19.20.56

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie beziehungsweise zu Hause vor den diversen Endgeräten! Wenn wir hier heute über eine Gesundheitsreform reden, dann geht es ja in Wirklichkeit schon um den dritten Schritt einer Gesundheitsreform. Wir sind im heurigen Jahr ja schon zwei Schritte gegangen.

Der erste Schritt war, wenn Sie so wollen, ein bisschen der Auftakt: Das war die Novellierung, die längst überfällige Novellierung, des Primärversorgungsgesetzes. Das wurde 2017 eingeführt und hat eben die Gründung von sogenannten Primärversorgungseinheiten ermöglicht, jedoch damals mit sehr, sehr vielen Hürden und eben auch mit Vetomöglichkeiten für die Ärztekammer versehen, und diese Vetokarte wurde in der Vergangenheit halt dann auch dementsprechend gezogen.

Das haben wir im Juli dieses Jahres beseitigt. Was war der Effekt? – Bis dahin, also in den sechs Jahren zuvor, hat es 37 Gründungen von sogenannten  Primärversorgungseinheiten in Österreich gegeben; seither, in den letzten vier Monaten, sind 13 neue Primärversorgungseinheiten hinzugekommen, plus 30 weitere, bei denen der Antrag auf Genehmigung einer solchen PVE bereits vorliegt. Das heißt, da sieht man, was herauskommen kann, wenn wir dementsprechend eingreifen, wenn wir dementsprechend eben auch solche Vetomöglichkeiten herausnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Den zweiten Schritt sind wir dann im Sommer mit dem Sommerministerratsvortrag und mit den Budgetbegleitgesetzen vor wenigen Wochen gegangen, indem wir Maßnahmen wie beispielsweise die Implementierung zusätzlicher Kassenstellen, die Aufnahme der klinischen Psychologie ins ASVG, die Absicherung für Gesund aus der Krise und dergleichen beschlossen haben. – Das war der zweite Schritt.

Heute gehen wir den dritten, den größten Schritt – nämlich nicht den größten Schritt innerhalb dieser drei Schritte, sondern den größten Schritt innerhalb der letzten 20, vielleicht sogar 30 Jahre. Wir reformieren ein in die Jahre gekommenes System, das an sich selbst zu scheitern drohte. Wir gehen da wirklich gute, neue, innovative Wege, und das sollte man halt eben auch anerkennen: Wir versuchen, Transparenz ins System hineinzubringen, wir versuchen, unser System mit nachhaltigen Mitteln zukunftsfit zu machen, wir versuchen, altes Denken zu überwinden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Wir reden über Digitalisierung. Es wurde heute eh schon erwähnt: Es geht darum, die Elga zukunftsfit zu machen, aus der Elga das zu machen, was sie sein sollte, nämlich eine elektronische Gesundheitsakte, natürlich unter Wahrung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, zugunsten der Patientinnen und Patienten. Es geht darum, dafür zu sorgen, dass Ärztinnen und Ärzte eben auch wirklich alles einmelden müssen: Diagnosecodierung, und, und, und. – All diese Dinge sind ein Fortschritt, sind ein Fortschritt für die Patientinnen und Patienten, sind ein Fortschritt für die Versicherten, sind ein Fortschritt fürs Gesamtsystem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir stellen den Ländern Geld zur Verfügung. Es hat heute schon mehrfach die Kritik gegeben: Na ja, wir geben denen einfach, und die müssen dann nichts machen! – Nein, das ist an Reformvorhaben gebunden, das ist an entsprechende Reformschritte gebunden, und vor allem, was mir persönlich auch immer so wichtig ist, gilt die Ausrede: Wir haben kein Geld! – beispielsweise für die Versorgung von ME/CFS-Patientinnen und Patienten, von Long-Covid-Patientinnen und Patienten –, in Zukunft nicht mehr. Die Gelder sind aufgrund dieses Finanzausgleichs in Zukunft vorhanden, die Länder können solche Ambulanzen ab sofort einrichten (Abg. Heinisch-Hosek: Sie können, aber sie müssen nicht, oder?), sie können sich nicht mehr damit rausreden, dass die Mittel dafür nicht vorhanden sind. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie können, sie müssen nicht!) – Sie können, das ist richtig, ja, weil die Spitäler eben Sache der Länder sind. Ich meine, Kollegin Heinisch-Hosek, das wissen wir beide, oder? – Die Spitäler sind Sache der Länder, die Ambulanzen in den Spitälern sind Sache der Länder. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber verbindlicher hätte man sein können!) Dort, wo der Bund zuständig ist, beispielsweise bei einem  Referenzzentrum, gehen wir als Bund im kommenden Jahr auch die entsprechenden Schritte. Das haben wir ja bereits angekündigt, und darüber werden wir ja noch gesondert diskutieren. (Abg. Kucher: Das kann man ja auch sachlich kommunizieren!)

Das heißt, wir gehen da echte Reformschritte. Wir versuchen, dieses System aufzubrechen, nachhaltig aufzubrechen, und wir versuchen, gemeinsam mit den Ländern, mit den Kommunen, mit der Sozialversicherung, die übrigens, wie wir heute schon gehört haben, eben erstmalig Geld über den Finanzausgleich bekommt - - (Abg. Kucher: Wie viel?) – 300 Millionen Euro pro Jahr, 1,5 Milliarden Euro auf fünf Jahre. (Abg. Kucher: Was ist das netto?) – Kollege Kucher, wir haben es heute Vormittag schon diskutiert. Wir schaffen damit eben Möglichkeiten zur Vereinheitlichung dieses Vertrags. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte denen, die dem heute nicht zustimmen wollen, noch einen letzten Satz ins Stammbuch schreiben: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde euch empfehlen, stimmt heute zu! Stimmt dieser Reform, dieser größten Reform der letzten 20 Jahre, zu und lasst euch niemals vorwerfen, weniger reformfreudig als die Landeshauptleute in diesem Land zu sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Voglauer: Mah schön! Sehr gute Rede!)

19.26

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.