16.18

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FPÖ stellt, wie hier eben schon diskutiert, einen Antrag auf Aberkennung der Staatsbürgerschaft für Öster­reiche­rinnen und Österreicher, die sich einer Organisation, einer bewaffneten Gruppe angeschlossen haben, mit Stoßrichtung Islamischer Staat.

Dieser Antrag ist unserer Meinung nach aus mehreren Gründen eine gravierend schlechte Idee zu einem Thema, das eigentlich eine sehr ernste Frage beinhaltet, nämlich: Wie gehen wir mit Menschen um, die ihrem Land derart den Rücken kehren, und eignet sich der Verlust der Staatsbürgerschaft zur Terrorismusbekämpfung?

Um das zahlenmäßig noch einmal in den Kontext zu stellen: Laut dem Verfas­sungs­schutzbericht vom Ende des Jahres 2018 sind dem BVT 320 Personen bekannt, die aus Österreich stammen und aktiv am Dschihad in Syrien und im Irak teilgenommen haben oder teilnehmen wollten. 58 Personen kamen in der Region ums Leben, 93 Per­sonen sind wieder retour und stehen in Österreich vor dem Richter. Da sind die Gerichte und Staatsanwaltschaften sehr aktiv, so aktiv sie bei den budgetären Schwie­rigkeiten sein können – Stichwort stiller Tod der Justiz nach der letzten Bundes­regie­rung.

107 dieser Personen dürften sich laut BVT noch im Kriegsgebiet befinden, und um diese Personen geht es in diesem Antrag. Auch wenn es sich dabei nicht um viele handelt, ist es trotzdem eine ernsthafte Problematik.

Das Problem ist jetzt aber, dass die FPÖ in ihrem Antrag die Aberkennung der Staats­bürgerschaft auch für Personen vorsieht, die dann staatenlos werden. Die Staaten­losigkeit versuchen wir aber mit internationalen und auch europäischen Abkommen, Herr Kickl, zu vermeiden. Und diese europäischen Abkommen haben Sie in Ihrem Antrag nicht berücksichtigt. Staatenlose fallen dann durch jeden rechtlichen Raster, und davon hat niemand etwas, weder die betroffenen Krisenregionen noch wir. Was machen wir dann mit einer staatenlosen Person, die vielleicht doch wieder retour nach Österreich kommt, weil sie hier Familie hat, weil sie hier Freunde hat und es schafft, zurückzukehren? Mit dieser haben wir dann noch zusätzlich das Problem der Staatenlosigkeit, und abschieben kann man eine solche Person, wie Kollege Mahrer schon ausgeführt hat, dann nicht mehr – wohin denn? (Abg. Kickl: Als Österreicher können Sie ihn auch nicht abschieben!)

Die Staatenlosigkeit von solchen radikalisierten Menschen und auch deren Kindern – und um die geht es auch – schafft mehr Probleme, als sie löst.

Richtig wäre unserer Meinung nach, internationale Abkommen einzuhalten, Beweise an den Schlachtorten zu sichern – darum kümmert sich Europol, so gut es geht –, die Staatsbürger und Staatsbürgerinnen durch Geheimdienste und europäische Partner­dienste im Auge zu behalten und, wenn sie zurückkommen, ihnen im Sinne des Rechtsstaates den Prozess zu machen, Deradikalisierungsmaßnahmen zu setzen. Es gibt auch die Maßnahme der Meldepflicht, der Beobachtung potenzieller Gefährder – dafür braucht man wieder ein effektives BVT, Herr Kickl.

Führende Terrorismusexperten wie Peter Neumann warnen immer wieder davor, dass Personen, die Staaten aus den Augen verlieren, weil sie nicht kontrolliert zurückgeholt werden oder weil wir ihnen den konsularischen Schutz verweigern und deswegen den Kontakt verlieren, gefährlicher für uns sind, weil sie dann unkontrolliert und ohne unser Wissen zurückkommen. Und wer weiß dann, was sie im Schilde führen? – Wir wissen es dann nicht.

Dieser Antrag der FPÖ ist daher für uns ein Schaustück blauer Symbolpolitik im Sicherheitsbereich. Eine solche Maßnahme klingt aufs Erste gut, wie viele FPÖ-Vor­schläge, so, als würde man es damit irgendjemandem wirklich zeigen, aber sie bringt nicht mehr Sicherheit, sondern weniger. Daher werden wir NEOS uns dagegen aus­sprechen. (Beifall bei den NEOS.)

16.22