Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, schö­nen guten Morgen! Österreich war aufgrund seiner Nachbarschaft zu Italien eines der ersten Länder in Europa, in welchen das Coronavirus ausgebrochen ist. In der Zwischen­zeit gibt es über acht Millionen bestätigte Coronafälle und über 440 000 Todesfälle.

In Österreich – im Unterschied zu vielen anderen Ländern der Welt – ist die Infektions­welle so rasch nach unten gegangen wie in kaum einem anderen Land. Sie haben mit Ihren besonders guten internationalen Kontakten, wie zum Beispiel zu Südkorea oder zu Israel, viele Informationen nach Österreich geholt, sodass es Ihnen möglich wurde, sehr rasch Maßnahmen zu setzen, die in Österreich viele Tote vermieden haben. (Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried. – Abg. Meinl-Reisinger: Ischgl! Italien!) Wie eine inter­nationale Studie zeigt, sind es sogar 66 000 Tote weniger, als wir sonst zu erwarten ge­habt hätten.

Herr Bundeskanzler, meine Frage lautet:

4/M

„Wie funktioniert der Austausch mit den anderen EU-Staaten während der Corona-Krise?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Mittlerweile funktioniert er wieder auf einem sehr guten Niveau. Es wird hoffentlich im Juli erstmals wieder einen physischen Europäischen Rat geben. In den letzten Monaten fand dieser selbstverständlich nur über Videokonfe­renz statt. Was die Bewältigung der Krise betrifft, bin ich sehr froh, dass wir als Bun­desregierung einerseits auf Experten in Österreich gesetzt haben, andererseits aber auch auf den Austausch mit Singapur, Südkorea und anderen, die uns rechtzeitig ge­warnt und gute Hinweise gegeben haben, wie zum Beispiel jenen zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz, das wir eingeführt haben, bevor es noch eine WHO-Empfehlung dazu gab, was sich als sehr, sehr zielführend erwiesen hat.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerstl? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, Sie haben den Aus­tausch innerhalb der EU-Staaten angeschnitten. Ein wichtiger Diskussionspunkt ist da­bei, dass wir innerhalb der Europäischen Union versuchen, auch alle Länder, die von Corona besonders betroffen sind, zu unterstützen. Sie haben immer die Haltung ver­treten, dass ein Nettozahlerland, so wie Österreich, nicht dazu da ist, um die Schulden anderer Länder abzudecken, sondern dass es, wenn man eine Hilfsmaßnahme zu Co­rona setzt, wichtig ist, dass diese treffsicher und zeitlich befristet ist. Können Sie uns sagen, wie die derzeitigen Verhandlungen für diesen Wiederaufbaufonds in Europa stehen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Was gut gelungen ist, ist, dass wir sehr schnell den ESM aufgestellt haben, also direkt Liquidität für Staaten sicherzustellen, die besonders hart von der Krise getroffen worden sind. Was gut funktioniert hat, war, dass wir ge­meinsam mit dem Gesundheitsministerium und den Bundesländern auch Coronapa­tienten aus anderen Ländern behandelt haben, dass wir Masken und andere Schutzaus­rüstung in die Balkanstaaten und auch andere Staaten geschickt haben, um diese zu unterstützen. Was den Recoveryfund betrifft: Da laufen die Verhandlungen nach wie vor ergebnisoffen. Die Positionen sind teilweise sehr unterschiedlich. Ich hoffe, dass am Ende des Tages ein Kompromiss möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Krainer. – Bitte.