20.14

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ja, wenn man sich die Nachhaltigkeit unseres Pensionssystems anschauen will beziehungsweise bewerten will, wie nachhaltig unser Pensionssystem tatsächlich ist, dann hängt das ja immer auch davon ab, welche Kriterien denn diese Nachhaltigkeit ausmachen sollen beziehungsweise nach welchen Kriterien diese Nachhaltigkeit zu bewerten ist.

Der Rechnungshof hat uns ja in seinem Bericht erfreulicherweise vier Kriterien vorgelegt, wonach – wie er meint – ein Pensionssystem hinsichtlich seiner Nachhaltigkeit zu bewerten wäre: einerseits die versicherungsmathematische Fairness; die ausreichende Pensionshöhe, die entlang typischer Erwerbsverläufe berechnet wird; eine volkswirtschaftliche Betrachtungsweise, nämlich welche Erwerbsanreize das Pensionssystem setzt und wie attraktiv es für den Standort ist; und letztlich auch die Nachhaltigkeit des Bundeshaushalts.

Es ist sehr interessant, was dann tatsächlich die Feststellung des Rechnungshofes hinsichtlich dieser Kriterien und der realen Umsetzung derselben ist – ich zitiere –: „[...] fehlten somit klare Kriterien für die Beurteilung der Nachhaltigkeit des Pensionssystems, die analytischen Grundlagen für die politische Diskussion blieben unvollständig.“ – Das ist eine sehr diplomatische Ausdrucksweise. Wir erleben es ja hier in diesem Hause immer wieder: Es ist schon die Sozialstaatlichkeit an und für sich ein sehr umkämpftes ideologisches Spielfeld, inhaltliches Spielfeld, bei dem die Meinungen sehr stark auseinandergehen.

Das gilt genauso sehr auch für die Pensionen. Da geht es um Fragen der Finanzierung, da geht es um die Frage privat versus öffentlich, da geht es um die Frage der Höhe der Pensionen. Ich habe diesen Rechnungshofbericht so verstanden, dass er im Prinzip ein Appell an die politischen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen ist, doch ein gewisses gemeinsames Verständnis zu finden, was die Aufgaben, die Ziele, die Funktionen eines gemeinsamen Pensionssystems betrifft. Allerdings ist das meines Erachtens bedauerlicherweise nicht zu erreichen.

Nicht zuletzt auch deshalb hat meiner Meinung nach die Alterssicherungskommission, um es vorsichtig auszudrücken, nur suboptimal funktioniert, denn letztlich ist es ja ein politisch besetztes Gremium mit unterschiedlichen Interessen und auch den entsprechenden Konflikten, in dem es in Wirklichkeit vor allem darum geht, dass eine Seite die andere überstimmt.

Wenn sich jetzt heute jemand hierherstellt – und es ist so, dass zwei Anträge von den NEOS angeblich aus diesem Bericht heraus entstanden sind –, sagt: Der Rechnungshof hat ein Problem aufgezeigt und dazu auch gleich eine einfache Lösung präsentiert!, und das dann zum Antrag macht, muss man entgegnen, der hat ein Problem mit der Seriosität, denn es ist tatsächlich deutlich komplexer.

Als Beispiel möchte ich die Frage des Pensionsantrittsalters, der angeblichen Anhebung des Pensionsantrittsalters bringen. Ja, das wird – die Frau Präsidentin hat es angesprochen – im Rechnungshofbericht tatsächlich auch erwähnt, auch, dass es in eine bessere Systemplanung hineingehört. Daraus abzuleiten, dass das eine Forderung nach der Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters wäre, ist allerdings mehr als gewagt. Die Folgen einer Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters sind in Wirklichkeit bei Weitem nicht so auszumachen, wie man es hier teilweise vorgibt.

Was würde das bedeuten? – Wer länger arbeitet, zahlt höhere Beiträge, hat eigentlich eine höhere Pension; das muss nicht unbedingt für das Pensionssystem billiger sein. Gleichzeitig gibt es Menschen, die beispielsweise aus der Arbeitslosigkeit in Pension gehen. Die Länge der Arbeitslosigkeit verursacht auch soziale Kosten. Das heißt, so eindeutig ist das Ergebnis da keineswegs; außer man sagt natürlich: Nein, nein, die Pension wird deswegen nicht höher, sondern es wird einfach der Pensionsanspruch gestreckt, man geht später mit der gleichen Pension in Pension. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Dann muss man aber ganz ehrlich sagen, das ist eine Pensionskürzung im Vergleich zum jetzigen Status quo – und dafür stehen wir auf jeden Fall so nicht zur Verfügung.

Es ist schon die Frage, ob nicht der Weg, nämlich die Erhöhung des tatsächlichen effektiven Pensionsantrittsalters, nicht genauso auch in das System hineinpassen kann, wenn es darum geht, das Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Da sind die zentralen Herausforderungen: Wie kann man die Arbeitswelt altersgerecht gestalten? Wie kann man garantieren, dass Menschen aus der Arbeit gesund in Pension gehen können? Wie können wir garantieren, dass Menschen möglichst lange im Erwerbsleben bleiben können?

Da haben wir auch entsprechende Maßnahmen gesetzt. Ich denke an die Attraktivierung der Altersteilzeit, die Flexibilisierung der Altersteilzeit, die inzwischen auch leichter für diejenigen zugänglich ist, die unterschiedliche Erwerbsverläufe haben. Wir haben auch ein Bonussystem eingeführt. Es gibt Leute, die später in Pension gehen und dafür auch einen entsprechenden Bonus erhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist tatsächlich so: Wir brauchen zumindest ein paar Grundprämissen, wenn es um das Pensionssystem geht. Arbeit darf nicht krankmachen, damit die Menschen tatsächlich in Gesundheit alt werden können. Wir müssen ein entsprechendes Altern in Würde gewährleisten. Und ja, das kostet, muss aber in einer reichen Gesellschaft wie der unseren tatsächlich leistbar sein. Das sind Nachhaltigkeitskriterien, die wir bitte alle außer Streit stellen sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.20

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.