11.30

Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseher und Zuhörerinnen! Bis 2030 sollen die Treibhausgase gegenüber 2005 um 36 Prozent gesenkt werden, auch der Bodenverbrauch auf 2,5 Hektar – zumindest steht es so im Regierungsprogramm. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein und bis 2050 vollständig aus der fossilen Energiewirtschaft ausgestiegen sein.

Was hat das alles mit der Leerstandsabgabe zu tun? – Ich möchte hier ganz andere Aspekte ansprechen.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir an ganz vielen Schrauben drehen, und eine dieser Schrauben sind die Gebäude und das Bauen generell. Laut Statistik Austria gibt es in Österreich 230 000 leer stehende Wohnungen, in denen ungefähr 350 000 Menschen Platz hätten – eine sehr abstruse Situation, wenn man bedenkt, dass 40 Prozent der CO2-Emissionen auf die verbaute Umwelt zurückgehen und 75 Prozent der österreichischen Abfälle aus dem Bausektor kommen.

Wir haben mit der Leerstandsabgabe auch in diesem Bereich – nebst den anderen bereits genannten Argumenten – einen großen Hebel, um diese Ziele zu erreichen. Fünf Punkte möchte ich besonders hervorheben:

Erstens: Leerstandsaktivierung bedeutet, den hohen Bodenverbrauch zu reduzieren, und dabei müssen die Erhaltung, das Sanieren und das Weiterbauen Priorität vor Neubau haben.

Zweitens: Leerstandsaktivierung ist auch das Mittel – das wurde auch von Kollegen Leichtfried angesprochen –, um Dörfer, Orts- und Stadtzentren wieder zu beleben. Der Wildwuchs an den Ortsrändern muss aufhören.

Drittens: In diesen wiederbelebten Ortskernen können viel mehr Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden und damit kann der CO2-Ausstoß durch den motorisierten Individualverkehr stark verringert werden.

Viertens: Die katastrophale Zersiedelung wird damit im „Land der Äcker“, wie es in unserer Bundeshymne so schön heißt, gestoppt werden.

Fünftens: Die graue Energie, die die vorhandene Substanz, die bestehenden Bauteile in sich haben, kann direkt in goldene Energie – heute spricht man von der goldenen Energie – umgewandelt werden. Ressourcen werden somit durch das Weiterverwenden eingespart.

Wir brauchen Platz in unseren Köpfen für neues Denken für diese Transformation im Baubereich, für aktives Leerstandsmanagement, für Reparieren statt Abbrechen, für Umbau und Weiterdenken statt Neubau. Zugleich müssen wir uns auch davon verabschieden, Ästhetik nur mit Glattem und Perfektem zu verbinden. Wir müssen Ästhetik auch im Zusammenhang mit nicht so Glattem und nicht so Perfektem sehen, denn die Welt ist auch nicht so perfekt.

Die Leerstandsabgabe kann also auf vielen Ebenen wirken. Ob diese Wirkung eintritt, liegt nun in der alleinigen Kompetenz der Bundesländer, aber ich bin guter Hoffnung, da doch alle – und das wird immer wieder auch hier von diesem Rednerpult aus besprochen – an einem enkelfitten Planeten interessiert sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bogner-Strauß.)

11.33

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.