16.02

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Die große Katastrophe im Pflegebereich, die hat Andreas Babler gestern verkündet, und jetzt dürfen wir hier stehen und über Pflege sprechen. Was ehrlich gesagt wirklich eine große Katastrophe ist, ist aber das Schneckentempo, das schon vor neun Jahren noch mit SPÖ-Zuständigkeit für diesen Bereich eingesetzt hat. Geändert hat sich viel zu wenig, und auch die damaligen Bedingungen haben sich nicht verändert. Deshalb ist es ein bisschen ironisch, dass die Lösungsvorschläge der SPÖ einerseits nicht neu sind und andererseits nur zu einem sehr kleinen Teil zu einer Behebung des Problems führen.

Katastrophen herbeizureden hilft unseren großartigen Pflegekräften keinen Schritt weiter, Pflege braucht bessere Arbeitsbedingungen. Es freut uns, dass die SPÖ das endlich auch so sieht, und es freut uns noch mehr, dass sie auch die Inhalte aus unseren Anträgen abgeschrieben hat.

Ja, Pflege hat viele Gesichter, und all diese Facetten brauchen eigene Lösungen. Schade ist nur, dass die SPÖ trotzdem nur einen einzigen Aspekt herausgegriffen hat, um Lösungen vorzuschlagen.

Pflege im Krankenhaus und im Altersheim ist individuell und braucht ein gutes Betreuungsverhältnis. Damit wir nicht länger sinnlose Diskussionen und einen Wettkampf zwischen den Bundesländern haben, braucht es einen einheitlichen Personalschlüssel. Egal, ob ich in Vorarlberg oder im Burgenland auf einer Station arbeite, ich kann immer nur eine bestimmte Anzahl an Menschen qualitativ hochwertig betreuen. Da brauchen wir einheitliche Standards. Was wir auch brauchen, ist Verständnis dafür, dass Pflege persönlichen Kontakt braucht. Die Arbeit am und mit dem Patienten braucht Zeit und ist körperlich und emotional anstrengend. Dafür gibt es aber de facto kaum Unterstützungssysteme, auch nicht in den Krankenhäusern, die in SPÖ-geführten Bundesländern betrieben werden.

Auch in diesen Bundesländern haben wir verschobene Operationen und Bettensperren, weil beispielsweise auf einer Kinderintensivstation Pflegekräfte fehlen. Auch in diesen Bundesländern haben wir Probleme mit der Ausbildung, weil wir zu wenig Ausbildungskräfte haben. Was sagt uns das? – Dass auch in diesen Bundesländern zu wenig Entwicklungspotenzial für Pflegekräfte vorhanden war und sie nicht in Fachspezialisierungen gehen konnten. Sie haben dann entweder frustriert durchgehalten und weiter ihre Dienste gemacht, oder aber, und das ist bei vielen sehr wahrscheinlich, sie arbeiten nicht mehr in der Pflege.

Wenn wir Glück haben, sind manche dieser Pflegekräfte in die mobile Pflege gegangen und arbeiten jetzt unter viel Zeitdruck und in relativ eng gefassten Kompetenzbereichen. Oder noch schlimmer: Sie haben die Weisung bekommen, Patienten weiterzuschicken.

Was es in der mobilen Pflege aber immer noch nicht gibt, ist eine ordentliche Anerkennung von Pflege. Gut ausgebildete Pflegekräfte brauchen immer ärztliche Anweisungen, und es gibt keine Bereitschaft der Versicherungsträger, Pflege als Gesundheitsleistung zu sehen.

Da kann die SPÖ jetzt gerne mehr Kilometergeld für Pflegekräfte fordern, aber wie wäre es mit einer echter Anerkennung für diese Arbeit? Sie haben einige Parteikollegen in den Versicherungen sitzen. Dort könnte man auf einen Pflegeleistungskatalog hinarbeiten. Stattdessen beschränken Sie sich in Ihren Forderungen auf Trostpflaster wie Kilometergeld, und betreiben damit genau das, was Sie der Regierung vorwerfen, selbst, nämlich PR-Shows. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Diesner-Wais.)

Sie fordern eine Gehaltserhöhung für die Pflege. Den Teil bekommen die Bundesländer ja noch hin. Die Entlohnung für Pflege fängt in vielen Bereichen mit der niedrigsten Ausbildung und ohne Berufserfahrung bei rund 30 000 Euro Jahreseinkommen an. Das entspricht in etwa dem Meridianeinkommen des Landes, und somit ist die Pflege ganz gut bezahlt, gefühlt aber eben nicht im Hinblick darauf, was die Pflege so anstrengend macht. Sie gehen aber nicht auf diese Schwierigkeiten ein.

Als einfache Lösung fordern Sie die Anerkennung als Schwerarbeit. Ich verrate Ihnen etwas: Pflege ist in einigen Bereichen Schwerarbeit. Das sagen Sie aber nicht gerne, denn dann wäre die Forderung natürlich nicht so gut zu verkaufen und Sie können sie damit indirekt auch mit einem früheren Pensionsantritt verbinden. Ein früherer Pensionsantritt bringt aber keiner einzigen Pflegekraft etwas, wenn sie dann bereits mit drei Bandscheibenvorfällen und zwei Burnouts in Pension gehen muss. Die Lösung ist also klar: echte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und echte Entlastung.

Pflegekräfte sind nicht das Auffangnetz in Krankenhäusern und Pflegeheimen und dazu verdammt, Nachtdienstperson, Pflegekraft, Physiotherapeut und Putzfrau in einem zu sein – und im Idealfall auch noch die Einschätzung zu treffen, ob ein Arzt oder eine Ärztin notwendig ist.

Auch die Digitalisierung wäre von Vorteil, um Bürokratieabbau zu gestatten und den Pflegekräften zu ermöglichen, direkt am Bett mit dem Arzt gemeinsam Diagnosen zu schreiben. Wir behandeln die Pflegekräfte wie vorhin beschrieben, und das, obwohl die SPÖ in einigen Krankenhäusern die Mehrheit der Eigentümer stellt, obwohl die SPÖ das auch herausverhandeln könnte und obwohl die SPÖ auch in der Kasse auf Verbesserungen bei der mobilen Pflege hinwirken könnte.

Hören sie auf mit der Showpolitik, gerade jetzt! Wir haben seit zehn Jahren – und wahrscheinlich länger – die gleichen Probleme im Gesundheitssystem und in der Pflege. Statt Überschriften zu produzieren, sollten wir endlich wirklich die realen Probleme angehen, uns um eine gute Ausbildungen kümmern, um echte Weiterbildungschancen und Entwicklungspotenziale im Beruf. Es geht um gute Arbeitsbedingungen für die körperliche und psychische Gesundheit.

Der Staat ist schon jetzt der größte Arbeitgeber in der Pflege, und gerade die Frage der Arbeitsbedingungen sollten wir deshalb mit gemeinsamen Bemühungen auch so hinbekommen, auch ganz ohne Forderungen, die nichts im Parlament zu suchen haben, sondern einfach indem öffentliche Arbeitgeber sich da vernünftig entscheiden. Wir haben in Österreich zuständige Landesräte der ÖVP und der SPÖ. Helfen sie uns in den Bundesländern, in denen sie mitentscheiden, dabei, und hören sie mit der Überschriftenpolitik auf! Das haben Österreichs Pflegekräfte und auch die, die wir aus dem Ausland holen, einfach nicht verdient. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.