17.28

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Die Herren Bundesminister! Die Frauen Staatssekretärinnen! Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 9 bis 11, Pensionen. Heute wird mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen, Anreize für ein längeres Arbeiten neben der Pension zu schaffen. Unsere Position dazu ist Ihnen bekannt: Damit schaffen wir es nicht, auch nur einen einzigen Millimeter vorwärtszukommen, wenn es darum geht, unser Pensionssystem nachhaltig zu sichern und mehr Fairness in unser Pensionssystem zu bringen. Im Gegenteil, wir spalten damit die Gesellschaft, die ältere Generation genauso wie bei Ihrem Husch-Pfusch bei der Schutzklausel – dort haben Sie nämlich 4 000 Personen, Neuzugänge, bei der Korridorpension vergessen – oder wie auch bei dieser verunglückten Geschichte betreffend Pensionsaliquotierung, worauf ich später noch eingehen werde.

Die Eckpunkte zu Ihrem Antrag betreffend länger Arbeiten nach der Pension:

Erstens: Der Bund übernimmt bei Erwerbstätigkeit nach der Pension, also nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters, den Pensionsbeitrag bis zur maximal doppelten Geringfügigkeitsgrenze, das heißt bis maximal 102,69 Euro. Das gilt auch für Selbstständige und Bauern, und genau dort haken auch Pensionsexpertinnen und Pensionsexperten ein, weil sie sagen, das ist die größte Gruppe, die das in Anspruch nehmen wird. All jene, die es gesundheitlich nicht schaffen, haben nichts von dieser Regelung.

Zweitens: Der Pensionsaufschubbonus wird von derzeit 4,2 auf 5,1 Prozent pro Jahr erhöht. Das hilft auch nichts. Keinen Millimeter bringt es uns dahin gehend weiter, das Pensionsantrittsalter tatsächlich zu erhöhen.

Der dritte Punkt: Ab dem 57. Lebensjahr soll die Pensionsversicherung die Versicherten zu einem Beratungsgespräch einladen. Da stellt sich schon die Frage: Wie sinnvoll ist das? Ist das nicht ein enormer Aufwand? Bringt es wirklich etwas, die Leute Jahre vor ihrem Pensionsantritt zu einem Beratungsgespräch einzuladen, wo man nicht feststellen kann: erstens: Wann ist der Pensionsstichtag?, und zweitens: Wie hoch wird die Pension sein?

Wissen Sie aber, was es jetzt schon gibt, das wirklich perfekt funktioniert? – Die Pensionsversicherung bietet das jetzt den Versicherten auf freiwilliger Basis an. Das heißt, wenn ein Versicherter sich schriftlich darum bemüht und sagt, er macht eine Anfrage, dann bekommt er von der Pensionsversicherung diese Auskünfte schriftlich übermittelt. Das ist kein Aufwand, das ist wesentlich einfacher, weil es auf freiwilliger Ebene passiert.

Der vierte Punkt: verpflichtende Information von Teilzeitbeschäftigten durch den Arbeitgeber über die Ausschreibung von Arbeitsplätzen. Das ist eine Verpflichtung zu informieren, aber das ist nicht das, was wir als SPÖ fordern. Wir als SPÖ fordern einen Rechtsanspruch, dass Teilzeitbeschäftigte auf Vollzeit umstellen können, wenn im Betrieb ein Job frei wird. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist die richtige Antwort darauf – und nicht eine Informationspflicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht das Arbeiten nach dem Pensionsantritt, sondern das Arbeiten vor der Pension muss attraktiver werden, und darüber macht sich diese Regierung leider keine Gedanken. Es gibt keine Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger gesund arbeiten können. (Abg. Koza: Da hast du es nicht gelesen!)

Zur Erinnerung – im Ausschuss sind diese Zahlen oft gefallen –: Vor der Pension ein Jahr länger gesund arbeiten zu können bedeutet 2 Milliarden Euro weniger Bundeszuschuss. 2 Milliarden Euro weniger Bundeszuschuss! Wenn man diesbezüglich also wirklich etwas tun will, dann muss man dort ansetzen.

Lassen Sie mich auch zur Pensionsaliquotierung Stellung nehmen: Leider hat der Verfassungsgerichtshof unseren Einwänden zur ungerechten Pensionsaliquotierung nicht recht gegeben. Dass die Aliquotierung nicht verfassungswidrig ist, nehmen wir zur Kenntnis, aber das heißt nicht, dass diese Entscheidung gerecht ist – das heißt es bei Weitem nicht. Das bedeutet, das Thema, die Problematik verschiebt sich jetzt vom Verfassungsgerichtshof wieder zu uns ins Parlament. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Fakt ist, es muss mir einer erklären, was daran gescheit ist, nach dem Geburtsdatum eine Lotterie zu veranstalten, ob man eine Pensionsanpassung bekommt oder nicht, und wenn ja, welche.

Besonders Frauen der Jahrgänge 1964 bis 1968 werden dadurch so benachteiligt, weil sie halt aufgrund der Anhebung des Pensionsantrittsalters im zweiten Halbjahr in Pension gehen. Die fallen hier wieder komplett durch, und das ist das Schlimme. Deswegen werden wir heute auch einen Entschließungsantrag einbringen, der die Abschaffung der Aliquotierung bei der Pensionsanpassung bei Pensionsneuzugängen regelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“

*****

Wenn Ihnen diese Anliegen wichtig sind, nicht zu spalten, sondern wirklich Fairness zu schaffen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. (Beifall bei der SPÖ.)

17.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend Abschaffung der ungerechten Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 9.) zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 3743/A der Abgeordneten August Wöginger, Bedrana Ribo, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (2391 d.B.)

Auch wenn der Verfassungsgerichtshof in seinem jüngsten Erkenntnis zur Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung diese als nicht verfassungswidrig erkannte, ist sie dennoch nicht gerecht.

Die meisten Arbeitnehmer*innen können es sich nicht aussuchen, wann sie in Pension gehen. Wenn sie Glück haben, können sie bis zum Erreichen der gesetzlichen Alterspension in Beschäftigung bleiben und werden zum frühestmöglichen Pensionsantrittszeitpunkt gekündigt.

Für diese Personen hängt es in Zukunft vom Geburtstag ab, ob sie einen lebenslangen Verlust ihrer Pension hinnehmen müssen, denn Türkis/Grün hat die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung eingeführt. Damit hängt es vom Pensionsstichtag ab, wie viel Pensionsanpassung man im nächsten Jahr bekommt. Hat man das Glück mit Jänner eines Jahres in Pension zu gehen, bekommt man im nächsten Jahr die volle Anpassung, mit Juli nur mehr die Hälfte und mit November oder Dezember gar keine Anpassung mehr.

Wenn die Inflation sich irgendwo zwischen Null und zwei Prozent bewegt, mag man das weniger spüren. Doch gerade jetzt in der Krise wirkt sich die Minder- oder gar Nichtanpassung stark aus und zwar bis ans Lebensende.

Auch wenn die Aliquotierung für die Jahre 2024 und 2025 ausgesetzt wurde, trifft sie jene Arbeitnehmer:innen, die 2025 in Pension gehen, bereits wieder mit voller Härte.

Besonders stark betroffen sind die nächsten 10 Jahre Frau, die in diesem Zeitraum in Pension gehen. Beginnend mit 2024 werden durch die halbjährliche Erhöhung des Antrittsalters um ein halbes Jahr, die Pensionsantritte für Frauen vorwiegend in die zweite Jahreshälfte fallen. Damit werden ihre Pensionen automatisch durch die Aliquotierung gekürzt. Bei den ohnehin relativ niedrigen Frauenpensionen ist diese Auswirkung eine weitere Benachteiligung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1.1.2022 abgeschafft wird.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Markus Koza, Sie haben das Wort.