Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Verwirrspiel um Schengen geht weiter. Sie haben heute wieder vom kaputten Schengensystem gesprochen; gleichzeitig haben Sie vor wenigen Tagen gesagt, es soll ein Schengen light, ein Schengen air oder so etwas für Rumänien und Bulgarien geben. Gleichzeitig weiß ich, dass der Schaden für Österreich immer größer wird und auch österreichische Unternehmen bei Ihnen vorstellig werden, weil sie wissen, wie sehr uns das schadet – unseren Unternehmen, die dort ja viel investiert haben, aber auch den Menschen hier, die Pflegerinnen und Pfleger brauchen.

Da sich überhaupt niemand mehr auskennt, ist mir jetzt auch wieder eine Frage ganz klar eingefallen, nämlich: Haben Sie die Bedingungen, die Sie jetzt stellen, auch bei der Zustimmung zu Kroatien gestellt, beziehungsweise welche Bedingungen haben Sie eigentlich bei Kroatien gestellt und welche Bedingungen haben Sie den Ungarn gestellt, dass sie bei Schengen bleiben dürfen, obwohl sie sich nicht daran halten?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 316/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Bedingungen wurden für die Schengen-Aufnahme von Kroatien gestellt?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das waren jetzt drei Fragen. Ich werde trotzdem versuchen (Abg. Brandstätter: Danke!), diese drei Fragen für Sie als eine zu interpretieren (Abg. Brandstätter: Danke!) und daraus eine Antwort zu skizzieren. (Abg. Brandstätter: Na, nicht interpretieren, beantworten!) Ich werde versuchen, auf drei gestellte Fragen eine Antwort zu geben. (Abg. Brandstätter: Gut!)

Aus meiner Sicht ist eine Schengenerweiterung ein zweistufiges Verfahren. Warum ein zweistufiges Verfahren? – Zunächst gibt es den Statusbericht durch die zuständige EU-Kommission, die feststellt, welchen Status ein Land im Zusammenhang mit einer möglichen Schengenerweiterung hat – erste Stufe. Die zweite Stufe umfasst eine Beratung und Schlussfolgerung auch im Rat – das ist vorgesehen –, einen einstimmigen Beschluss im Rat der Innenminister darüber, ob ein Land zu Schengen dazukommt oder nicht.

Faktum ist auch – das möchte ich jetzt auch noch sagen, weil ich gesagt habe, dass Schengen kaputt ist –, und ich glaube, Sie stimmen mit mir da vollkommen überein und Sie sehen das wahrscheinlich auch so: Wir haben derzeit in elf europäischen Ländern des Schengenraums Grenzkontrollen, das heißt, 70 Prozent der europäischen Bevölkerung in diesen Ländern haben derzeit Binnenkontrollen, und das beschreibt den Zustand für Schengen wohl leider – ich sage das bewusst dazu: leider! – am besten. (Abg. Stöger: Dann machts es net!) – Das wird gemacht – weil ich diesen Zwischenruf gehört habe –, weil es eben notwendig ist; nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil die Zahlen so aussehen, wie sie aussehen.

Wir haben zu Beginn sehr intensiv über das Asyl- und Migrationsthema diskutiert. Wir haben seit dem 7. Oktober sehr intensiv darüber diskutiert, wie wir auch Radikalisierte wieder in ihre Länder zurückbringen. Es ist aus Sicherheitsgründen einfach notwendig, dass wir die Kontrollen durchführen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Na ja, Entschuldigung! Moment! Es wurde ja gar keine Frage beantwortet, weil die ganz konkrete Frage war: Welche Bedingungen wurden an Kroatien gestellt? Wenn Schengen kaputt ist, warum hat man dann Kroatien hereingelassen? Und gibt es eigentlich im Innenministerium Berechnungen, wie groß der Schaden für österreichische Unternehmen bereits ist?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Das sind wieder zwei Fragen, und ich werde wieder versuchen, auf beide eine Antwort zu formulieren.

Zweistufiges Verfahren – erstens: Statusbericht der Kommission; zweitens: Beratungen der Innenminister. Bei diesen Beratungen im letzten Jahr war klar, dass der Großteil der illegalen Migration über die sogenannte Westbalkanroute – das heißt Rumänien, Bulgarien, Ungarn –, also über diesen Bereich und nicht direkt über den Süden kommt.

Die Situation hat sich jetzt in vielen Bereichen geändert: Wir sehen, dass der Druck aus dem Süden stärker wird, weil die Schlepper eben ihre Routen geändert haben.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass nach § 95 Abs. 1 der Geschäftsordnung jede Frage nur aus einer Frage bestehen darf. Ich war ein bisschen tolerant, ich würde aber bitten, dass man wieder auf dieses Regime zurückkommt.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Minnich. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Sie haben in den Medien mehrmals betont, dass das Schengensystem so nicht mehr funktioniert. Was muss Ihrer Ansicht nach getan werden oder gemacht werden, damit das Schengensystem wieder funktionstüchtig gemacht wird?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Die Reisefreiheit war und ist eine der großen Errungenschaften dieser Europäischen Union. Aufgrund der Situation, der Sicherheitssituation in den einzelnen Mitgliedsländern, hat sich das eben leider dramatisch verändert, und in vielen Ländern mussten wieder Binnengrenzkontrollen eingeführt werden.

Wir haben diese schon seit längerer Zeit Richtung Ungarn und Slowenien und haben zuletzt, weil Deutschland Richtung Österreich, Richtung Tschechien und Richtung Polen kontrolliert, auch in Österreich die Grenzpunktkontrollen an den Grenzen zur Slowakei und zu Tschechien wieder eingeführt – leider –, weil es einfach notwendig ist, weil wir darauf reagieren müssen und nicht zur Ausweichroute für Schlepper werden dürfen.

Was ist notwendig, damit das wieder funktioniert? – Das ist völlig klar – und ich glaube, da sind wir uns Gott sei Dank einig, ich kenne dazu Stellungnahmen von allen Parteien aus diesem Haus –: ein robuster oder besser gesagt ein funktionierender Außengrenzschutz, im Zuge dessen an der Außengrenze festgestellt werden kann, wer das Recht hat, legal nach Europa zu reisen, und wer eben nicht. Wenn es diesen gibt, ist es auch wieder möglich, sich innerhalb dieses Raumes frei zu bewegen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Gerstl. – Bitte.