11.56

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen, auch aus dem Europaparlament! Als Erstes möchte ich auf eines hinweisen: Der Titel dieser Aktuellen Stunde ist mit Sicherheit für Österreich ein sehr allgemeiner und es sind vier Rednerinnen, vier Frauen, herausgekommen, die über Sicherheit für Frauen und Richtlinien auf europäischer Ebene gesprochen haben – und dann kommen Zwischenrufe von Männern, vor allem aus dem rechten Lager, dass es darum nicht gehen könnte. Vielleicht, liebe Komannsbilder, solltet ihr ein bisschen darüber nachdenken, was Sicherheit sein könnte, wenn vier Frauen (Beifall bei Grünen, SPÖ, Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.) – immerhin aus drei Parteien – darüber reden und das für ein relevantes Thema halten.

Reden wir aber über Militär und Sicherheit! Wenn etwas die Sicherheit Österreichs garantiert, dann sind das fixe Grenzen, stabile Grenzen, die nicht mit militärischer Gewalt verschoben werden – in diesem Europa, in dem praktisch hinter jeder Grenze eine Minderheit mit einer anderen Sprache lebt. Gerade wir als Österreicher und Österreicherinnen sollten darauf schauen. Wir haben diesen Fall – und seien wir doch bitte froh, dass wir das friedlich gelöst haben, dass die Kärntner Slowenen und Sloweninnen, die burgenländischen Ungarn und Ungarinnen und auf der anderen Seite die deutschsprachigen Menschen in Südtirol eine friedliche Lebensweise miteinander zusammengebracht haben und dass wir uns nicht militärisch bedroht fühlen, weder in die eine noch in die andere Richtung! (Beifall bei den Grünen.)

Genauso gehört das in Europa geregelt. Mir ist es ehrlich gesagt vollkommen egal, wie die Grenze zwischen der Ukraine und Russland verläuft und welche Minderheit auf welcher Seite der Grenze lebt, aber wenn dort eine Grenze verschoben wird, dann muss das friedlich in Verhandlungen passieren und nicht so, dass ein Land einmarschiert, Krieg führt und versucht, etwas zu erobern. Das ist das, was Europa nicht akzeptieren kann. Da geht es dann auch um unsere Grenzen, wenn wir das ein einziges Mal akzeptieren und durchlassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben es einmal fast akzeptiert und durchgelassen, nämlich vor 10 Jahren. Am 20. Februar vor 10 Jahren – leider ist in drei Wochen das Jubiläum –, hat Putin die Krim attackiert, sich die Krim einverleibt. Europa hat es akzeptiert, wenn auch nicht offiziell die Grenzverschiebung, aber seit 10 Jahren ist die Krim von Putin beherrscht (Zwischenruf des Abg. Kassegger), und danach gab es Treffen mit ihm, Verhandlungen mit ihm, Wirtschaftsabkommen mit ihm und so weiter. Europa hat diese Grenzverschiebung realpolitisch akzeptiert – und das war der Fehler. Die Folge davon ist die Grenzverschiebung, die jetzt passiert ist. Wenn wir es jetzt wieder zulassen, dann wird die nächste passieren und die nächste passieren und die nächste passieren. Das ist inakzeptabel! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Steinacker.)

Viele haben Putin in dieser Zeit getroffen. Ich bitte, zu bemerken, dass in dieser Sitzung erstmalig die FPÖ dreimal rausgekommen ist und dreimal versucht hat, klarzulegen, dass sie nicht auf der Seite Russlands steht. Das hat sie noch in keiner Plenarsitzung davor in dieser Deutlichkeit gemacht. Wenn drei Redner:innen rauskommen, dann ist das offensichtlich der Kommunikationsplan für die Europawahl in den nächsten Monaten. Wir werden uns das natürlich in jeder einzelnen Sitzung anschauen. Sie haben recht: Es haben natürlich Politiker:innen aller möglichen Parteien Putin und Russen getroffen, aber den Freundschaftsvertrag haben nur Sie unterschrieben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. –Abg. Kassegger: Erstens ist es kein Vertrag und zweitens ...!)

Der Freundschaftsvertrag Ihrer Partei mit Putins Partei läuft fünf Jahre, steht drin – ich habe ihn hier schon mehrfach hergezeigt –, und wird automatisch verlängert, wenn er nicht gekündigt wird. Zeigen Sie uns die Kündigung! Wenn er nicht gekündigt ist, läuft dieser Freundschaftsvertrag. Sie haben noch nie eine Kündigung hergezeigt. (Abg. Kassegger: 2021 ausgelaufen!) Sie sind Freunde Putins in Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Vilimsky, der da drüben sitzt und der Erste war, der herausgegangen ist und das kritisiert hat (Abg. Lopatka: Der ist bei Radio Moskau! Interview, Radio Moskau!), ist der Einzige, der einen solchen Freundschaftsvertrag mit Moskau hat, auch wenn er es jetzt bestreitet.

Der ist übrigens überhaupt der Einzige, das finde ich auch noch spannend, das sollte schon erwähnt werden: Da ist jetzt von Follow the Money eine Studie zu Unkorrektheiten im Europäischen Parlament veröffentlicht worden. Dort sind fast ein Viertel der Abgeordneten derzeit in Untersuchung: Rechtsextreme, die im Gefängnis sitzen und per Video teilnehmen, rechte Italiener:innen, bei denen 500 000 Euro irgendwo fehlen, und so weiter. Ein einziger Österreicher kommt vor, und das ist Herr Vilimsky in der freiheitlichen Spesenaffäre. Von allen österreichischen Abgeordneten ist der Einzige im Follow-the-Money-Bericht Herr Vilimsky, Ihr Spitzenkandidat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Stögmüller: Unglaublich! Ein Sittenbild!) Vielleicht ist das auch ein Problem.

Wenn wir Sicherheit für Österreich haben wollen, dann müssen wir uns von der Abhängigkeit von den fossilen Diktaturen befreien. Das betrifft Putin, das betrifft aber auch die Saudis und die Iraner, das betrifft den Konflikt im Nahen Osten. Wir können diesen Diktaturen nicht Woche für Woche, Tag für Tag Milliarden Euro überweisen, uns von ihnen bedrohen lassen und dann über Sicherheit in Österreich reden.

Da kritisiere ich nicht die Freiheitlichen, sondern da kritisiere ich die Sozialdemokratie und die Volkspartei. Ihr habt in den letzten Jahrzehnten die Politik gemacht, die uns durch immer mehr Straßenbau abhängig von der fossilen Industrie macht: immer mehr Abhängigkeit von genau den Energieformen, die wir jetzt finanzieren.

Liebe ÖVP, wenn sich jeder Redner von euch hier herausstellt und stolz den Österreichplan herzeigt, dann zeige ich ihn natürlich auch her (ein Schriftstück in die Höhe haltend): 70 Seiten, eine ganze Seite Foto zum Thema Versorgungssicherheit, und dahinter habt ihr eine halbe Seite in 14-Punkt-Schrift mit drei oder vier Punkten, die de facto nichts aussagen.

Präsidentin Doris Bures: Sie müssen jetzt den Schlusssatz formulieren, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (fortsetzend): Das ist ein bisschen zu wenig Politik, Freunde. (Beifall bei den Grünen.)

12.02

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.