Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Viele Probleme in Österreichs Haftanstalten sind hausgemachte Probleme, sie fußen einerseits auf dem eklatanten Personalmangel, den Sie nicht in den Griff bekommen, andererseits auf medizinischen Ausführungen in öffentliche Spitäler, über deren Notwendigkeit man oft diskutieren kann, in deren Zusammenhang wir in den letzten Wochen oft tagelang unrühmlich in den Medien aufgeschlagen sind.

Da wäre es natürlich wichtig, dass man einerseits einmal ein Zeichen setzt und andererseits auch wieder, wie es früher war, die Sicherheitsmaßnahmen bei solchen medizinischen Ausführungen erhöht beziehungsweise auch schaut, ob sie notwendig sind, ob irgendjemand die Verantwortung dafür übernimmt.

In diesem Zusammenhang stelle ich Ihnen folgende Frage:

314/M

„Welche Maßnahmen werden von Ihnen gesetzt, um die durch Personalmangel und medizinisch nicht notwendige Ausführungen massiv belasteten Justizwachebeamten zu unterstützen, um damit auch zu verhindern, dass Häftlinge immer häufiger flüchten können?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: In dieser einen Frage stecken ja mehrere Fragen. Ich versuche, sie schnell zu beantworten, denn ich habe nur 2 Minuten. Ausführungen zu einer externen Gesundheitseinrichtung erfolgen ja immer nur bei medizinischer Notwendigkeit. Wir haben aber versucht, durch Rekrutierung weiteren ärztlichen Personals, durch Stärkung des chefärztlichen Dienstes und durch Zurverfügungstellung von Telemedizin diese Eskorten zu verringern. Das ist uns tatsächlich, wie man sieht, wenn man sich die Zahlen anschaut, gelungen.

Nichtsdestotrotz, Sie haben es richtig gesagt, hat es diese Entweichungen gegeben, es gab auch Nachahmungstäter, deswegen hat eine Sicherheitskonferenz mit Vertreter:innen aller Justizanstalten stattgefunden und es wurden Vorschriften, Maßnahmen, die bereits jetzt bestehen, erörtert, damit man weiß, was auch jetzt schon möglich ist, was auch jetzt schon angewendet werden kann – und das ist nicht wenig.

Trotzdem haben wir dann aber eine Maßnahme gesetzt, und zwar dass man die Fesselungsart – wenn eine gelindere Art der Fesselung oder keine Fesselung vorgesehen ist – begründen muss. Das soll zumindest für eine Zeitlang so bleiben, damit man Nachahmungstäter hintanhält.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Geschätzte Frau Bundesministerin! Es sind einerseits der Personalmangel, andererseits auch der Überbelag in Österreichs Justizanstalten, die zu massiven Belastungen führen. Ich habe gestern eine Anfragebeantwortung von Ihnen zurückbekommen, in der es um die Strafverbüßung, um Rückführungen in das Heimatland geht.

Da ist, wenn man bedenkt, dass über 60 Prozent nicht österreichische Staatsbürger in Österreichs Justizanstalten enden, Handlungsbedarf gegeben, Sie handeln aber nicht. Es ist eklatant auffällig, dass Sie in Staaten außerhalb der EU, sogenannte Drittstaaten, 2023 nur folgende Rückführungen durchgeführt haben: eine nach Bosnien, eine in den Kosovo, eine nach Nordmazedonien, neun nach Serbien und eine in die Türkei. Anfang 2023 haben Sie ein Abkommen mit Marokko geschlossen. Auffällig ist, dass bis dato – und jetzt haben wir schon Ende des Jahres – kein einziger Marokkaner in sein Heimatland, nach Marokko, zurückgeführt wurde.

Darum stellt sich die Frage: Was bringen solche bilateralen Abkommen, wenn Sie keine Rückführungen zustande bekommen?

Da hätte ich folgende Zusatzfrage: Was werden Sie 2024 – neues Jahr, neues Glück – unternehmen, damit mehr Rückführungsabkommen mit Drittstaaten, vor allem in Nordafrika, abgeschlossen werden und diese zukünftig auch funktionieren, damit die überfüllten Justizanstalten weniger Insassen haben und somit die Strafvollzugsbediensteten entlastet werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es ist natürlich ein wichtiges Thema, das Sie ansprechen. Ja, wir haben uns vorgenommen, Haft in der Heimat zu forcieren, weil das einerseits die Haftanstalten entlastet und andererseits auch für die Resozialisierung besser ist. Seit 2019 ist die Anzahl der Überstellungen erheblich gestiegen, nachdem die Justizanstalten zu einem Monitoring der infrage kommenden Insassinnen und Insassen verpflichtet worden waren.

Eines haben Sie ja schon gesagt: Es liegt sehr oft an den Heimatländern, den Vollzug zu übernehmen. Ich bin auch sehr froh, dass es uns gelungen ist, dieses Abkommen mit Marokko zu unterzeichnen, das war höchste Zeit, denn es wäre notwendig, dass man da Überstellungen vornimmt.

Wir haben auch viele andere Maßnahmen getroffen. In Serbien zum Beispiel haben wir einen Justizattaché, der sich auch darum bemüht, dass die Haftbedingungen in Serbien verbessert werden, damit wir besser überstellen können.

Wir haben weitere legistische Verbesserungen vor, insbesondere soll § 133a Strafvollzugsgesetz reformiert werden – auch das würde uns manche Dinge erleichtern.

Natürlich muss man auf internationaler Ebene, auf der wir immer wieder, sowohl in der EU als auch im Europarat, darüber sprechen, die Haftbedingungen in den Ländern verbessern, damit man rascher überstellen kann, und natürlich auch die Länder dazu verpflichten, zu übernehmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Becher. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Ministerin, mich interessiert vor allem der Jugendstrafvollzug. Da möchte ich gerne wissen, welche Kosten durch die Übersiedlung des Jugendstrafvollzugs von Gerasdorf nach Wien Simmering entstehen, wo dafür die Justizanstalt Münnichplatz geschaffen werden soll.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Im Budget wurde tatsächlich ein Posten für den Umbau für den Jugendvollzug vorgesehen. Es sind – ich hoffe, ich habe die Zahl richtig im Kopf – 2,5 Millionen Euro, und mit den Umbauarbeiten wurde begonnen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Reiter. – Bitte.

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Aufgrund der Ausbrüche von Häftlingen, als Antwort darauf, hat es ja unter anderem in 21 Gefängnissen Razzien gegeben. Prinzipiell sind die österreichischen Gefängnisse im internationalen Vergleich sicher, aber ich würde trotzdem gerne von Ihnen wissen, welche Maßnahmen Sie gesetzt haben, um Ausbrüche von Häftlingen wie die zuletzt erfolgten in Zukunft zu verhindern – und dies bei allen Arten der Flucht, also Ausbruch, Entweichung und auch Nichtrückkehr.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wir haben das natürlich beobachtet und gesehen, dass es einige Nachahmungstäter gab, deswegen wurde eine Sicherheitskonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern aller Justizanstalten einberufen, in der noch einmal die bereits bestehenden Vorschriften und Maßnahmen erörtert wurden, damit sie auch eingehalten werden. Für den Fall, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die betroffene Person erhöht werden müssen, haben wir noch einmal erörtert, welche Möglichkeiten da bestehen.

Nichtsdestotrotz haben wir, um Nachahmungstäter tatsächlich hintanzuhalten, auch die Fesselungsart geändert, und zwar insofern, als es, wenn es zu gar keiner Fesselung kommen soll, begründet werden sollte, um noch einmal auf Nummer sicher zu gehen. Diese Vorschrift wird natürlich nach einer gewissen Zeit auch evaluiert, aber wie wir in den letzten Wochen gesehen haben, scheint das zu greifen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.