Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Vielfach ist in den letzten Wochen festgehalten worden, dass die Covid-19-Pan­demie bestehende Ungleichheiten und Diskriminierungen wie durch ein Vergrößerungs­glas aufzeigen würde. Eine dieser Diskriminierungen oder Ungleichheiten ist, dass Frau­en auch im Jahr 2020 noch mit zahlreichen Benachteiligungen am Arbeitsmarkt kon­frontiert sind: Sie verdienen um 20 Prozent weniger als Männer, fast jede zweite Frau ist teilzeitbeschäftigt und von den vollzeitbeschäftigten Frauen ist jede dritte im Niedriglohn­sektor tätig.

Nicht nur während der Coronakrise sind Frauen Trägerinnen der Gesellschaft, die unse­re Systeme am Laufen halten und dazu beitragen, dass wir auch Krisen gut überstehen können, ob das im Lebensmittelhandel, in der Produktion, im Pflege- und Sozialbereich oder in Frauenhäusern ist. Frauen tragen mehrheitlich die wichtigsten Systeme, ohne entsprechend entlohnt zu werden. Daran anknüpfend meine Frage, Herr Bundeskanzler, an Sie:

13/M

„Welche Maßnahmen planen Sie, um die von Ihnen angekündigte Aufwertung der sys­temrelevanten Berufe (wie z. B. Pflege- und Sozialberufe, Versorgung, Reinigung etc.) umzusetzen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Also zunächst einmal möchte ich Ihnen recht geben, Frau Abgeordnete, dass in sehr vielen der systemrelevanten Berufe Frauen tätig sind. Oftmals sind das Frauen, die nebenbei noch eine Familie haben, Kinder großziehen oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern. Es sind nicht nur Frauen, es sind auch Männer, aber überproportional sind es Frauen, und ihnen gebührt unser großer Dank.

Es ist aber auch wichtig, dass man von diesen Berufen ordentlich leben kann und dass möglichst viel auch netto überbleibt. Ich bin daher froh, dass wir uns schon während der Krise in der Bundesregierung darauf verständigt haben, dass Bonuszahlungen und Zula­gen bis zu 3 000 Euro steuerfrei sind (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl), damit diese Bonuszahlungen auch wirklich netto bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Beispiel von Supermarktketten ankommen.

Darüber hinaus haben wir uns als Bundesregierung jetzt dazu entschlossen, ein Entlas­tungsprogramm durchzuführen, nämlich die Senkung der untersten Progressionsstufe der Lohn- und Einkommensteuer, inklusive einer Negativsteuer für Personen (Abg. Hei­nisch-Hosek: 100 Euro!), die keine Einkommensteuer in Österreich bezahlen. Ich hoffe sehr, dass das Geld einen Beitrag dazu leistet (Ruf bei der SPÖ: Sicher nicht!), dass diesen Menschen, die einen sehr, sehr wichtigen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten, auch mehr zum Leben bleibt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? Frau Abgeordnete, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Ich habe eine Zusatzfrage, ich wollte nur den Applaus abwarten und nicht unterbrechen, weil es ja auch schön ist, wenn einmal applaudiert wird.

Mit der Zusatzfrage komme ich noch einmal auf die Geringverdienerinnen zurück: Die Steuererleichterungen sind jetzt ein Schritt. Welche nächsten Schritte wären aus Ihrer Sicht denkbar?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Also ich glaube, dass es wichtig ist, natürlich alles zu tun, damit die Menschen, die ihre Jobs verloren haben beziehungsweise in Kurzarbeit sind, jetzt möglichst rasch wieder in volle Beschäftigung zurückkommen. Gerade wenn es weniger Arbeitsplätze gibt, sind oft die gering ausgebildeten Niedrigverdiener dieje­nigen, die als Allererste betroffen sind.

Darüber hinaus gibt es natürlich die Möglichkeit, bei Lohnverhandlungen zwischen den Sozialpartnern gerade auch in wirtschaftlich guten Zeiten entsprechende Steigerungen zustande zu bringen. Was wir als Bundesregierung, glaube ich, tun sollten, ist, unseren Weg der Entlastung auf allen Ebenen – gerade für geringe Einkommen – weiterzugehen, damit diesen Menschen, die hart arbeiten, ein bisschen mehr zum Leben bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordnete Ecker. – Bitte.

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Herr Bundeskanzler, arbeitende Menschen in systemrelevanten Berufen starten oft mit einer Lehrlingsausbildung oder mit einem Lehrgang und entsprechenden nicht gut bezahlten Praktikumszeiten, sehr oft aufgrund des hohen Frauenanteils danach auch mit einem Einkommen im unteren Durchschnitt des Lohnniveaus.

Sehen Sie da eine Möglichkeit des Einwirkens – mit entsprechendem Nachdruck Ihrer­seits – auf die Sozialpartner, um genau diese Lehrlingsentschädigungen beziehungswei­se diese geringe Bezahlung der Praktikumsstunden monetär signifikant zu erhöhen, um eine sukzessive nachhaltige Erhöhung des Lohnniveaus anzustoßen und sicherzustellen?

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Ich glaube, mittelfristig haben Sie absolut recht, und Sie sprechen da einen wichtigen Punkt an. Allerdings sind wir jetzt gerade mit der Situa­tion konfrontiert, dass wir alles tun müssen, damit es nicht zu wenig Lehrstellen für die jungen Menschen in unserem Land gibt. Wir versuchen daher als Bundesregierung, jetzt einmal mit einem Bonus Lehrstellen zu unterstützen, damit nicht die Krise dazu führt, dass es viele junge Menschen gibt, die nicht die Möglichkeit haben, eine Lehre oder eine ordentliche Berufsausbildung zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte.