11.22

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere hier auf der Galerie! Als überzeugte Demokratin nehme ich natürlich zur Kenntnis, dass 2,43 Prozent der wahlberechtigten österreichischen Bevölkerung (Abg. Schnedlitz: Das ist mehr, als ihr Wähler habt!) ein Volksbegehren gegen geschlechtergerechte Sprache unterstützt haben. Gleichzeitig kann ich als studierte Sprach- und Literaturwissenschafterin den Forderungen, die in diesem Volksbegehren erhoben werden, überhaupt nicht nähertreten. Wieso? – Ja ganz einfach: Weil jeder Mensch ein Recht darauf hat, sprachlich repräsentiert zu werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Holzleitner und Lindner.)

Die in diesem Volksbegehren vorgeschlagene Anwendung des generischen Maskulinums ist exkludierend, sie ist nicht inklusiv. Generisch maskulin bedeutet nämlich allgemeingültig männlich (Abg. Amesbauer: Nein! Stimmt ja nicht! Haben Sie Deutsch gehabt in der Schule?), aber weder unsere Gesellschaft noch unsere Sprache sind allgemeingültig männlich, sondern – Kollegin Ecker, das haben Sie richtig erkannt – divers, und das ist gut so. (Ruf bei der FPÖ: ... „gut so“!) – Wer sich darüber lustig macht, wer das verhöhnt, der verhält sich letztklassig, so wie es die Kollegin gerade vorgeführt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Als grüne Frauensprecherin wundere ich mich schon sehr über Schrödingers Genderwahn der Rechten und auch von so manchen Konservativen. Sie beklagen in Dauerschleife – es ist wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“ –, wie unwichtig denn nicht das Gendern sei, und gleichzeitig machen sie es ständig zum Thema. Permanent machen sie das zum Thema! (Abg. Belakowitsch: Das ist ja ein Volksbegehren, Frau Kollegin! Sie reden sogar zu dem Volksbegehren!)

Mein sehr geschätzter Kollege Mario Lindner von der SPÖ hat nachrecherchiert und eine sehr erstaunliche Zahl zutage gefördert: Es gibt hier in diesem Hohen Haus eine Partei, die seit 2019 ganze 13 parlamentarische Initiativen gegen das Gendern gesetzt hat. Es gibt eine Partei – das waren nicht wir, das war nicht die SPÖ, das waren nicht die NEOS, das war auch nicht die ÖVP –, die hier im Hohen Haus ständig über das Gendern redet, und das ist die FPÖ. (Abg. Ecker: ... ein Volksbegehren!) Heute schon wieder: Kollegin Ecker hat den Antrag gerade selber erwähnt, ich halte ihn hier in der Hand (den genannten Antrag in die Höhe haltend) – die 14. parlamentarische Initiative der FPÖ zum Thema Gendern!

Da steht drinnen, die Sprache solle nicht verfremdet, eingeschränkt oder verstümmelt werden. (Abg. Belakowitsch: Völlig richtig!) Sprachterror würde der Bevölkerung aufgezwungen werden. Verbot, Verbot: Verbietet das Gendern, verbietet geschlechtergerechte Sprache! Wir fürchten uns davor. – Bitte, habt ihr echt keine anderen Sorgen? (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Doppelbauer.)

Habt ihr echt keine anderen Sorgen?, frage ich mich. (Ruf bei der FPÖ: Fragt die Bevölkerung!) Auch die Argumentation, die in diesem Entschließungsantrag zutage gefördert wird, ist ja zum Haareraufen. Wenn Sie argumentieren, Österreicherinnen und Österreicher – Sie sagen: Österreicher, also die Männer –, die Österreicher lehnen den Genderwahnsinn allgemein ab, deswegen soll nicht gegendert werden (Abg. Amesbauer: Genau!): Was ist denn das bitte für eine Argumentation? Hätten wir heute das Frauenwahlrecht, wenn wir darauf gehört hätten, dass Männer damals nicht wollten, dass Frauen wählen dürfen? Wie würde es denn mit der Rassentrennung in Amerika ausschauen, wenn das nicht – entgegen Umfragen, die es in der Bevölkerung gegeben hat – überwunden worden wäre? Was ist denn das bitte für eine haarsträubende Argumentation in diesem Hohen Haus? Da kann ich mir echt nur an den Kopf greifen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Kucharowits und Oxonitsch.)

Abschließend: Statt Nebelgranaten zu werfen und sich sehr öffentlichkeitswirksam dem rechten Kulturkampf tatsächlich auch mit einer Verve zu widmen, gegen Doppelpunkte, gegen Sternchen, gegen Unterstriche und Großbuchstaben zu kämpfen, stünde es echt allen Parteien hier im Hohen Haus gut an, ihre Energie auf jene Themen zu lenken, die wirklich wichtig sind, das heißt: bessere Rahmenbedingungen für eine gerechtere, für eine selbstbestimmtere und auch für eine sicherere Zukunft für unsere Töchter, für unsere Nichten und auch für unsere Enkelinnen herbeizuführen. Das – und nicht dieser rechtspopulistische Kulturkampf – sollte insbesondere auch angesichts der furchtbaren Femizide der vergangenen Tage in unser aller Fokus stehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.25

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.