13.09

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!

Ja selbstverständlich, ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass auch uns die Liveübertragung von Untersuchungsausschüssen ein großes Anliegen ist. Wir hätten sehr gerne schon früher angefangen, daran zu arbeiten, und sind sehr froh darüber, dass der Prozess jetzt so gut läuft. Es finden dazu – das hat auch Kollege Hanger schon festgehalten – sehr konstruktive Gespräche auf Referent:innenebene statt, und ich denke, auch die Herangehensweise, dass man Expert:innen dazuholt, ist eine sehr richtige. Dass dieser Prozess aber dauert, ist auch klar, denn es gilt, diffizile Interessen abzuwägen: Auf der einen Seite steht der Persönlichkeitsschutz, auf der anderen Seite das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Dieses Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist, denke ich, die treibende Kraft oder das, was uns daran am meisten bewegt, warum es so wichtig ist, Untersuchungsausschüsse live zu übertragen.

Es ist ja grundsätzlich so: Wenn das nicht passiert, wenn sich nicht jeder selbst ein Bild davon machen kann, was dort gesprochen wird und wie sich Personen dort präsentieren, dann passiert genau das, was in der Vergangenheit passiert ist, nämlich dass die Personen, die im Ausschuss waren, dann rausgehen und ihre eigenen Geschichten erzählen. Diese eigenen Geschichten kann man dann aufnehmen und bewerten, aber man kann sich nie einen eigenen Eindruck machen. Und ich denke, der eigene Eindruck ist das Wichtigste an dieser Sache.

Ich dachte, das wäre der große Unterschied zu Gerichtsverfahren, denn Gerichtsverfahren sind öffentlich. Bei Gerichtsverfahren kann man sich entweder selbst reinsetzen und sich ein Bild machen oder man kann auf das vertrauen, was objektive Beobachterinnen und Beobachter über diese Verfahren erzählen. Ich musste aber – und ich muss sagen, das hat mich wirklich sehr tief betroffen gemacht – in der letzten Zeit erfahren, dass es die Tendenz gibt, auch über Gerichtsverfahren eigene Erzählungen zu verbreiten.

Diese eigenen Erzählungen werden zum einen im Sinne einer eigenen Verteidigungslinie hervorgebracht. Das ist vollkommen in Ordnung und soll so sein und muss und darf auch immer so sein, aber wenn diese Linie insinuiert, dass es hier in Österreich politisch gesteuerte Gerichtsverfahren gibt (Abg. Hörl: Ist ja so!), so ist das brandgefährlich. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Niemand – auch nicht hochrangige politische Persönlichkeiten, seien sie Altkanzler der Republik, seien sie Abgeordnete im Hohen Haus (Abg. Totter: Aber Naheverhältnisse sind auch nicht in Ordnung!) – darf hier in Österreich den Eindruck erwecken, Politik  wäre politisch gesteuert (Abg. Hörl: Das ist Realität!), denn das ist so gefährlich, dass es die Justiz tiefgreifend zerstören kann. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Die Justiz wird über kurz oder lang das letzte Bollwerk sein, das uns vor Autoritarismus schützt. Deshalb gilt es, die Justiz nicht zu zerstören. Ich sage Ihnen: Wenn man anfängt, auch von hohen Ämtern und aus Positionen heraus, die eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit haben, Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte auf einer persönlichen Ebene anzugreifen, aufgrund von Sachverhalten, die auf gerichtlichem Wege verhandelt werden – es gibt über alles Entscheidungen, wir leben in einem Rechtsstaat, Gerichte entscheiden über rechtliche Fragen –, wenn wir anfangen, diese Dinge politisch zu bewerten, politisch zu verwenden und politisch zu framen, dann riskieren wir unsere Demokratie, dann riskieren wir unseren Rechtsstaat. (Abg. Totter: Naheverhältnisse sind gefährlich! Auch das ist gefährlich!)

Wir können noch so viele Millionen in das Justizsystem stecken und noch so viele Planstellen ausschreiben: Wir werden die Menschen, die sich für diese Funktionen zur Verfügung stellen, nicht mehr bekommen, wenn wir nicht aufhören, sie so vorzuführen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

13.13

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.