15.35

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ersten möchte ich einmal festhalten, dass ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe in Österreich tätig sind, meinen Respekt und meine Anerkennung zum Ausdruck bringen möchte. Es sind weit über 100 000 – vor allem auch Mitarbeiterinnen –, die tagtäglich ihre Arbeit leisten.

Herr Kollege Muchitsch, bei allem Respekt dafür, dass man als Spitzengewerkschafter Verbesserungen erreichen will, halte ich überhaupt nichts davon, dass man hergeht und von einem Pflegenotstand redet, wenn bei uns in Österreich im Gesundheits- und Pflegebereich ein System, das von der Qualität her weltweit seinesgleichen sucht, bis in die Regionen hinaus umgesetzt wird. Ich halte das für fahrlässig, ich halte das auch für nicht angebracht. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Warum verunsichern Sie die Menschen in diesem Bereich, wo es doch wirklich eine Systematik gibt, die zwar immer wieder adaptiert werden muss, aber die eine hohe Qualität aufweist?

Zum Zweiten: Dem Bundeskanzler sind das Sozialwesen und die Pflege ein Anliegen (Beifall bei der ÖVP – Abg. Kucher: Das sieht man, das sieht man! Ah so! – Abg. Heinisch-Hosek: Ah so ...!), nur, wenn ihr mit jemandem reden wollt, dann müsst ihr mit mir reden, weil ich da zuständig bin und die Gesetze im Bereich der Pflege und im Bereich des Sozialen seit vielen Jahren regle – übrigens auch mit euch. Eines kann ich schon sagen: Bei den Gesetzen, die wir in den letzten Jahren in dieser Koalition umgesetzt haben, wart ihr nur mäßig dabei oder habt irgendwelche Kritikpunkte gesucht, was euch nicht gepasst hat. Wir haben uns bemüht, obwohl der Bund dafür gar nicht die Zuständigkeit hat.

Im Bereich der Pflege sind eigentlich die Länder mit den Gemeinden und ihren Verbänden, sofern sie da sind, zuständig, dennoch haben wir vor zwei Jahren – noch in der Coronaintensivphase – ein Maßnahmenbündel geschnürt, vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege, weil wir wissen, dass die in der täglichen Arbeit natürlich auch einem besonderen Druck ausgesetzt sind. (Abg. Belakowitsch: War das die Zeit, wo ihr euch so angedirndlt habt’s?) Deshalb haben wir diesen Gehaltsbonus umgesetzt, den ihr dann zerrissen habt, weil ihr gesagt hat: Was ist brutto brutto und was netto? Ich habe nie gesagt, dass die 2 460 Euro nicht brutto brutto sind. Wir haben sie auf die Gehälter draufgegeben, sie sind jetzt im Finanzausgleich abgesichert. Ich habe immer gesagt, dass in diesen beiden Jahren ein Bruttogehalt dazukommt – dieses Bruttogehalt ist bei den Menschen angekommen, es wurde überwiesen und es wird nachhaltig überwiesen, weil es für die nächsten fünf Jahren auch im Finanzausgleich geregelt wird. Da hättet ihr ruhig auch mitstimmen und nicht nur kritisieren können. Wir stehen dafür, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch mehr bekommen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zudem haben wir eine Maßnahme umgesetzt, die im öffentlichen Dienst, im Beamtendienstrecht selbstverständlich ist: dass man ab dem 43. Lebensjahr eine zusätzliche Urlaubswoche, eine zusätzliche Entlastungswoche bekommt. Das ist jetzt für alle geregelt – egal, wann man in den Dienst eingetreten ist, egal, wie viele Vordienstzeiten man hat, es gilt für alle, die im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege arbeiten. (Abg. Muchitsch: Warum bleiben die Leute dann nicht ...? Warum hören die Leute auf?) Wir haben auch sichergestellt, dass allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Zeitguthaben von 2 Stunden im Bereich der Nachtschwerarbeit zugutekommt.

Nun zur Ausbildung, Herr Kollege Muchitsch: Du verfügst im Catamaran des Gewerkschaftsbunds sicher noch über viel genauere Daten als ich. Wir brauchen mehr Personal, das stimmt, wir brauchen mehr Pflegepersonal. Ich sage dann auch, warum wir mehr brauchen. Die Entwicklung in den letzten Jahren geht aber zumindest in die richtige Richtung. Wenn man sich die Entwicklung der unselbstständig Beschäftigten im Bereich von Pflegeheimen und Sozialwesen anschaut – und zwar den Vergleich von 2019 bis 2022, da liegen die Zahlen vor –, dann sieht man in diesem Bereich eine Steigerung von rund 94 000 Kräften bis hin zu 158 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das heißt, das System kann so schlecht nicht sein, wie du und Herr Kollege Kucher es geschildert haben, weil sich sonst nicht mehr Menschen für diese Berufsfelder entscheiden würden – und das tun sie laut dieser Statistik eindeutig. Wir haben zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kucher: Alles super!)

Zum Zweiten lasse ich mir mein Heimatbundesland schon gar nicht schlechtreden – und da habe ich auch die Zahlen nachgesehen, weil Oberösterreich (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Stöger) in diesem Dringlichen Antrag auch erwähnt wird.

Wir haben bei der Teilnehmerzahl bei den Ausbildungen ein Plus. Es ist zwar nicht viel, aber es gibt eine Steigerung von 1 405 auf 1 463. (Abg. Greiner: Warum sind die Betten gesperrt? Was ist die Erklärung, wenn eh alles passt? – Abg. Kucher: Warum sind dann die Betten gesperrt, wenn alles so gut ist? – Abg. Kickl – in Richtung Abg. Kucher –: In Wien! – Abg. Kucher: In Oberösterreich!) Ich frage mich: Was in Gottes Namen reitet Sie, dass Sie hier hergehen und sagen, wir hätten dort weniger Menschen zur Verfügung, als es tatsächlich der Fall ist? (Abg. Greiner: 2 800 Betten gesperrt! – Abg. Kucher: Ihr richtet den Leuten aus, dass sie mehr hackeln sollen, Überstunden machen! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Beifall des Abg. Stark.) Wir bringen mehr Menschen in die Ausbildung, das bestätigen auch die Zahlen.

Ich bin Innviertler, ihr könnt mit mir darüber reden, daheim sagen wir: Wos wiegt, des hot’s. Ich bin aber nicht mehr dabei, wenn ständig ein System krank- und schlechtgeredet (Abg. Kucher: Alles super!) und niedergejammert wird und wenn mit falschen Zahlen agiert wird. Das gehört sich in der Politik nicht, das tut man nicht, das ist auch nicht anständig. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Warum ist es auch so? – Weil wir in der Koalition gemeinsam mit dem Bundesminister nachhaltige Ausbildungsoffensiven gesetzt haben. Wir haben den Bonus von 600 Euro vereinheitlicht; daran habt ihr euch nur mäßig beteiligt. Wir sind stundenlang, auch mit den Sozialreferentinnen und -referenten der Länder, zusammengesessen, damit wir etwas Einheitliches zusammenbringen, damit nicht einer 150 Euro, einer 350 Euro und einer 450 Euro zahlt. Es gibt stattdessen einheitlich bis zu 600 Euro durch diesen Ausbildungsbonus.

Das Pflegestipendium – 1 400 Euro pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter pro Monat – hat übrigens auch etwas bewirkt. – Kollege Muchitsch, du solltest einmal aufpassen! (Abg. Heinisch-Hosek: Er passt schon auf! – Abg. Prinz: Dann kennt er sich wieder nicht aus!) Wenn du schon 20 Minuten redest, dann höre vielleicht auch einmal zu! Es gehört sich auch von dir als Spitzengewerkschafter, dass du den anderen Parteien zuhörst, wenn wir über diese Dinge diskutieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Durch das Pflegestipendium, das mit 1. 1. 2023 eingeführt wurde, konnten bereits mehr als 3 500 arbeitslose Personen in Pflege- und Sozialberufen eine Ausbildung starten. Das ist genau das, was ihr als sozialdemokratische Partei immer wollt, dass wir genau dort hineingehen und sozusagen Menschen aus der Arbeitslosigkeit in die Sozial- und Gesundheitsberufe und in den Pflegebereich bringen. Das passiert damit. 3 500 sind sogar mehr, als du im ersten Satz deiner Entschließungsantragsformel schreibst. Du schreibst da, dass um mindestens 3 000 Plätze erhöht werden soll. – Es sind sogar 3 500, also: Geliefert, Herr Kollege Muchitsch, wenn du das so haben möchtest. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. – Zwischenruf des Abg. Schroll.)

Des Weiteren hat die Regierung natürlich auch für die pflegenden Angehörigen zu Hause etwas umgesetzt. Es ist ja enorm wichtig, dass auch die Pflege und Betreuung zu Hause unterstützt wird. Zigtausende Menschen wünschen sich, in den eigenen vier Wänden in Würde altern zu können. Wir haben den Pflegebonus eingeführt. Und ich mache mich nicht darüber lustig, dass Menschen, die diese Betreuungsaufgaben übernehmen, 1 500 Euro pro Jahr bekommen. Das ist kein Gehalt, es ist eine Wertschätzung. Es ist ein Zeichen der Anerkennung dessen, dass man sich die Zeit für nahe Angehörige nimmt und die Menschen auf diesem Weg begleitet. Das ist ein ganz hohes Gut (Abg. Heinisch-Hosek: Pflegestufe 4!), das wir in unserer Gesellschaft haben, und das besonders bei uns, vor allem in den ländlichen Strukturen noch funktioniert. Ich bedanke mich bei all den Menschen, die die häusliche Pflege und Betreuung für ihre näheren Angehörigen übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben den Fördersatz bei der 24-Stunden-Betreuung auf 800 Euro angehoben – auf 800 Euro! – und wir haben die Teilbarkeit in der 24-Stunden-Betreuung eingeführt, damit in diesem Bereich bis zu drei Personen gemeinsam betreut werden können.

Wir haben die Nostrifikationen erleichtert und beschleunigt. Ja, es ist richtig: Wir bringen derzeit Menschen aus Kolumbien, von den Philippinen, aus Vietnam ins Land. Ja, wir haben sie in den letzten Jahren auch aus Rumänien, aus Ungarn, aus unseren östlichen Nachbarländern zu uns gebracht; busweise, zugweise, waggonweise sind sie gekommen. (Abg. Kickl: Was? „Waggonweise“? – Das ist a bissl eine grenzwertige Formulierung!) Und wo sind sie? – Sie sind in unseren Privathäusern und üben die 24-Stunden-Betreuung aus. Das ist die Realität, meine Damen und Herren. Wir haben deshalb einige Tausend Menschen aus diesen Ländern bei uns im Land, weil sie einen ganz wertvollen Beitrag für unsere zu pflegenden Menschen leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben außerdem das Pflegegeld valorisiert, und zwar nicht nur einmal in all den Jahren, Herr Kollege Muchitsch. Wir haben es jetzt jährlich valorisiert und in den letzten beiden Jahren ist das Pflegegeld um 15,5 Prozent angehoben worden – einmal um 9,7 Prozent und jetzt um 5,8 Prozent. Wenn also die Sozialdemokratie hier die großen Errungenschaften der Neunzigerjahre anspricht, dann ist das vergleichbar mit dem Zustand ihrer Partei: Das ist nicht das, was sich die Menschen eigentlich erwarten. Stattdessen setzen wir die Maßnahmen, die sich in den Geldtaschen der Menschen wiederfinden und die sie auch spüren. (Ruf bei der SPÖ: ... bis 2017 gearbeitet in der Pflege!) Das ist auch zu Recht so umgesetzt worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zu guter Letzt, Herr Kollege Muchitsch: Es ist der Treppenwitz der Geschichte, die generelle Arbeitszeitverkürzung zu fordern. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wissen Sie überhaupt, was Sie damit auslösen? Sie haben richtig gesagt: Jetzt haben wir schon sehr viele Teilzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeiter im Bereich der Pflege. (Abg. Kucher: Ja, was heißt das? Denen die Staatssekretärin ausrichtet, dass sie zu faul sind!)

Zum einen: Ich bin von eurer Fraktion bis zum Gehtnichtmehr gescholten worden, als wir im Jahr 2018 die Arbeitszeit geändert haben. (Abg. Leichtfried: Ihr habt den 12-Stunden-Tag eingeführt ...! – Zwischenruf des Abg. Stöger. – Abg. Leichtfried: Die 60-Stunden-Woche habt ihr eingeführt, darauf könnt ihr stolz sein!) Dabei haben wir eigentlich die völlige Flexibilität für die Sozialpartner geschaffen, damit diese sich in den Kollektivverträgen bewegen können, wie sie wollen, was zum Beispiel die Sozialwirtschaft auch macht. In der Steiermark gibt es etwa eine 36-Stunden-Woche, es gibt die Kürzungen in diesem Bereich, das ist ja auch alles gut und richtig, da haben wir  ihnen die völlige Flexibilität gegeben.

Ich kenne auch überhaupt niemanden, der sich heute über die Arbeitszeitänderungen beschwert oder darüber schimpft. Das ist Flexibilität und was wir damals umgesetzt haben, ist das, was sich die Menschen im Grunde gewünscht haben. Das wirkt heute und das kann auch zu positiven Änderungen führen. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist nicht immer alles nur grauslich, weil man glaubt, es sei so.

Ich möchte zur Arbeitszeitverkürzung aber schon einen Satz sagen und ich muss nicht studiert haben, damit ich das kapiere: Wenn wir die Arbeitszeit jetzt für alle reduzieren, obwohl wir sowieso schon einen Fachkräftemangel haben, weil die demografische Entwicklung es erfordert und weil so viele Menschen in dem Bereich zu Recht auch in Teilzeit arbeiten wollen, dann verschärfen wir da die Situation. (Abg. Heinisch-Hosek: Vielleicht möchten sie mehr!) Wenn wir dann noch weniger Stunden haben, als jetzt schon, dann werden wir die Situation verschärfen. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!)

Sie sind außerdem unglaubwürdig, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, denn weder in der Löwelstraße noch im SPÖ-Klub, noch im Gemeindeamt in Traiskirchen und auch nicht im Catamaran ist eine 32-Stunden-Woche umgesetzt. (Abg. Kucher: Weil es nicht nur um uns geht, sondern um die Menschen: Das ist der Unterschied zur ÖVP!) Sie stellen sich hierher und fordern das ein und predigen es, aber in den eigenen Häusern arbeiten die Leute genauso wie überall anders in den Betrieben. (Abg. Heinisch-Hosek: Schreien Sie nicht so!) Das ist unglaubwürdig und daher ist es auch unredlich, dies hier einzufordern! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

15.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Muchitsch hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte sehr. (Ruf bei der SPÖ: Das werden zehn Berichtigungen! – Abg. Kucher: Die Rede solltest in einem Krankenhaus einmal erzählen: mehr hackeln! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)