10.12

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Rednern von Grünen und ÖVP zuhört, dann meint man ja, dass man hier in Österreich in einem inklusiven Paradies ist. Diese Chuzpe möchte ich haben: dass Sie alle sich hier herausstellen und von den vielen, vielen Fortschritten sprechen, die wir in den letzten fünf Jahren beim Thema Inklusion gemacht haben. (Beifall bei den NEOS.)

Fakt ist, der Rechtsanspruch auf das elfte und zwölfte Schuljahr für Kinder mit Behinderungen ist nicht umgesetzt. Sie haben es einfach nicht umgesetzt, sämtliche Anträge der Opposition wurden vertagt. Dabei wissen Sie – oder vielleicht auch nicht –, dass Bildung der Schlüssel für alles Weitere im Leben ist.

Fakt ist, 2023 hat die UN einen Staatenbericht verfasst, der für Österreich desaströs ist. Wir haben im Bereich der Inklusion, der inklusiven Bildung nicht nur keine Fortschritte gemacht, sondern sogar Rückschritte. Was ist passiert? – Nichts.

Fakt ist, die Inklusion ist nichts Freiwilliges. Das ist kein Goodwill, das ist nicht: Heute in der Früh stehe ich auf und mache einen auf Inklusion, aber morgen dann nicht mehr, weil es vielleicht zu anstrengend ist! – So läuft das nicht. Es ist eine Verpflichtung: 2008 hat Österreich die Behindertenrechtskonvention unterzeichnet, und es ist eine Verpflichtung, diese umzusetzen. (Beifall bei den NEOS.)

Fakt ist, dass der Deckel für sonderpädagogischen Förderbedarf seit 1992 – 1992! – nicht angehoben wurde. Dieser liegt bei 2,7 Prozent und entspricht längst nicht mehr der Realität. – Herr Minister Rauch, Sie sind zwar nicht direkt dafür zuständig, aber mit Minister Polaschek in einer Regierung: Die Bundesregierung hat eine Studie in Auftrag gegeben, um eine bessere Ausgangsposition betreffend den sonderpädagogischen Förderbedarf bei den Finanzausgleichsverhandlungen zu bekommen. Die Veröffentlichung wurde hinausgeschoben. Zuerst hat es geheißen: Frühjahr 2023, dann: Frühsommer, Spätsommer, Herbst. Und wann wurde die SPF-Studie veröffentlicht? – An dem Tag, als der Finanzminister das Ergebnis der Finanzausgleichsverhandlungen kundgetan hat. – Das ist doch alles lächerlich! Das ist beschämend und nicht im Sinne der Kinder mit Behinderung, nicht im Sinne der Kinder ohne Behinderung. (Beifall bei den NEOS.)

Fakt ist, dass diese Bundesregierung und Sie alle von ÖVP und Grünen im Bereich der inklusiven Bildung in den letzten fünf Jahren original nichts weitergebracht haben. Sie klopfen sich hier auf die Schultern, dabei sind es fünf verlorene Jahre für Kinder mit Behinderung; es sind fünf verlorene Jahre für Kinder ohne Behinderung; es sind fünf verlorene Jahre für alle Kinder und für uns als Gesellschaft.

Wissen Sie, Minister zu sein ist ein ehrenvolles Amt. Ziel von Regieren ist es nicht, Gutscheine zu verteilen oder die Gießkanne auszupacken, rote Bänder zu durchschneiden oder die Menschen an der Hand zu nehmen. Regieren bedeutet, gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das Leben von jedem Einzelnen und von uns als Gesellschaft verbessert und erleichtert wird. Das ist nicht leicht, aber hören Sie endlich auf, all diese Dinge, die Sie nicht zustande bringen, schönzureden! (Zwischenruf des Abg. Koza.) Das ist mittlerweile so lächerlich. Es glaubt Ihnen niemand. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ribo: Was haben wir schöngeredet?)

Reden Sie einmal mit Eltern! Reden Sie mit Lehrkräften! Reden Sie mit den vielen, vielen Verbänden, Initiativen und Interessengruppen! (Abg. Schallmeiner: Red einmal mit deinem Stadtrat in Wien!) Erzählen Sie denen das, was Sie sich hier schulterklopfend gegenseitig erzählen und uns weismachen wollen! Es glaubt Ihnen niemand. (Beifall bei den NEOS.)

Wir wissen, dass das alles nicht von heute auf morgen geht. Man schnippt nicht mit dem Finger und Inklusion ist da. Das ist klar, aber man muss endlich den Weg dahin einläuten. Es braucht mehr als Lippenbekenntnisse. Was Sie in den letzten fünf Jahren auf den Weg beziehungsweise nicht auf den Weg gebracht haben, ist ein Armutszeugnis. Es reicht nicht – auch liebe Grüne und liebe Sibylle Hamann –, die ganze Zeit nur darüber zu reden. (Beifall bei den NEOS.)

10.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet, die Debatte ist damit geschlossen.