11.24

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu – was Wohnen betrifft, läuten die Alarmglocken, die Zeit wird knapp für all die Dinge, die von der Bundesregierung angekündigt worden sind. Wo bleibt die große Wohnrechtsreform? Die Mieten sind zuletzt über 25 Prozent gestiegen, Bau und Errichtung von Wohnimmobilien sowohl im Sozialbereich als auch im privaten Bereich sind de facto zum Erliegen gekommen. Viele Menschen können sich das Wohnen und das Leben nicht mehr leisten; die hohen Wohnkosten sind ein wesentlicher Faktor.

Als SPÖ haben wir einen Mietenstopp gefordert, der ist aber von der Bundesregierung niedergestimmt worden. (Abg. Leichtfried: So sind sie!) Die Bundesregierung hat – ganz im Gegenteil! – die Erhöhung der Mieten um 2,5 Prozent für heuer und auch für das nächste Jahr festgeschrieben. Diese Erhöhungsgarantie für Vermieter nennt die Bundesregierung Mietpreisbremse – ich nenne sie Mietentempomat. (Beifall bei der SPÖ.)

Gewissermaßen als Notbremse wird heute noch ho ruck eine Leerstandsabgabe beschlossen, aber leider nur in der Form, dass der Bund seine Verantwortung an die Länder abgibt. Das ist schade, denn hätte die Bundesregierung – wie wir das auch immer gefordert haben – das Wohnpaket verhandelt, wäre sicher eine große Lösung möglich gewesen.

Mit dem Wohnbaukonjunkturpaket fördert die Regierung unter anderem die Errichtung von Einfamilienhäusern. Das Motto der Grünen lautet offenbar: In Zeiten wie diesen – Asphalt auf der Wiesn. Dabei vergisst die Bundesregierung auf jene, die tatsächlich große Probleme haben, nämlich auf die Häuslbauer mit ihren variablen Zinsen. Aus diesem Grund fordern wir einen Zinsdeckel für diese Kredite bis 300 000 Euro in der Höhe von 3 Prozent. Als SPÖ sagen wir Ihnen aber auch, wo das Geld herkommen soll: Sie bräuchten nur die Übergewinne der Banken zu besteuern. Damit wäre allen Häuslbauern geholfen und niemand müsste höhere Steuern zahlen.

Abschließend sei noch erwähnt, dass es bei der Immobilienkrise nicht nur Verlierer gibt, nämlich die Mieterinnen und Mieter, sondern auch Gewinner: Viele Immospekulanten hat die Politik der Bundesregierung zu Immobilienmillionären gemacht. Daher erneuern wir unsere Forderung nach einer Millionärssteuer, damit auch diese Menschen etwas zum Allgemeinwohl beitragen. Dazu bringe ich folgenden Antrag an:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rekordteuerung für die Menschen, Rekordgewinne bei den Banken. Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen einzigen Preis“

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen 4-Wände und mehr Gerechtigkeit im österreichischen Steuersystem bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere,

- Das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine drauffolgende, jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2%.

- Die Einführung eines Zinspreisdeckels von maximal 3% für alle Häuslbauerkredite bis zu einer Kreditsumme von 300.000 €, finanziert durch die Abschöpfung von zumindest ⅓ der Übergewinne der Banken aus den Jahren 2022 und 2023 in Höhe von insgesamt 11,3 Mrd. €.

- Die Einführung einer Mindestverzinsung in Höhe von derzeit 3% für alle Bankkundinnen- und kunden bis zu einem bestimmten Einlagenbetrag. Als Vorbild dafür dient das französischen Modell: ,Livret A.‘

- Die Einführung einer Millionärsabgabe sowie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer für Millionenerbschaften ab 1 Mio. €; dabei ist jeweils ein zusätzlicher Freibetrag für das Eigeneheim in Höhe von 1,5 Mio. € vorzusehen.“

*****

Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Philip Kucher, Mag. Ruth Becher

Genossinnen und Genossen

Betreffend: Rekordteuerung für die Menschen, Rekordgewinne bei den Banken. Das Wohnpaket der Regierung senkt keinen einzigen Preis

eingebracht am 17. April 2024 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 3944/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (2511 d. B.)

Österreich ist nach wie vor das Land mit der höchsten Inflationsrate in Westeuropa. Seit mehr als einem Jahr belegt Österreich diesen unrühmlichen Platz.  Besonders stark von Preissteigerungen sind Mieterinnen und Mieter aber auch Häuslbauerinnen und Häuslbauer betroffen. Die Mieten sind in den Jahren seit Ausbruch der Teuerungskrise teilweise um 25% oder sogar mehr gestiegen und durchschnittliche Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer müssen dabei zuschauen wie Banken Milliardengewinne einfahren und gleichzeitig ihre monatlichen Kreditkosten explodieren. Was macht die Regierung? Sie sieht zu. Der von der SPÖ seit längerem geforderte echte Mietenstopp hätte dazu geführt, dass sich sowohl die jährliche Inflationsrate von 2023, als auch die monatlich bekannt gegebenen Inflationsraten abgeschwächt hätten. Stattdessen legte die Regierung am 30. August 2023 dem Nationalrat einen sogenannten Mietendeckel vor, der eine Begrenzung des Anstiegs bei den gesetzlich vorgegebenen Mieten in den nächsten drei Jahren von 5% pro Jahr vorsieht. Die rund 500.000 Wohnungen im freien, nicht preisregulierten Mietsektor wurden und werden von der Regierung überhaupt nicht berücksichtigt. Hier handelt sich aber um die teuersten Wohnungen, die durch die automatischen Teuerungsklauseln in ihren Mietverträgen in den letzten eineinhalb Jahren um bis zu 25% teurer geworden sind. Der von der Regierung vorgelegte Mietendeckel garantiert den Vermietern daher weiterhin Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter. Dabei würde die Einführung eines echten Mietpreisdeckels der öffentlichen Hand keinen Cent kosten – es würde nur die steigenden Einnahmen der Immobilienwirtschaft, die sich durch das Nichts-Tun der Regierung in den Jahren 2022 und 2023 über ein Inflationseinnahmeplus von rund 1 Mrd. € freuen durfte, begrenzen.

Die Mieterhöhungen sorgen aber weiterhin für höhere Inflationsraten, das ist nicht nur ein Schaden für die betroffenen Mieterinnen und Mieter, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Viele Experten und Expertinnen, wie etwa WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, forderten daher auch einen Ausstieg aus der Indexierungsautomatik. Es braucht aber insgesamt ein neues System. Ein System mit klaren Mietobergrenzen sowie einen neuen Index für die Mietpreisentwicklung, wie etwa die Orientierung am EZB-Leitzinssatz mit einer Deckelung von 2% p.a.

Die österreichische Rekordteuerung sowie der Anstieg der Zinsen führen gemeinsam mit den stark gestiegenen Baukosten zu einem dramatischen Einbruch in der Bauwirtschaft. Neubauprojekte wurden stark zurückgefahren und immer weniger Menschen können sich Eigentum schaffen. Daran werden auch das von der Regierung in die Wege geleitete Wohnbaupaket sowie die zur Beschlussfassung anstehende Leerstandsabgabe wenig ändern. Verbesserungen wären daher auch für die laufenden Wohnbaukredite notwendig. Rund 500.000 Haushalte leiden unter den bereits abgeschlossenen variablen Krediten. Für diese Menschen ist es unabdingbar einen Zinspreisdeckel in der Höhe von 3% einzuführen. Die dafür notwendigen zusätzlichen Mittel könnten über die vorhandenen Übergewinne der Banken locker finanziert werden.

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Die österreichischen Banken konnten ohne Risiko ihren Gewinn im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt von 6 bis 6,5 Mrd. € mehr als verdoppeln. Nimmt man als Basis eines langjährigen Vergleichs großzügige 6,5 Mrd. € als „normalen“ Gewinn des Bankensektors, beträgt der Übergewinn im Jahr 2022 3,7 Mrd. € und im Jahr 2023 7,6 Mrd. €. Für beide Jahre ergibt sich dadurch eine Gesamtsumme an Übergewinnen von 11,3 Mrd. €. Würde man nur ⅓ der Übergewinne durch eine Sonderabgabe abschöpfen, ließe sich für mindestens 5 Jahre ein Zinspreisdeckel für alle Häuslbauerinnen und Häuslbauer finanzieren.

Die Banken konnten diese absurden Gewinne nur erwirtschaften, weil sie im Vorfeld der Teuerungskrise vielen Kundinnen und Kunden zum Abschluss eines variablen Kredits geraten haben. Gleichzeitig haben sie zwar die Kreditzinsen, nicht aber die Sparzinsen erhöht. In anderen Ländern wäre das gar nicht möglich. In Frankreich sind alle Banken verpflichtet für alle Kundinnen und Kunden bis zu einem Betrag von rund 20.000 € eine Mindestverzinsung für Spareinlagen zu garantieren. Diese wird in Frankreich vom Finanzministerium festgesetzt und beträgt derzeit 3%. Es ist für die Menschen in Frankreich daher nicht notwendig, sich bei kleinen Sparbeträgen permanent neue Angebote von Online-Banken auszusuchen, die günstigere Zinsen bieten. Ältere Menschen werden durch dieses System sowieso benachteiligt. Sie haben oft ihr ganzes Leben gespart, haben aber nicht das nötige Know-How um sich durch den Online-Dschungel zu wühlen. Sie sind davon abhängig, dass sie auch auf das klassische Sparbuch vernünftige Zinsen bekommen. Das ist aber derzeit überhaupt nicht gewährleistet.

Es ist unerträglich, dass die ÖVP-geführte Regierung dabei zusieht wie Banken und Immobilienwirtschaft Milliarden an leistungslosen(!) Zusatzgewinnen machen und Millionen von Menschen in Österreich unter nicht mehr finanzierbaren Preisen und Zinsen fürs Wohnen leiden. Die Zahlen zeigen: Es gibt auch Profiteure der Teuerungskrise. Dazu zählen etwa jene Menschen, die sehr viele Immobilien besitzen und diese vermieten oder Menschen, die im Besitz großer Aktienpakete von Banken sind. Es ist die Politik, die die Regeln vorgibt. Es ist die Politik der Regierungsparteien diesen Zustand zu akzeptieren. Andere Länder machen vieles anders. In Portugal und Spanien, in der Schweiz oder in Frankreich werden Mietpreise begrenzt. In Frankreich müssen Banken allen Sparerinnen und Sparern ein Sparbuch mit einer Mindestverzinsung von 3% anbieten – gesetzlich verpflichtet. Im Ergebnis bedeutet dies auch: In Frankreich sind sowohl die Zinsgewinne der Banken kleiner als auch die Steigerungen der Mieteinnahmen für die Immobilienwirtschaft. Millionenvermögen werden sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz – nach OECD Vergleich – höher besteuert, als in Österreich. Dafür wird Arbeit in Österreich besonders hoch besteuert. All das sind keine Naturgesetze. Es sind politische Entscheidungen! Wir brauchen einen Politikwechsel in Österreich. Eine Politik für Menschen, nicht für Banken oder Immobilienkonzerne.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen 4-Wände und mehr Gerechtigkeit im österreichischen Steuersystem bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere,

•          Das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine drauffolgende, jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2%.

•          Die Einführung eines Zinspreisdeckels von maximal 3% für alle Häuslbauerkredite bis zu einer Kreditsumme von 300.000 €, finanziert durch die Abschöpfung von zumindest ⅓ der Übergewinne der Banken aus den Jahren 2022 und 2023 in Höhe von insgesamt 11,3 Mrd. €.

•          Die Einführung einer Mindestverzinsung in Höhe von derzeit 3% für alle Bankkundinnen- und kunden bis zu einem bestimmten Einlagenbetrag. Als Vorbild dafür dient das französischen Modell: „Livret A.“ 

•          Die Einführung einer Millionärsabgabe sowie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer für Millionenerbschaften ab 1 Mio. €; dabei ist jeweils ein zusätzlicher Freibetrag für das Eigeneheim in Höhe von 1,5 Mio. € vorzusehen.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Maria Böker. – Bitte.