21.11

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Präsident ! Herr Bundesminister! Werte Kollegen im Hohen Haus! Zumindest jeder zweite Jugendliche geht in seiner Freizeit regelmäßig Computeronlinespielen nach. Das finde ich persönlich beunruhigend, weil ich meine, dass dadurch der persönliche Umgang unter den Jugendlichen etwas ins Hintertreffen gerät.

Ein gutes Spiel soll ja nicht nur dem Zeitvertreib dienlich sein, sondern auch dazu dienen, auf das Leben vorzubereiten. Teamspiele dienen der körperlichen Ertüchtigung, der geistigen Ertüchtigung und fördern soziale Kompetenz. Strategie- und Lernspiele sind dazu da, mehrere Züge im Voraus zu denken. Beim Glücksspiel fehlt mir der Lerneffekt völlig. Da kann man nur eines lernen: Gewinner beim Glücksspiel ist immer der, der Spielveranstalter ist. Mehr gibt es da nicht zu lernen.

Wir reden jetzt über die Praxis, darüber, dass es Computerspiele gibt, bei denen im Spielerlebnis ein Glücksspiel eingefügt wird, ohne dass es der Spielende merkt. Jugendliche gehen dem Spiel nach, stehen aber dann irgendwo an, und dann wirft der Spieleveranstalter Lootboxen ins Rennen. Diese Lootboxen enthalten Gegenstände, Werkzeuge, Fertigkeiten, die dem Spielenden helfen können – können! –, im Spiel weiterzukommen. Dafür muss er allerdings Geld einsetzen, hat aber nicht einmal die Gewähr, dass ihm der Inhalt dieser Lootbox dann tatsächlich weiterhilft.

Es ist also mit Glück verbunden, und weil es mit Glück verbunden ist und Glücksspiel für Jugendliche verboten ist, haben Belgien und Holland diese Lootboxen mittlerweile verboten. Auch bei uns gibt es ein Gerichtsurteil – Kollege Drobits hat es schon gesagt – aus Hermagor, das für uns wegweisend ist, denn es hat diese Lootboxen als Glücksspiel qualifiziert. Daher ist der Erzeuger jetzt verpflichtet, den Kaufpreis dieser Lootboxen dem Spieler zurückzuerstatten.

Auch wir sind der Meinung, dass diese Lootboxen Glücksspiel sind und daher mit einem gesetzlichen Verbot dieser Lootboxen für Jugendliche vorzugehen ist.

Es gibt diesen Antrag der Regierungsfraktionen – ja, das stimmt –, aber der ist etwas unkonkret. Der lautet in etwa so: Bitte, Herr Minister, schauen Sie einmal! Wenn Sie gesehen haben, überlegen Sie einmal! Vielleicht tun Sie dann etwas! – Das ist unkonkret, um nicht zu sagen: Wischiwaschi.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des Glückspiels mit ,Lootboxen‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuweisen, die ein Verbot des Glückspiels mit Lootboxen beinhaltet.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Ries, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Verbot des Glückspiels mit „Lootboxen“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 28) Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 3744/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer, Mag. Peter Weidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Prüfung eines Maßnahmenpakets gegen problematische Praktiken bei Online- Games" (2373 d.B.) in der 243. Sitzung des Nationalrats am 13. Dezember 2023.

Über das IKT-Board des Bundesministeriums für Finanzen werden seit dem Februar 2023 folgende Informationen veröffentlicht:1

Käufliche Lootboxen: Die Kostenfalle beim Videospiel

Erst nach dem Öffnen erfährt man, was eine Lootbox enthält. Oft steckt darin wertvolle virtuelle Ausrüstung. Käufliche Lootboxen können für Gamerinnen und Gamer aber auch zur Kostenfalle werden.

Die meisten Gamerinnen und Gamer kennen es: In der virtuellen Landschaft steht plötzlich eine Kiste, die per Zufallsgenerator mit verschiedenen Gegenständen gefüllt ist. Das können schöne Outfits für die eigene Spielfigur, aber auch wertvolle virtuelle Ausrüstung oder Waffen sein, die den Spielerinnen und Spielern dabei helfen, das nächste Level zu erreichen oder das Spiel zu gewinnen.

Eine solche Kiste nennt man „Lootbox“ (zu Deutsch: Beutekiste). Spielerinnen und Spieler können Lootboxen häufig erst durch das Erreichen eines bestimmten Spielziels freischalten, in anderen Fällen lassen sich diese auch erwerben. Bei seriösen Computerspielen verschaffen sich die Teilnehmenden durch den Inhalt einer käuflichen Lootbox keinen unfairen Vorteil im Spiel. Doch das ist nicht bei allen Anbietern so.

Sogenannte Free2Play-Spiele sind auf den ersten Blick kostenlos, man kann in ihnen jedoch nur über den In-Game-Kauf (während des Spiels) von Lootboxen und anderen Gadgets aufsteigen. Damit werden Spielerinnen und Spieler gezwungen, Geld auszugeben, wenn sie weiterspielen möchten.

Noch problematischer als undurchsichtige Preispolitik könnte aber der Glücksspielcharakter käuflicher Lootboxen sein: Mit ihren unbekannten Vorteilen und Goodies appellieren sie nämlich direkt an das Belohnungssystem des Gehirns und können bei Spielerinnen und Spielern eine Sucht auslösen.

Lootboxen sind deshalb zum Gegenstand hitziger Debatten geworden – nicht nur in der Gaming-Welt, sondern auch in der Politik. In Belgien und den Niederlanden wurden Lootboxen, die bestimmte Kriterien erfüllen, bereits als illegales Glücksspiel eingestuft und verboten. Welche Risiken käufliche Lootboxen für Nutzerinnen und Nutzer – insbesondere für Minderjährige – bergen, wie man unseriöse Spiele erkennt und was besorgte Eltern tun können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Welche Risiken bergen käufliche Lootboxen?

•          Der Glücksspielcharakter, den Kritikerinnen und Kritiker bei käuflichen Lootboxen feststellen, ist insofern bedenklich, als er für Nutzerinnen und Nutzer nicht sofort erkennbar und schon gar nicht als solcher ausgewiesen ist. Auf diese Weise können auch Minderjährige erreicht werden, für die Glücksspiele eigentlich verboten sind.

•          Analog zu herkömmlichen Glücksspielen können auch Lootboxen für Nutzerinnen und Nutzer zur Kostenfalle werden. Das liegt neben dem Suchtpotenzial vor allem an der unübersichtlichen Kostenstruktur. Es gibt Spiele, bei denen die Freischaltung sämtlicher Lootboxen mehrere tausend Euro kosten kann, aber zwingend notwendig ist, um im Spiel Fortschritte zu machen.

•          Wie bei allen Online-Zahlungen sollten Nutzerinnen und Nutzer auch bei käuflichen Lootboxen auf eine sichere Zahlungsmethode achten. Welche Online-Bezahldienste zur Verfügung stehen und wie sie sich in puncto Sicherheit unterscheiden, erfahren Sie im Beitrag: Bezahlen im Netz.

Wie erkennt man unseriöse Spiele?

Käufliche Lootboxen haben sich mittlerweile zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt. Hersteller von Free2Play-Spielen sind auf Lootboxen regelrecht angewiesen, um ihre Spiele zu finanzieren, aber auch in Vollpreis-Games hat die profitable Masche längst Einzug gehalten.

Die meisten Gamerinnen und Gamer haben deshalb mit dem Phänomen zu leben gelernt: Wer die Lootbox nicht kaufen will, ignoriert sie einfach.

Abstand nehmen sollte man in jedem Fall von solchen Spielen, die Userinnen und Usern durch den Kauf von Lootboxen nicht nur zusätzliche Accessoires, sondern auch unfaire Vorteile gegenüber anderen Mitspielenden bieten oder den Kauf gar zur Voraussetzung machen, um im Spiel Fortschritte zu erzielen.

In-Game-Kauf: Tipps für den Kinderschutz

Ein pauschales Computerspielverbot für Kinder, darüber sind sich Expertinnen und Experten einig, ist kontraproduktiv. Worauf es ankommt, um Kinder und Jugendliche vor den oben genannten Risiken zu schützen, sind ein paar einfache, aber effektive Sicherheitsmaßnahmen:

•          Achten Sie darauf, welche Spiele Ihr Kind spielt, und sprechen Sie mit ihm über mögliche Gefahren und Risiken. Hören Sie Ihrem Kind zu und seien Sie unterstützend. Begleitung und Aufklärung sind die besten Mittel, um einen nachhaltig sicheren Umgang mit Computerspielen zu fördern.

•          Auch der verantwortungsvolle Umgang mit Geld ist etwas, das Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung lernen müssen und wo Themen wie In-Game- und In-App-Käufe eine Rolle spielen. Langfristig hilfreich ist, wenn das Kind lernt, über ein eigenes Budget zu verfügen und dafür Verantwortung zu übernehmen.

•          Seien Sie bereits bei der Installation eines Spiels vorsichtig, welche Berechtigungen und Daten (E-Mail-Adresse, Name, Geburtsdatum) Sie an den Anbieter übermitteln und zu welchem Zweck dies geschieht.

•          Hinterlegen Sie auf der Spielekonsole, dem Handy und dem PC Ihres Kindes keine Bank- oder Kreditkartendaten. Zu empfehlen sind stattdessen Prepaid-Bezahlkarten, bei denen der gewünschte Betrag im Vorhinein auf die Karte geladen werden muss, um später In-Game-Käufe tätigen zu können. So behalten Sie anfallende Kosten besser im Blick.

•          Erkundigen Sie sich bei Ihrem Mobilfunkanbieter über eine Drittanbietersperre. Mit einer solchen verhindern Sie, dass unerwünschte Zahlungen über die monatliche Handyrechnung abgewickelt werden.

•          Ziehen Sie je nach Alter Ihres Kindes auch technische Jugendschutz- und Filterprogramme in Erwägung. Wie diese Programme funktionieren und wann ihr Einsatz sinnvoll ist, darüber informiert der Beitrag „Filterprogramme: Kindersichere Laptops auch in der Schule“.

Im März 2023 wurde zu dieser Problematik ein erstinstanzliches Gerichtsurteil beim Bezirksgericht Hermagor/Kärnten im Zusammenhang mit den Persönlichkeitsrechten eines FIFA-Spielers veröffentlicht. Nun folgte eine Bestätigung beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien:

Sony und EA müssen Tausende Euro zahlen

Bereits im März sorgte ein Urteil des Bezirksgerichtes Hermagor für Aufregung am Videospielmarkt: Electronic Arts (EA) und Sony müssen einem Spieler des populären Fußballspiels "FIFA" die Kosten für sogenannte "Ultimate Team"-Pakete zurückzahlen, da diese gegen das Glücksspielgesetz verstoßen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien bestätigte als Berufungsgericht nun das Urteil.

ÖSTERREICH. Bei den "Ultimate Team"-Paketen handelt es sich um sogenannte Lootboxen. Diese virtuellen Boxen enthalten zufällige Inhalte wie besonders starke Fußballer, die Spielerinnen und Spielern Vorteile verschaffen sollen. Das Gericht in Wien bestätigte nun die Entscheidung des Bezirksgerichtes Hermagor, dass diese Lootboxen gegen das Glücksspielgesetz verstoßen. EA und Sony müssen nach dem Urteil nun 10.800 Euro an einen FIFA-Spieler zahlen, der die Summe mithilfe des Prozessfinanzierers Padronus und der Rechtsanwaltskanzlei Salburg auf zivilrechtlichem Wege zurückforderte.

Aus für Lootboxen oder doch keine Konsequenzen?

Für Richard Eibls, Geschäftsführer von Padronus, handelt es sich bei dem Urteil des Wiener Landesgerichtes um ein Signal, dass das Aus für Lootboxen in Videospielen besiegeln könnte:

"Erstinstanzliche Gerichte orientieren sich an der Rechtsprechung der höherinstanzlichen Gerichte. Insofern ist die Signalwirkung der Gerichtsentscheidung für alle Lootboxen-Betreiber verheerend und im gesamten deutschsprachigen Raum einmalig. Das Gerichtsurteil ist inhaltlich brutal und geht mit den Lootbox-Betreibern hart ins Gericht. Es ist das Aus für Lootboxen in Österreich."

Wie das Branchenmagazin "Gamesindustry" hingegen ausführt, handelt es sich bei dem aktuellen Urteil um eine eigenständige Entscheidung, die keine weitere Auswirkung auf die österreichische Rechtslage in Bezug auf Lootboxen hat. So werden Zivilprozesse hierzulande von Fall zu Fall entschieden, wobei Gerichte nicht an frühere Entscheidungen gebunden sind. So konnte sich EA etwa bei zwei früheren Prozessen in Österreich gegen FIFA-Spieler durchsetzen.

EA "nicht einverstanden", aber keine Berufung

Der Spieleentwickler erklärte Gamesindustry, dass man mit der Entscheidung des Gerichtes nicht einverstanden sei und glaube, dass "sowohl die Fakten als auch die Rechtslage in diesem Fall falsch sind". Allerdings werde man gegen "diese knappe Entscheidung, die über diesen Einzelfall hinaus keine weiteren rechtlichen Auswirkungen hat", keine Berufung einlegen. EA zeigte sich zudem zuversichtlich, "dass unsere Spiele kein Glücksspiel darstellen und dass wir die lokalen Gesetze vollständig einhalten. Aufsichtsbehörden und Gerichte auf der ganzen Welt haben in ähnlichen Fällen zugunsten von EA entschieden, so auch in einem anderen Fall, der von demselben Gericht entschieden wurde".

Sammelklage gegen FIFA-Lootboxen

Der Prozessfinanzierer Patronus geht davon aus, dass Sony und EA "aus taktischen Gründen keine Revision" einlegten. Schließlich liege die Wahrscheinlichkeit, dass der Oberste Gerichtshof, die nächste Stelle im Instanzenzug, nicht die Ansicht des Landesgericht Wien teilt "bei unter 10 Prozent". Eibl ist sich sicher, dass das Gerichtsurteil "in Rechtskraft erwachsen" werde. Beim Prozessfinanzierer hätten sich bereits mehrere Tausend Lootbox-Erwerber angemeldet, um Ihre Ansprüche geltend zu machen. "Für FIFA-Spieler und andere Lootbox-Käufer ist der Weg jetzt frei, ihre Zahlungen für illegale Lootboxen gerichtlich zurückzuholen. Wir laden alle dazu ein, sich unserem Sammelverfahren anzuschließen", so Eibl. Wie Patronus mitteilt, treffe die Teilnehmer des Verfahrens kein Risiko, da das Unternehmen sämtliche Gerichts- und Rechtsvertretungskosten übernehme und nur im Erfolgsfall eine Provision erhalte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuweisen, die ein Verbot des Glückspiels mit Lootboxen beinhaltet.“

1 https://www.onlinesicherheit.gv.at/Services/News/Lootboxen-Videospiele-Risiken.html

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.