15.42

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Klubobfrau Meinl-Reisinger! Sehr geehrte Frau Kollegin Künsberg Sarre! Ein wenig habe ich das Empfinden, dass Sie eine Themenverfehlung begangen haben, wie man das in der Schule nennt. Eigentlich sollten Sie Ihren Blick, wenn Sie über das Bildungssystem in Österreich sprechen, auf Wien fokussieren. In Wien könnten Sie ja zeigen, wie Bildung funktioniert.  (Abg. Meinl-Reisinger: Machen wir auch! Schauen Sie einmal, wie viele ...!)

Bedenken Sie: In Wien wird die Bildungsdirektion personell ausgehungert. Die kommen nicht einmal ihren üblichen Aufgaben nach – und Wiederkehr schaut zu. Bedenken Sie: In Wien gehen täglich ein bis zwei Lehrerinnen oder Lehrer von der Stadt weg – und Wiederkehr lächelt ihnen zu. (Abg. Kickl: Wiederkehr ist doch von den NEOS, oder?) Bedenken Sie: In Wien gibt es bei 500 Schulen nicht einmal ein Dutzend Integrationsfachleute – und Wiederkehr schaut lächelnd zu.

Bedenken Sie: In Wien wird gesagt, nicht das Schulforum stellt, wie in allen anderen acht Bundesländern, bei der Ganztagsschule fest, wie sie gestaltet werden soll, verschränkt oder nicht verschränkt. Das wird diktatorisch vom Bürgermeister festgelegt – und Wiederkehr schaut zu. Und Sie sind eine liberale Partei, die noch erklären will, wie man Demokratie in der Schule durchführt. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, Demokratie bei der Schulorganisation umzusetzen! – Wien schaut zu, Wiederkehr schaut zu! (Beifall bei der ÖVP.)

Bedenken Sie: In Wien bringen es die Kindergärten nicht zustande, dass die Kinder mit sechs Jahren volksschulreif sind, die Sprache altersgemäß beherrschen – und Wiederkehr lächelt ihnen zu. (Abg. Erasim: Wer sagt das?) Dazu muss man noch sagen: Diese Kinder müssen dann etwa sechs Jahre in der Volksschule verbringen, nach sechs Jahren kommen sie dann in die Mittelschule und müssen die erste Klasse Mittelschule noch einmal wiederholen. Es gibt Schulen, da sind es 20 Prozent der Kinder, die dann mit 16 Jahren von der 2. Klasse Mittelschule abgehen. – Wiederkehr schaut zu.

Da kommt dann natürlich auch Pisa zur Sprache, denn das ist ja in Wirklichkeit – und die NEOS nennen das gar nicht, sie wissen das – der Elefant, der große, schnaubende, weiße Elefant, der im Raum steht; Sie wollen ihn bei Pisa aber nicht benennen: Es ist die Migration, die da mitspielt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm. – Abg. Belakowitsch: Hören Sie, Wiederkehr!) Ja! Das wird aber auch von der sozialistischen Seite nicht benannt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Widerspruch bei der SPÖ.) – Nein, das wird von Ihnen nicht genannt. Sie glauben, da ganz woanders das Glück zu finden.

Ich gebe zu, bei der Freiheitlichen Partei wird dieser Elefant benannt, ja. (Abg. Wurm: Seit 20 Jahren!) Sie winken ihm aber mit einem blauen Tuch zu, auf dem Festung Österreich draufsteht. Sie geben keine Lösungen. (Abg. Wurm: Doch! – Abg. Belakowitsch: Doch! Festung Österreich!)

Ich finde, Herr Kollege Kickl, Sie machen eine wunderbare Oppositionspolitik. Sie zeigen Probleme auf, Sie zeigen uns, was wir machen sollen. Ich glaube, Sie sollten Oppositionspartei bleiben (Abg. Michael Hammer: Bravo!), da sind Sie wirklich sehr gut. Vielleicht sollten Sie sich im Stil etwas verbessern, aber sonst: Oppositionspartei ist großartig bei Ihnen. Die Expertise dafür, wie man diesem Elefanten begegnet, die fehlt aber etwas.

Wir von der ÖVP haben zum Beispiel die Deutschförderklassen gegen Widerstand von der sozialistischen Seite eingeführt. (Abg. Belakowitsch: Und die funktionieren nicht! – Abg. Kickl: Integrationsverwalter!) Diese Deutschförderklassen waren aber der erste Schritt dahin, dass wir dafür sorgen, dass die Kinder mit der deutschen Sprache bekannt werden. Und wir werden das auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Bundesminister hat gesagt, bei der Schule der Zukunft sind die Experten am Wort. Da wäre die Frage der Journalistin gewesen: Und welche Experten meinen Sie? – Ich sage Ihnen, wo die Experten sind, es gibt nämlich verschiedenartige. Die, die Sie immer nennen, weil sie schon ewig dastehen und aus ihrer Mottenkiste die alten Kamellen herausziehen, die meinen wir nicht! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Es gibt wirklich gute Experten. Zum Beispiel hat Konrad Paul Liessmann, der ja mit seinem Buch über die Unbildung in die Fußstapfen von Adorno getreten ist – also das ist wirklich Stil –, sich in einer Pflichtschullehrerzeitung wieder über Schule geäußert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Eine wirklich tolle Expertise!

Und die beste Expertise, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die Praktiker draußen in den Schulen, das sind die Lehrerinnen und Lehrer! Wir haben von diesen hier auch einige, hier auf der rechten Seite: Frau Kollegin Totter, Frau Kollegin Salzmann, Frau Kollegin Deckenbacher – das sind Experten, denen man zuhören kann, und die werden natürlich dem Minister auch sagen, wo es langgeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Da können wir auch feststellen, dass es nicht drauf ankommt, dass man Strukturen ändert. Sie sprechen von der schrecklichen Separation, der schrecklichen Selektion. Das Wort Selektion wird ja extra dafür verwendet. Es ist ja ein Tabuwort, aber bei der Schule verwendet man es, um zu sagen: Das darf nicht sein.

In Wirklichkeit ist es so: Es gibt Gesamtschule – sie kann funktionieren, sie kann auch schiefgehen. Es gibt das differenzierte System – es kann funktionieren, es kann auch schiefgehen. Aber zu erklären, dass nur die Gesamtschule das Heil bringt, das kann dann kein Experte mehr sein (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), das ist dann nur mehr ein Ideologe. Von diesen Ideologen gibt es unglaublich viele, und die brauchen wir wirklich nicht zu hören, da haben Sie ganz recht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann Ihnen erklären, warum die Gesamtschule für Österreich eigentlich nach meinem Empfinden nicht empfehlenswert wäre. Ich würde sie nicht empfehlen, aber aus rein pragmatischen Gründen. Ich könnte Ihnen das ausführen, aber jetzt leuchtet das rote Licht. – Herr Präsident, das ist irgendwie schrecklich. Ich bin ein Opfer von Einsteins Relativitätstheorie: Bei mir vergeht die Zeit viel schneller, und bei anderen, wenn andere sprechen, rückt sie nur ganz langsam vor.

Wie dem auch sei, ich kann es Ihnen hier jetzt also nicht erklären, ich kann Ihnen jedoch sagen: Die Expertise, die wir von dieser rechten Reichshälfte haben, dass die Gesamtschule nicht die beste Schule ist, ist gut. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben keine!) Sie ist gut, weil wir die Praktiker haben, die sich auskennen. Sie werden in weiteren Reden vielleicht noch einiges davon hören. Jedenfalls kann ich hier nur feststellen, dass wir uns wirklich bemühen, dass die Schule nicht nur gut bleibt, sondern noch besser wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich gebe zu, es gibt viel Luft nach oben, aber Sie wissen auch – Max Weber hat das gesagt –: Das politische Geschäft ist ein „Bohren von harten Brettern“ mit Augenmaß und Leidenschaft. (Abg. Meinl-Reisinger: Man sollte wenigstens einmal den Bohrer zur Hand nehmen!) Das haben wir dafür, dass wir eine gute Schule haben, getan und dafür stehen wir auch ein. (Beifall bei der ÖVP.)

15.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte sehr.