermögen bei Unterbringung von Personen in stationären Pflegeeinrichtungen für die Jahre 2025 bis 2028 erlassen und das Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz aufgehoben wird (2389 d.B.)

Arbeitnehmer:innen in Pflege- und Betreuungsberufen versorgen und kümmern sich um unsere kranken, alten oder behinderten Angehörigen. Sie erbringen in Spitälern, Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen und in der mobilen Pflege und Betreuung physisch und psychisch herausfordernde Tätigkeiten.

Nicht nur während der Pandemie haben sie die Intensivstationen und Spitäler am Laufen gehalten. Sie sorgen täglich dafür, dass die Gesundheitsversorgung auch unter großem Druck weiter funktioniert. Personalknappheit und schwierige Arbeits-, Aus- und Weiterbildungsbedingungen fordern aber ihren Tribut: Mitarbeiter*innen in Pflege- und Betreuungsberufen sind schon seit Jahren massiv überlastet.

Pflege und Betreuung ist eine besonders belastende Arbeit und somit Schwerarbeit, das ist durch Studien vielfach belegt und nachgewiesen. Es gibt eine Reihe von Umständen, die Pflege und Betreuung zu Schwerarbeit machen:

•          Die ständige direkte Arbeit mit kranken und/oder pflegebedürftigen Menschen bzw. Menschen mit Behinderung.

•          Unregelmäßige Dienste, Stress, Nachtdienste, Leistungsdruck, fehlende Pausen und ungewohnt hohes Arbeitsaufkommen in Krisensituationen. Die Mitarbeiter*innen arbeiten am Wochenende und an Feiertagen - 24h pro Tag und 7 Tage die Woche sorgen sie für unsere Gesundheit. Das alles schafft auch eine hohe familiäre Belastung aufgrund fehlender Planungsmöglichkeiten von Zeit mit der Familie bzw. von Freizeit.

•          Körperliche Belastungen, wie Heben und Tragen schwerer Personen und Gegenstände, laufender Umgang mit Desinfektions-/Reinigungsmitteln, die Verwendung von Schutzausrüstung, Strahlenbelastung in entsprechenden Stationen.

•          Und nicht zuletzt psychische Belastungen, insbesondere der Umgang mit schwer kranken Menschen und in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen, wie beispielsweise Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen mit Demenz, Menschen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, schwer erkrankten und sterbenden Menschen, Menschen mit kommunikativen Einschränkungen, Menschen mit aggressiven Verhaltensweisen und auch bei herausfordernden Angehörigengesprächen.

Diese Berufe müssen daher einen verbesserten Zugang zur Schwerarbeitspension erhalten.

Nach geltender Rechtslage erfüllen nur wenige Berufsangehörige die Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitspension. Das liegt einerseits an der komplizierten Regelung in der Schwerarbeitsverordnung andererseits aber auch an den strengen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Es müssen 540 Versicherungsmonate nachgewiesen werden, was nach einer Ausbildung in der Pflege und Betreuung kaum möglich ist.

Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen beinhalten einen großen Anteil an Praxisausbildung. Daher sollen diese Zeiten auch als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden. Es wird sichergestellt, dass das Erfordernis der 540 Versicherungsmonate leichter erreichbar wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, die Schwerarbeitsverordnung so zu ändern, dass Tätigkeiten der berufsbedingten Pflege und Betreuung von kranken, pflege- und betreuungsbedürftigen sowie behinderten Menschen, die nicht überwiegend in einer Leitungs- oder Aufsichtsfunktion bestehen jedenfalls als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten.

Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zu übermitteln, mit der die Ausbildungszeiten zu Pflege- und Sozialbetreuungsberufen als Versicherungszeiten für das Erreichen der Schwerarbeitspension anerkannt werden.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.