19.50

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich darf Stellung zum Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend Nachhaltigkeit des Pensionssystems nehmen, der eindeutig bestätigt: Das österreichische Pensionssystem ist auch im internationalen Vergleich als zukunftsfit zu bewerten.

Man kann sagen, dass das BIP auf und ab geht, aber Fakt ist: Auch die Europäische Kommission bestätigt, dass inklusive der Ausgaben für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten lediglich ein kleiner Anstieg zu verzeichnen ist. Man kann sagen, dass das jedes Jahr ein bissl anders ist, aber es ist durchaus verkraftbar, wenn man aus dem Rechnungshofbericht weiterhin bestätigt bekommt, dass – und ich darf hier zitieren –: „das österreichische Pensionssystem langfristig durchaus eine geeignete Basis für die [...] Versorgung der älteren Bevölkerung mit vertretbaren finanziellen Belastungen für die erwerbstätige Bevölkerung und den Bundeshaushalt“ ist. – Das ist genau der richtige Weg und es ist schon mühsam, immer wieder über unser gut funktionierendes Pensionssystem auch hier im Hohen Haus diskutieren zu müssen.

Der Rechnungshof bestätigt weiters, dass die ASVG-Pensionen – und das betrifft immerhin zwei Millionen Pensionistinnen und Pensionisten – durch die Beiträge fast zur Gänze abgedeckt sind. Anders ist es bei den Selbstständigen und bei den Bauern, dort sind wir leider nach wie vor dort, wo der niedrigste Deckungsgrad ist. Das heißt übersetzt – wieder zurück zu den ASVG-Pensionen –: Für diese zwei Millionen ASVG-Pensionist:innen besteht an der Finanzierbarkeit und an der Nachhaltigkeit des Pensionssystems kein Zweifel. Es ist, glaube ich, wichtig, nicht immer alle in einen Topf zu werfen und zu sagen, dass es auch dort Kürzungen geben muss. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Koza.)

Nächstes Thema: gesundes Arbeiten bis zur Pension ermöglichen. Eine Studie von Wifo und Forba sagt eindeutig, dass nur etwa 50 Prozent der Frauen aus der Erwerbstätigkeit in die Pension gehen können – aus der Erwerbstätigkeit, nicht aus der Arbeitslosigkeit, wie es Kollege Loacker immer darstellt, sondern aus der Erwerbstätigkeit. Das heißt, nur jede zweite Frau schafft es, aus dem Erwerbsleben in ihre Pension zu kommen. Deswegen brauchen wir da weitere Maßnahmen, damit man auch länger und gesund im Arbeitsleben stehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Riesenbedarf gibt es auch bei der Finanzierung, weil ein Viertel der geleisteten Mehr- und Arbeitsstunden in diesem Land nicht an die Beschäftigten bezahlt wird. 47 Millionen Arbeitsstunden werden nicht bezahlt! Das heißt: Es kommen 1,2 Millionen Euro weniger in die Geldtascherln der Betroffenen, die Mehrarbeit geleistet haben, und letztendlich werden Hunderte Millionen Euro an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht geleistet.

Es sind diesbezüglich so viele Maßnahmen notwendig, auch was die Schwerarbeitspensionen oder die Anerkennung von Pflegeberufen und Gesundheitsberufen als Schwerarbeit betrifft, bis hin zu wirklichen Maßnahmen, das faktische Pensionsantrittsalter weiterhin anzuheben, weil das letztendlich die beste Finanzierung ist: gesunde Arbeitsplätze für ein längeres Arbeiten und somit höhere Pensionen schaffen.

Absolut abzulehnen sind alle Fantasien auf Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters, denn das bedeutet nichts anderes, als dass jene, die das fordern, die Pensionen weiterhin kürzen wollen. Je weiter das gesetzliche Pensionsantrittsalter angehoben wird, desto mehr Abschläge gibt es für diejenigen, die es gesundheitlich nicht schaffen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung des Pensionssystems“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die gesetzlichen Pensionen zu sichern, indem sie

- die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Personaloffensive in den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung stellen,

- Maßnahmen umsetzen, damit alle geleisteten Arbeitsstunden erfasst und korrekt entlohnt werden,

- Rahmenbedingungen schaffen, die gesundes Arbeiten bis zum Pensionsantritt ermöglichen,

- endlich geeignete Anreize setzen um das faktische Pensionsantrittsalter weiter zu erhöhen,

- Maßnahmen umsetzen, um Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen und

- ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgeben.“

*****

Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, dann brauchen wir nicht alle paar Wochen hier in diesem Parlament diese Debatte zu führen, denn dann sind unsere Pensionen auch sicher. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung des Pensionssystems

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11.) zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Nachhaltigkeit des Pensionssystems – Reihe BUND 2023/29 (III-1038/2422 d.B.)

Das österreichische Pensionssystem ist – vor allem im internationalen Vergleich – als zukunftsfit zu bewerten. Langfristprognosen zufolge werden die staatlichen Zuschüsse etwa gleich bleiben. Bis 2070 prognostiziert die EU-Kommission – inkl. der Ausgaben für die Pensionen der Beamt:innen – lediglich einen kleinen Anstieg um 0,5 Prozentpunkte in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (Aging Report 2021).

Auch der Rechnungshofbericht bestätigt, dass bei sorgfältiger Weiterentwicklung das österreichische Pensionssystem langfristig durchaus eine geeignete Basis für die angemessene Versorgung der älteren Bevölkerung bei vertretbaren finanziellen Belastungen für die erwerbstätige Bevölkerung und den Bundeshaushalt ist.

Es ist aber auch einiges zu tun. Die ASVG-Pensionen sind durch Beiträge fast zur Gänze gedeckt– anders als bei den Selbständigen oder den Bauern. Letztere tragen überhaupt nur einen ganz geringen Anteil der an sie ausgezahlten Pensionen selbst und haben schon immer den niedrigsten Deckungsgrad.

Betrachtet man nur die 2 Millionen ASVG-Pensionist:innen besteht an der Finanzierbarkeit und Nachhaltigkeit des Pensionssystems kein Zweifel. Handlungsbedarf gibt es allerdings dabei, dass gesundes Arbeiten bis zur Pension ermöglicht wird. Eine Studie von WIFO und FORBA (Erwerbsaustritt, Pensionsantritt und Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters ab 2024. Potentielle Auswirkungen auf Frauen, Branchen und Betriebe (forba.at)) zeigt, dass  etwa 50% der Frauen nicht aus der Erwerbstätigkeit in Pension gehen.

Es bedarf aber auch Maßnahmen zur vollständigen Bezahlung von geleisteten Arbeitsstunden. Zahlen der Statistik Austria (Basis 2022) belegen, dass die Arbeitnehmer:innen in Österreich fast 200 (192,5) Millionen Mehr- und Überstunden leisten, aber rund ein Viertel davon (47 Mio.) ohne Bezahlung. Dadurch verlieren nicht nur die Arbeitnehmer:innen rund 1,2 Mrd. Euro pro Jahr, sondern es entgehen auch dem Steuer- und Abgabentopf, und damit auch der Pensionsversicherung, hunderte Millionen Euro an Steuern und Sozialversicherungsabgaben.

Weiters ist auch eine Neubewertung der Schwerarbeitspension, wie etwa die Miteinbeziehung der stark beanspruchten Pflegeberufe sowie eine Erweiterung bzw. Aktualisierung der Liste der Berufskrankheiten erforderlich.

Die Grundlagen unseres Pensionssystems bilden eine positive Wirtschaftsentwicklung und ein hohes Beschäftigungsniveau. Je höher die Beschäftigung, je besser die Einkommen, desto leichter die Finanzierung.

Die Regierung ist daher gefordert, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen, insbesondere in Bereichen, wo Fachkräfte händeringend gesucht werden – etwa mehr Jobs in Krankenhäusern, in Kindergärten und Pflegeheimen. Sie ist aber auch gefordert, insbesondere Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen. Damit dies möglich wird, sind Kinderbildungsplätze ab dem ersten Lebensjahr und ein Rechtsanspruch darauf unbedingt erforderlich. Nur so können auch Job und Betreuungspflichten vereinbar werden und im Alter eine lebensstandardsichernde Pension erreicht werden.

Unternehmen sind gefordert alternsgerechte Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, damit länger gesund arbeiten ermöglicht wird und die Regierung muss endlich geeignete Anreize setzen, die das faktische Pensionsantrittsalter rascher an das gesetzliche heranführen.

Der RH bestätigt: Das faktische Pensionsantrittsalter ist seit 2004 um 3 Jahre gestiegen. In diese Richtung muss es weitergehen. Etwa 300.000 Menschen im Alter von 60 bis 64 Jahren könnten mit den richtigen Anreizen und guten altersgerechten Arbeitsbedingungen in Beschäftigung gehalten werden.

Absolut abzulehnen sind jedoch alle Phantasien auf Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die gesetzlichen Pensionen zu sichern, indem sie

•          die erforderlichen finanziellen Mittel für eine Personaloffensive in den Bereichen Gesundheit, Kinderbildung und Pflege zur Verfügung stellen,

•          Maßnahmen umsetzen, damit alle geleisteten Arbeitsstunden erfasst und korrekt entlohnt werden,

•          Rahmenbedingungen schaffen, die gesundes Arbeiten bis zum Pensionsantritt ermöglichen,

•          endlich geeignete Anreize setzen um das faktische Pensionsantrittsalter weiter zu erhöhen,

•          Maßnahmen umsetzen, um Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen und

•          ein klares Bekenntnis gegen eine Erhöhung des derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalters abgeben.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte, Herr Abgeordneter.