15.17

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident – zum zweiten Male heute! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kennen Sie dieses Formular? (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.)  Das konkret ist jetzt aus Oberösterreich. (Abg. Belakowitsch: Ich kann es nicht einmal lesen!) – Vermutlich viele nicht. Es ist nämlich ein Formular, mit dem man um finanzielle Unter­stützung für Schulveranstaltungen ansuchen kann; hinten muss die Schule unter­schreiben. Das ist ein Formular, das bei vielen Kindern und Jugendlichen Scham, Exklusion und Stigmatisierung durch andere hervorruft. (Abg. Kickl: Das kenne ich noch aus Zeiten der sozialistischen Regierungsbeteiligung!)

Viele Kinder und Jugendliche in Österreich sind nach wie vor von Armut betroffen oder bedroht, konkret sogar jedes fünfte. (Abg. Kickl: Eine Errungenschaft der sozialis­tischen Sozialpolitik!)  Herr Kollege Kickl, wenn Sie zum Beispiel der Bundesjugend­vertretung zugehört hätten: In der letzten GP, das war 2018, hat es nämlich eine wirklich hervorragende Kampagne mit dem Titel „Armut ist kein Kinderspiel“ gegeben. (Abg. Belakowitsch: In den Jahren davor!) – Ich rede von dieser Studie, die eben 2018 von der Bundesjugendvertretung herausgegeben wurde. (Abg. Kickl: Hat alles einen Vorlauf!) Als gesetzlich verankerte Vertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich, glaube ich, kann man ihr durchaus auch zuhören. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schallmeiner.)

Auch gestern hat die Bundesjugendvertretung gemeinsam mit dem Kinderrechte­netz­werk eine Pressekonferenz veranstaltet und auf dieses Thema hingewiesen, denn eines muss man schon sagen: Die letzte Bundesregierung – Türkis-Blau – hat auf jeden Fall noch verschärfend auf die Kinderarmut gewirkt, und zwar durch die am Vor­mittag schon angesprochene Indexierung der Familienbeihilfe, durch den ungerechten Familienbonus und vor allem durch die Kürzung der Mindestsicherung beziehungs­weise Sozialhilfe Neu, denn als Familie mit mehreren Kindern bekommt man ab dem dritten Kind nur mehr 1,50 Euro. Eine der vier Vorsitzenden der Bundesjugend­ver­tretung, Caroline Pavitsits, hat gesagt, Kinder werden aufgrund der Anzahl ihrer Geschwister ungleich behandelt. – Das ist eigentlich total unverständlich und absurd. 1,50 Euro, wie soll man davon leben und auch wirklich Zukunftschancen bekommen? Ich kann das nicht nachvollziehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Deswegen haben wir zum Thema Kinderarmut einen Siebenpunkteplan eingebracht, und ich lade auch gerne die Freiheitliche Partei ein, mitzustimmen – falls es für Sie wirklich so ein Herzensthema ist, denn die Zuseherinnen und Zuseher vor den Bild­schirmen bekommen es ja nicht mit, aber es gibt durchaus ein bisschen Aufregung bei den Freiheitlichen –, wenn es wirklich auch um konkrete Maßnahmen geht. Es geht einerseits um gratis gesundes Essen, um die tägliche Turnstunde. Es geht darum, Kindern auch wirklich kostenfreien und ausreichenden Zugang zu diagnostischen und therapeutischen Leistungen zu garantieren, es geht um die Verdoppelung des Schul­startgeldes und eben die vorhin angesprochene Rücknahme der Kürzungen bei der Sozialhilfe.

Eines sei Ihnen versichert, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in dieser Gesetz­ge­bungsperiode bleiben wir dran, wenn es heißt: Kinderkostenanalyse Neu – bringen wir sie endlich ins 21. Jahrhundert! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte wirklich an Sie appellieren, wir können dieses Thema nicht mehr länger auf die lange Bank schieben, denn jede Minute und jeden Tag, den wir einfach nur zu­warten, berauben wir Kinder um Zukunftschancen, um Teilhabemöglichkeiten. Soziale und gesellschaftliche Teilhabe werden verbaut, ob beim Sportverein, ob bei Schul­veranstaltungen oder einfach nur bei Treffen mit Freundinnen und Freunden. In der Kinderrechtskonvention, die heuer ihr 30-jähriges Bestehen feiert, steht geschrieben, dass jedes Kind das Recht hat, in einer sicheren Umgebung ohne Diskriminierung zu leben, Zugang zu medizinischer Versorgung und Ausbildung zu erhalten und ein Mitspracherecht bei Entscheidungen, die sein eigenes Wohlergehen betreffen, zu haben. Ich glaube, das ist wirklich unfassbar wichtig.

Die Bundesregierung hat sich jedenfalls im Jänner 2020 einem Hearing vor der UNO zu stellen, und ich bin mir sicher, dass die Empfehlungen nicht ausschließlich positiv ausfallen werden. Wahrhafte Bekämpfung der Kinderarmut sieht anders aus. Wir hier im Hohen Haus tragen massive Verantwortung, und – das möchte ich auch noch sagen – es genügt nicht, in der vorweihnachtlichen Zeit etwas zu spenden, sondern wir müssen die Verantwortung, die wir heute im Hohen Haus tragen, auch ernst nehmen, sie wahrnehmen und Kinderarmut tatsächlich mit Maßnahmen bekämpfen und besei­tigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der 30. Geburtstag der UN-Kinderrechtskonvention sollte uns auf jeden Fall Anlass genug sein, um Kinderrechte ernst zu nehmen, und vor allem auch Anlass sein, nicht ruhig hier zu sitzen und Ungerechtigkeiten zu akzeptieren. Kinderrechte dürfen keine Rechte zweiter Klasse bleiben. Als SPÖ werden wir nicht müde, das zu betonen und den Finger in die offene Wunde zu legen – am 20. November, genauso wie heute und vor allem auch darüber hinaus. Allen Kindern alle Chancen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.