Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Guten Morgen, Herr Innenminister! Wir müssen nun über Rassismus und insbesondere über antimuslimischen Rassismus sprechen. Wir wissen nicht zuletzt durch den Hatecrime-Lagebericht, dass Religion eines der häufigsten, nämlich eines der drei häufigsten Vorurteilsmotive bei Hassverbrechen ist, und zwar sowohl gegen Christen und Christinnen als auch gegen Musliminnen und Muslime und gegen Jüdinnen und Juden.

Im Lichte dessen muss ich noch einmal die Frage, die Kollegin Schatz auch schon angesprochen hat, stellen:

320/M

„Wie beurteilen Sie die Anstiege von gewaltsamen Hassverbrechen seit dem 7. Oktober im Bereich des Anti-Semitismus und Anti-Muslimischen Rassismus?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Wenn Sie mich nach meiner Einschätzung und nach meiner Beurteilung fragen, dann sage ich, dass das natürlich besorgniserregend und auf das Schärfste zu verurteilen ist und auch entsprechende Maßnahmen zu ergreifen sind. Das haben wir ja in vielen Bereichen auch getan.

Ich halte es zum Beispiel auch für sehr sinnvoll, dass gerade der Bundeskanzler – ich bedanke mich diesbezüglich auch bei ihm – nach dem 7. Oktober das Gespräch mit den Religionsgemeinschaften gesucht hat, um da wirklich einen Ausgleich zu finden, dass versucht wurde, in dieser Stimmung, die seit dem 7. Oktober in manchen Bereichen herrscht – Sie kennen die Bilder von manchen Kundgebungen, bei denen bewusst versucht wurde, aufzuheizen –, einen Ausgleich herbeizuführen, um dagegenzuhalten und nicht etwas aufkommen zu lassen, was wir leider in anderen europäischen Ländern sehen mussten.

Wenn ich bedenke, dass nach dem 7. Oktober bei Kundgebungen in Berlin über 60 Polizisten verletzt wurden, es verletzte Demonstranten gab, so sehe ich, dass wir das in Österreich Gott sei Dank nicht gehabt haben, weil man hier durch die Exekutive, durch die Politik, durch die Glaubensgemeinschaften wirklich versucht hat – man hat es nicht nur versucht, sondern man hat es getan –, da einen möglichst guten Ausgleich zu finden.

Ja, das Thema Hatecrime, Hassverbrechen, ist ein wichtiger Punkt, und Sie wissen, dass wir da ja auch gemäß dem Regierungsprogramm Akzente setzen wollen und auch werden und dass seit dem 1.11.2020 systematisch Vorurteilsmotive aufgelistet werden, um da klar anzusprechen, was sie sind, nämlich dass aus rassistischen oder aus Glaubensgründen Menschen verurteilt werden und Hassverbrechen begangen werden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete El-Nagashi.

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sie haben die Maßnahmen angesprochen; ich möchte noch einmal den antimuslimischen Rassismus ansprechen. Wir sehen zwischen dem Hatecrime-Lagebericht 2021 und jenem über das Jahr 2022 einen Anstieg von Hassverbrechen um 7 Prozent, aufgeschlüsselt in neun Kategorien – wie gesagt, Religion ist das dritthäufigste Motiv.

Welche Maßnahmen setzen Sie konkret, um Hassverbrechen zu bekämpfen, insbesondere im Bereich des antimuslimischen Rassismus?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Also ich meine, dass da bereits unterschiedlichste Maßnahmen gesetzt wurden. Ich kann nur wiederholen, dass wir in einem intensiven Dialog mit den Glaubensgemeinschaften sind, mit den unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften. Auch die Radikalisierung über das Internet, sage ich einmal, ist ein Punkt, der uns besonders beschäftigt, daher haben wir auch einen Aktionsplan im Bereich Fakenews, Deepfakes gemeinsam mit der Justizministerin auf den Weg gebracht. Das alles sind laufende Maßnahmen.

Auch in der Prävention tun wir sehr viel. Ich darf da hervorheben, dass ich zuletzt gemeinsam mit dem Bildungsminister ein Projekt vorgestellt habe, bei dem wir auch über den Staatsschutz in die Schulen gehen, bei dem wir auch Jugendlichen bewusst machen, was sie da tun – vielen Jugendlichen ist manchmal nämlich gar nicht bewusst, dass sie, wenn sie gewisse Sharepics, oder wie man das nennt, teilen und weiterschicken, damit auch ein Hassverbrechen begehen.

Ich glaube also, es ist wirklich vieles von vielen zu tun – nicht nur im polizeilichen, auch im Bildungsbereich, an unterschiedlichsten Stellen, und auch wir als Politik sind gefordert, da Akzente zu setzen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordnete Lindner. – Bitte.

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die letzten Jahre haben ja insgesamt eine massive Welle an Hasskriminalität in Österreich verursacht. Von den 6 779 Anzeigen im Jahr 2022 waren Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Hautfarbe, ihrer Weltanschauung, ihrer Religion oder auch ihres sozialen Status betroffen. Wir wissen, dass die Zahlen seit dem Bericht von Quartal zu Quartal steigen. Die Dunkelziffer dürfte um ein Zehnfaches höher sein – das sagt zumindest eine Studie aus Deutschland.

Seit Jahren fordern die Zivilgesellschaft und Expertinnen und Experten von der Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan gegen Hasskriminalität, die Regierung bleibt aber untätig.

Welche konkreten neuen Schritte werden Sie in dieser Legislaturperiode noch setzen, um sowohl der Hasskriminalität entgegenzutreten als auch die massive Dunkelziffer der nicht angezeigten Hatecrimes zu senken?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Herr Abgeordneter, es ist schade, dass Sie das, was da geschehen ist – und es ist viel passiert, aber es sind weitere Maßnahmen notwendig –, so sehen, dass Sie das als Untätigkeit bezeichnen. Es obliegt aber Ihnen, das so zu beurteilen.

Ich möchte als nur ein Beispiel einen polizeilichen Bereich herausgreifen, den ich auch in diesem Zusammenhang für besonders wichtig halte, nämlich die sogenannte Kriminaldienstreform. Das mag aus Ihrer Sicht jetzt damit nicht unmittelbar etwas zu tun haben, aber Sie wissen auch, Herr Abgeordneter, dass gerade diese Steigerungen sehr intensiv mit den Delikten, mit den Aktionen in sozialen Netzwerken zu tun haben – sprich: Cybercrimedelikte, Hassverbrechen im Netz, Hatecrime. Es gibt – Sie erinnern sich sicher an diesen tragischen Fall Kellermayr – unterschiedlichste Bereiche. Diese Delikte finden vor allem auch im Netz statt, daher müssen wir auch im Netz verstärkt polizeiliche Maßnahmen setzen.

Die Kriminaldienstreform hat als eines ihrer Ziele, die Expertinnen und Experten beziehungsweise die Polizei in diesem Bereich stärker und intensiver auszubilden und dass wir stärker in die Regionen kommen. Wir haben exzellente Expertise im Bundeskriminalamt, zum Teil auch in einzelnen Bezirken, aber das muss jetzt strukturiert werden, damit, wenn so etwas passiert, die Bevölkerung einerseits sehr rasch und direkt – wenn Sie so wollen – zur nächsten Polizeiinspektion gehen kann und dass dann mit den Experten in den Landeskriminalämtern beziehungsweise in den neu zu schaffenden sogenannten Assistenzdienststellen auch Maßnahmen ergriffen werden können, damit man das sehr rasch wieder abstellen kann.

Diese Ermittlungen sind schwierig genug, weil sie international stattfinden, aber da bitte ich einfach darum – vielleicht haben Sie einmal Gelegenheit –, dass wir das auch intensiver erläutern. Wenn Sie aber sagen, dass wir untätig waren, muss ich Ihnen entgegenhalten, dass auch in diesem Bereich sehr vieles passiert ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.