16.30

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Beginnend mit dem Antrag der SPÖ: Ich muss leider Gottes leicht schmunzeln, irgendwie ist die Diskussion eine etwas scheinheilige. Ich nehme jetzt das Bundesland Kärnten heraus; ich war selbst Sozialreferent dieses Bundeslandes. In 15 Jahren haben Sie es nicht geschafft, das Gesundheitssystem dort zu korrigieren und all Ihre Forderungen umzusetzen.

Ganz im Gegenteil, das ist heute das Bundesland, das den meisten Abgang in Gesamtösterreich fabriziert. Das heißt, Sie schaffen es, im Gesundheitsbereich jedes Jahr 360 Millionen Euro minus zu machen – das sind 5 Milliarden Schilling. Sie schaffen es trotzdem, dass Sie dort 300 Leute, Ärzte und Pflegerinnen, auf der Straße haben, weil Sie überhaupt keine Versorgung im gesamten Gesundheitsbereich zusammenbringen.

Das ist Ihre sozialistische Politik, die Sie in Kärnten betreiben (Beifall bei der FPÖ) – und Philip (in Richtung Abg. Kucher) geht dann noch her und sagt, weil die FPÖ irgendwo propagiert, dass sie viele Überstunden oder Sonstiges auf die Tagesordnung schreibt, ist sie jetzt überhaupt nicht in der Lage, ihre Projektpakete anzubieten.

Ich sage Ihnen, was wir seit 2017 angeboten haben, und ich sage Ihnen, was wir im Jahr 2017 umgesetzt haben, als wir Regierungsverantwortung gehabt haben, nämlich die Pflegelehre. Ich weiß, das wollen Sie nicht hören, weil es nicht in Ihre Strukturen hineinpasst, weil es auch nicht in Ihre Betriebsratssysteme hineinpasst, aber das ist ein Ansatz dafür, wie man hinkünftig in Österreich die Pflege erhalten kann, das aufbauen kann: nämlich mit einer Lehre, bei der dafür Sorge getragen wird, dass man in seinem angestammten Beruf verbleibt, auch in weiterer Folge motiviert ist, die Versorgung sicherzustellen.

Die Versorgung kann man aber nur dann sicherstellen – und da sitzen heute wahrscheinlich viele Vertreter aus diesem Bereich –, wenn man die Leute auch dazu motiviert. Was ist mit der Pflege, mit dem Pflegesystem in den letzten Jahren passiert? – Sie haben ja sozusagen schleichend verhindert, dass man in diesem Bereich wirklich positiv arbeiten kann. Den Pflegeschlüssel haben Sie in keinster Weise nur einmal anzupassen überlegt.

Ich sage Ihnen: Sogar das Bundesland Salzburg ist nicht in der Lage, überhaupt einen Pflegeschlüssel anzubieten. Stellen Sie sich das einmal vor! Das heißt, man hat nicht einmal eine Möglichkeit, dass man sich aussuchen kann, welcher Qualitätsversorgung man in Salzburg unterliegt, weil es dort gar keinen Pflegeschlüssel gibt. Man weiß gar nicht, was dort passiert.

Das haben Sie alles schleichend vernachlässigt, nicht nur auf SPÖ-Seite, sondern auch auf ÖVP-Seite. Sie haben es in weiterer Folge auch nicht zusammengebracht, die innere Struktur der Pflegeausbildung zu verbessern. Weil Sie heute Deutschland zitiert haben: Deutschland ist hergegangen und hat jede Krankenschwester verpflichtet, eine Verblisterung durchzuführen. Wissen Sie, was das bedeutet? – Das sind Hunderte, Tausende Stunden im Monat, dass eine Krankenschwester nicht am Abend dasitzen muss und jede einzelne Pille für den alten Pflegling – oder den zu pflegenden Alten oder den zu versorgenden Alten – einpacken muss. Das hat Deutschland gemacht. Das war eine Einsparung von 800 Millionen Euro pro Jahr. In Österreich machen wir das nicht. In Österreich sitzt am Abend die Krankenschwester da und muss jede einzelne Pille für jeden Einzelnen zu Pflegenden einpacken.

Zweiter Punkt: Dokumentation. Wir akademisieren alles im Bereich der Pflege. Da ist die SPÖ absoluter Vorreiter – von der Kindergartentante bis hin zu sonstigen Sozialpädagogen (Abg. Koza: Kindergartentante gibt es keine mehr!)–: Es muss alles akademisiert werden, denn das ist das große Um und Auf. Wir brauchen Titel – Magister und Sonstiges. Das ist heute offensichtlich noch das letzte Überbleibsel aus der K.-und-k.-Monarchie, dass man halt Titel in dieser Republik Österreich haben muss.

Was Sie aber nicht geschafft haben: Sie schaffen es nicht, die Dokumentation zu vereinfachen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die bestgeführte Dokumentation in Gesamteuropa hat derzeit Ostdeutschland – Ostdeutschland! Warum? – Weil Altbundeskanzler Kohl hergegangen ist und seinerzeit gesagt hat: Wir machen einen neuen Ansatz in der Pflege, die Dokumentation wird auf I-Pads durchgeführt! (Abg. Schwarz: Wo hat der Kohl ...?) – Der Pfleger geht zu einem Bett, das wird dokumentiert. In 2 Sekunden ist es erledigt, die Pflege zu dokumentieren. Bei uns sind das Tausende Stunden. Das heißt, das ist alles hausgemacht.

Dann komme ich zum dritten Problem des Herrn Ministers – weil er gerade gesagt hat, wir müssen ja alle von draußen reinnehmen –: Das mag schon sein, wenn wir das System so beibehalten. Mich wundert ja nur bei den Grünen: Auf der einen Seite kann es euch bei der Energiepolitik nicht schnell genug gehen, da müssen wir unabhängig von allen anderen sein – weg von Russland –, wir dürfen ja keine Energie mehr von außen nehmen und sollen zu 100 Prozent autark sein, wofür wir auf der anderen Seite wieder Jahrzehnte brauchen können (Abg. Lukas Hammer: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!), und wenn diese Jahrzehnte eingehalten werden, dann holen wir uns auf der anderen Seite 100 000 Vietnamesen und 100 000 Kolumbianer und alle herein – aber Hauptsache, wir schaffen die Ausbildung der eigenen Leute nicht. Also bitte, wie fadenscheinig und scheinheilig führen Sie diese Diskussion betreffend Pflege? (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie vernünftig sind, dann besinnen Sie sich eine Sekunde dahin gehend, was letztendlich auch die Pflegeberichte zum Inhalt gehabt haben: nämlich dass wir dorthin zurückgehen, wo Pflege wirklich essenziell, tagtäglich bei 950 000 Menschen in Österreich stattfindet, und zwar zu Hause. Da ist unser Modell der Pflegescheck, und den sollten Sie vielleicht umsetzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.