9.25

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir werden wahrscheinlich gleich anschließend von einigen Abgeordneten der Opposition hören, was in Österreich alles nicht so perfekt läuft, was betreffend Inklusion noch alles gemacht werden muss. Ich möchte gar nicht behaupten, dass wir in einem Land leben, in dem vollständige Inklusion gelebt wird, in dem es keine Barrieren gibt, in dem Gleichberechtigung zwischen Menschen ohne und Menschen mit Behinderung herrscht.

Ich möchte aber herausstreichen, was wir in diesem Bereich in den letzten Jahren gemeinsam mit der Bundesregierung bewegt haben. Wir sind sehr große Themen wie etwa die persönliche Assistenz angegangen. Das ist eine Forderung, die es in der Behindertencommunity seit mehreren Jahrzehnten gibt. Diese Forderung gibt es nicht erst seit zwei oder drei Jahren, sondern teilweise seit 30 oder 40 Jahren. So große Themenblöcke anzugehen braucht einfach viel Kraft und Anstrengung.

Um auf das Thema persönliche Assistenz ein bisschen genauer einzugehen: In Österreich wird zwischen der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz, die bundeseinheitlich geregelt ist und auch Bundessache ist, und der persönlichen Assistenz in allen anderen Lebensbereichen, wie in der Freizeit, unterschieden. Diese Assistenz ist Länderkompetenz, deshalb gibt es in unseren neun Bundesländern unterschiedliche Systeme. Die Community der Menschen mit Behinderung fordert schon seit Jahren – jahrzehntelang – eine Vereinheitlichung. Es darf, was die Zugänglichkeit zur persönlichen Assistenz betrifft und dahin gehend, welche Rahmenbedingungen erfüllt werden müssen, um überhaupt persönliche Assistenz in Anspruch nehmen zu können, nicht entscheidend sein, ob man in Vorarlberg, im Burgenland oder in Niederösterreich lebt.

Die Vertreter der Länder haben es leider bis jetzt nicht geschafft, sich zusammenzusetzen und da eine Vereinheitlichung zusammenzubringen. Deshalb haben wir als Bundesregierung einen Fördertopf mit 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und gemeinsam mit der Community einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen. Es sind nun die Länder gefordert, an diesem Projekt teilzunehmen, damit es in Österreich bald einheitliche Regelungen gibt und jeder Mensch mit Behinderung die gleichen Möglichkeiten hat, persönliche Assistenz in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist die Arbeitsunfähigkeit: Wie der Minister schon ausgeführt hat, sind Menschen mit Behinderungen in den letzten Jahren teilweise schon relativ früh in die Arbeitsunfähigkeit geschoben worden – muss man fast sagen – und haben dadurch keine Möglichkeiten gehabt, AMS-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das haben wir geändert. Wir haben im Dezember ein Gesetz beschlossen, das besagt, dass die Arbeitsunfähigkeit frühestens ab dem 25. Lebensjahr festgestellt werden soll. Man kann es natürlich schon früher freiwillig machen, aber erst ab dem 25. Lebensjahr ist man dazu verpflichtet.

Das bedeutet für Menschen mit Behinderungen, dass sie mehr Möglichkeiten haben, am Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, dass sie Leistungen vom AMS in Anspruch nehmen können. Sie werden dann, wie alle anderen Menschen eben auch, vom AMS bei der Arbeitssuche begleitet. Das ist ein großer Schritt in Richtung Inklusion.

Ich glaube, wir dürfen nicht vergessen, dass Menschen mit Behinderungen extrem gute Problemlöser und -löserinnen sind. Wir sind täglich mit Barrieren konfrontiert und müssen uns überlegen: Okay, wie können wir das umgehen? Welche Möglichkeiten haben wir, um dieses Hindernis zu überwinden? Ich glaube, diese Fähigkeiten sollten wir und auch die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen viel mehr wahrnehmen. Wenn wir ein diverses Team haben – mit Menschen mit Behinderungen –, das tagtäglich viele Probleme auf einem anderen Weg lösen muss, kommen wir alle viel weiter nach vorne.

Auch das Thema Lohn statt Taschengeld – das ist, glaube ich, jedem ein Begriff – gehen wir an, es steht auch im Österreichplan unseres Bundeskanzlers. Das ist uns ein sehr großes Anliegen, damit Menschen mit Behinderungen aus den Werkstätten hinauskommen und am Ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Wie der Minister ausgeführt hat, werden wir noch im Sommer Maßnahmen setzen, damit Menschen mit Behinderungen bessere Unterstützung bekommen, um aus den Werkstätten hinaus auf den Ersten Arbeitsmarkt wechseln zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.30

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr.