11.20

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich auf das Gesagte eingehe, möchte ich mit einem Zitat beginnen. Wir haben ja das Nationale Klimaschutzkomitee, das leider in den letzten Monaten nicht tagen konnte, und deshalb hat der wissenschaftliche Beirat dieses Komitees sowohl an die Umwelt­ministerin als auch an die Bundeskanzlerin eine umfassende Stellungnahme gesandt, in der er erklärt, warum wir derzeit unsere österreichischen, unsere euro­päischen und unsere internationalen Ziele verpassen.

Ich habe mir das angesehen und einen Passus gefunden, den ich jetzt auch vorlesen möchte, denn: Warum diskutieren wir, worum geht es eigentlich in der Sache? – Es geht um die physikalische Realität des Klimawandels: „[...] unsere Erde gibt fort­dau­ernd weniger Wärmestrahlungs-Energie zurück in den Weltraum ab als sie an Son­nenstrahlungs-Energie herein bekommt.“ Die Energie, die sozusagen hereinkommt und nicht mehr herausgeht, übersteigt das Zwanzigfache des Weltenergiebedarfs pro Jahr. „Rund 90 % dieser Energie erwärmen die Weltmeere mit allen Folgen. Die verblei­benden immer noch riesigen Mengen lassen die polaren Eisschilde und Gletscher abschmelzen, erwärmen Land und Luft und rufen all jenen Folgewirkungen hervor, die wir gemeinhin unter Klimawandel verstehen“.

Für Österreich ganz konkret bedeutet das im Übrigen, wenn wir nur das 2-Grad-Ziel oder ein 3-Grad- oder 4-Grad-Ziel erreichen, jeweils eine Verdoppelung, weil wir im inneralpinen Raum tatsächlich deutlich schwerere Folgen des Klimawandels haben werden als weltweit.

Jetzt gibt es diese Eingebung der Wissenschaft und es gibt sie jedes Mal aufs Neue, und wenn ich jetzt auf die Vorrednerinnen und Vorredner schaue und zuhöre und versuche, sie ernst zu nehmen, dann krieg’ ich wirklich solche Kabel – bei dem, was eine ÖVP von sich gibt, wenn sie sagt: Wir müssen den Hausverstand einschalten!, der im Übrigen die letzten 12 000 Tage, glaube ich, nicht eingeschaltet war. Wie wollen wir einer ÖVP mit Hausverstand vertrauen, wenn sie die Naturwissenschaften nicht be­rücksichtigt? (Beifall bei den NEOS.)

Im Übrigen unterstelle ich den Freiheitlichen da nicht viel, denn die sind gerade, die haben immer gesagt, sie tun sich recht schwer mit dem Klimawandel (Abg. Kickl: Nicht mit dem Klimawandel!) und haben dementsprechend auch dafür gesorgt, dass die Emissionen wieder steigen. Bei der Sozialdemokratie ist es besonders lässig, die entdecken plötzlich, wenn sie in die Opposition kommen, dass es den Klimawandel wirklich gibt. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Sie waren, abgesehen von acht oder neun Jahren, die letzten 25 Jahre ebenfalls durchgehend in der Regierung. Sie haben nichts gemacht.

Österreich ist innerhalb der Europäischen Union, von 28 Mitgliedstaaten, auf Platz 23. Wir sind eines von fünf Ländern, in dem die Emissionen im Vergleichszeitraum zu 2005 gestiegen sind – 1 Prozent Zunahme der Emissionen. Wie schaut es bei anderen Staaten in West- und Mitteleuropa aus? – Wir haben da: Dänemark minus 36 Prozent, Großbritannien minus 30 Prozent, Schweden, Deutschland, Litauen, Lettland, bis auf fünf Staaten haben tatsächlich alle einen deutlichen Emissionsrückgang. (Abg. Kickl: Großartig! Und wie machen die ihre Energie?!) Österreich ist neben Zypern, Spanien und Kroatien eben am Schluss dabei.

Das alles haben ÖVP, FPÖ und SPÖ in den letzten Dekaden zu verantworten. Wir verpassen die Ziele unseres eigenen Klimaschutzgesetzes – die, die wir uns selbst gesteckt haben, verpassen wir. Normalerweise müsste eine Regierung dann nach­bessern – die letzte Bundesregierung und die jetzige haben das nicht getan. Sie verstoßen damit gegen aufrechte Gesetze.

Wir verpassen unsere eigenen europäischen Ziele, die wir selbst mitverhandelt haben, die wir für richtig und sinnvoll erachtet haben und die noch nicht einmal reichen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Wir müssten deutlich mehr machen, um die Pariser Ziele zu erreichen. Wir machen aber nicht einmal das, was sich die Europäische Union selbst vorgenommen hat.

Jetzt kommen wir dann aber auch dazu, dass es ja Beiräte gibt. Es gibt einen Natio­nalen Klimaschutzbeirat, wo die Vertreter der Parteien, der NGOs, der Wissenschaft drinnen sitzen, die ja quasi als beratende Stimme eine Bundesregierung beraten sollen. Was macht man ab dem Moment, ab dem ein Gesetz quasi nicht mehr ein­gehalten wird? – Man beruft den Beirat einfach nicht mehr ein. Die Stellungnahmen, die dann von der Wissenschaft und von allen anderen hereinkommen, werden ignoriert – von gewählten Regierungen wie auch von eingesetzten Regierungen. Die Opposition wird ignoriert. Wenn wir gute Vorschläge machen, wurden wir von der ÖVP ignoriert, wir wurden von der SPÖ ignoriert und von der FPÖ wurden wir für gewöhnlich ausgelacht. All das, dieses Bild zeigt auch der Nationale Energie- und Klimaplan. Die Bundesministerin für Umwelt und Nachhaltigkeit hatte den Mut, genau diese Niederlage zu verschriftlichen und uns auch zuzuleiten.

Was hätten wir gerne, was bräuchte es? – Es bräuchte ein Gesamtpaket dahin gehend, dass wir einmal Transparenz, eine Klimatransparenz brauchen. Wo stehen wir? Wo müssen wir hin? Was ist zu tun? Dafür braucht es zuallererst ein CO2-Budget. So, wie wir ein jährliches Finanzvolumen an Mitteln haben, das wir zur Verfügung haben, braucht es auch das Gleiche für die Emissionen. Wir haben ja internationale Vereinbarungen, wir haben ja auch Strafzahlungen, wenn wir sie nicht einhalten, also brauchen wir im Nationalrat ein entsprechendes CO2-Budget, jährlich verhandelt, beschlossen, und alle müssen sich daran halten. (Beifall bei den NEOS.)

Das Gleiche gilt – weil wir ja föderal sind, ob wir wollen oder nicht – auch für die Bun­desländer, und es sollte in Wirklichkeit auch für alle Gemeinden gelten.

Es gibt noch ganz viel, was meine Kollegen Schellhorn und Shetty nachher noch sagen werden, denn meine Redezeit ist leider beinahe schon am Ende. Ich möchte nur noch zwei Punkte herausstreichen: Das eine ist, dass wir alle umweltschädlichen Förde­rungen ab dem nächsten Jahr stoppen sollten. Der Staat sollte kein Geld mehr dafür ausgeben, dass wir unsere eigenen Ziele nicht erreichen und dann Strafzahlungen leisten. Und ganz klar: Wenn wir ein CO2-Budget mit einer jährlichen Reduktion be­schließen, dann gilt für uns Liberale beim CO2-Budget das Gleiche wie bei den Finanz­mitteln: ein Nulldefizit ist das Ziel. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Weratschnig.)

11.26

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.