15.59

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bildungsminister! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Ich möchte zurück zum Antrag der NEOS kommen. Ich tue mir mit den NEOS manchmal ein bissl schwer. Einerseits schätze ich es, dass sie oft konstruktiv sein wollen – Kollegin Künsberg hat auch heute wieder ausdrücklich gesagt, es wäre wichtig, fraktionsübergreifend zu arbeiten, gemeinsame Anträge zu machen –, andererseits erlebe ich halt dann doch immer wieder, dass sie sich über gute Vorhaben, gute Initiativen lustig machen und oft sehr pauschal alles verurteilen, was von der Regierung kommt. Das passt für mich irgendwie nicht zusammen.

Einen gewissen Widerspruch sehe ich auch in Wien, wo Sie ja tatsächlich sehen, wie das ist, wenn man für die Bildungspolitik konkret Verantwortung trägt, wo Sie auch sehen, wie zäh und langfristig man da arbeiten muss, dass man nicht einfach auf einen Knopf drücken kann und: Pisa ist super! (Abg. Meinl-Reisinger: Aber man muss damit beginnen! Er – in Richtung Bundesminister Polaschek – macht ja nichts!) Sie fordern auf Wiener Ebene zu Recht Geduld und Verständnis, weil Reformen Zeit brauchen, umgekehrt aber gibt es auf Bundesebene keine Sekunde Verständnis und Geduld. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wo sind denn die Reformen?) Da fordern Sie, dass ein Knopf gedrückt wird, und wenn Pisa nicht sofort super ist, dann fordern Sie Rücktritte. Das passt für mich nicht zusammen. (Abg. Meinl-Reisinger: Doch, aber das erkläre ich Ihnen ein anderes Mal!) Entweder man ist konstruktiv oder man ist populistisch, beides gleichzeitig geht sich für mich nicht aus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Erasim: Warum nehmen Sie die ÖVP so in Schutz? Ich verstehe diese Rolle gar nicht! Warum nehmen Sie sie so in Schutz? Da gibt es nichts zum In-Schutz-Nehmen! Die ÖVP verhindert seit 30 Jahren zukunftsorientierte Bildungspolitik! Seit 40 Jahren!)

Das war jetzt nur das Vorwort. (Abg. Meinl-Reisinger: Man muss Reformen machen, die brauchen Zeit!) Ich möchte die NEOS gern beim Wort nehmen. Die NEOS wollen nämlich große Reformen in der Bildungspolitik und sie wollen, dass alle konstruktiven Kräfte in diesem Land zusammenarbeiten – genau das will ich auch.

Dazu sage ich aber jetzt etwas – als kleine Partei zu einer anderen kleinen Partei –: Das funktioniert nicht, indem man einfach dasteht und sagt: Ich will aber!, Ich will aber!, sondern das gelingt nur, wenn man die Chance für tiefgreifende Reformen zum richtigen Zeitpunkt erkennt, wenn die Mehrheitsverhältnisse passen und man sie dann beim Schopf packt und anschiebt. Diese Gelegenheiten gibt es, und ich werde das jetzt an zwei Beispielen ausführen. (Abg. Künsberg Sarre: Da bin ich gespannt!)

Das erste ist die Elementarpädagogik: Da haben Sie ja selber gemerkt, dass bei der ÖVP im letzten Jahr tatsächlich ein Umdenken passiert ist. (Abg. Erasim: Aber im Finanzausgleich war nichts zu sehen!) Und ja, da hat es Druck gebraucht – von uns, von der Opposition, von den Sozialpartnern, von der Wirtschaft, von vielen Kräften; aber es ist passiert. Im Bereich der Elementarpädagogik ist in dieser Regierungsperiode so viel in Gang gekommen wie noch in keiner Regierungsperiode zuvor.

Erstmals hat die Elementarpädagogik auf Bundesebene höchste Priorität. So viel an neuen Ausbildungen, an Lehrgängen, an Ausbildungsförderungen gab es noch nie, und so viel Geld vom Bund gab es auch noch nie – 4,5 Milliarden Euro bis 2030. Das ist ein Riesenbrocken Geld.

Da sage ich jetzt an alle, die in den Ländern die Verantwortung tragen: Nehmen Sie dieses Geld und machen Sie das Richtige damit! Konkret zum Beispiel in Wien: Schaffen Sie Plätze für Kinder mit Behinderungen! Es fehlen 800, 900 inklusive Plätze in Kindergärten. Verkleinern Sie mit diesem Geld die Gruppen dort – 25 Kinder sind definitiv zu viel – und verbessern Sie die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen, damit diese gerne im Beruf bleiben! Packen Sie diese Gelegenheit beim Schopf und verbessern Sie mit diesem Turbo die Elementarbildung in Wien! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Niss und Salzmann.)

Zweites Beispiel: Der Ausbau von Ganztagsschulen ist extrem wichtig, ist ein Kernfaktor nicht nur für die Familien, sondern auch für die Bildungsgerechtigkeit in diesem Land. Dazu liegt von dieser Regierung und von diesem Minister erstmals ein fundamentaler Reformvorschlag auf dem Tisch, der ein Turbo für den Ausbau von Ganztagschulformen in ganz Österreich sein kann.

Ich werde das kurz schildern, in Erinnerung rufen: Die Nachmittagsbetreuung in Österreich ist derzeit ein riesiger, unübersichtlicher Fleckerlteppich. Die Freizeitpädagog:innen sind bei Vereinen, bei privaten GesmbHs, bei Gemeinden angestellt, und deswegen geht in diesem Feld nichts weiter. Dieses Knäuel wollen wir auflösen. Es liegt der konkrete Reformplan auf dem Tisch, alle Freizeitpädagog:innen des Landes in den öffentlichen Dienst zu übernehmen. Sie sollen aufgewertet werden, Teil des gesamten pädagogischen Teams am Standort werden, eine einheitliche Ausbildung in ganz Österreich bekommen.

Die Freizeitpädagogik gehört aus unserer Sicht nämlich zur Bildung dazu, das ist ein Kernauftrag der Schule. Der Nachmittag gehört zur Bildung dazu; deswegen gehört das alles in eine Hand, gehört langfristig und dauerhaft vom Bund finanziert. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Niss und Salzmann.)

Das ist ein großes Reformvorhaben und auch für die Gemeinden ein sehr attraktives Angebot. Das hat es vorher noch nie gegeben. Das ist umwälzend, das ist fortschrittlich; das hebt die Chancengerechtigkeit in diesem Land. Ich habe dafür von den NEOS und auch von Wien bis heute noch gar nicht viel dazu gehört. (Abg. Meinl-Reisinger: Oh ja!)

Mein Vorschlag wäre daher, statt Populismus und Rücktrittsforderungen: Seien Sie konstruktiv dabei und beteiligen Sie sich zum Beispiel an diesem großen „Reset“, wie die Kollegin gemeint hat, und an den Zukunftsreformen für die Bildung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.