10.35

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und liebe Zuse­her! Auch ich habe in letzter Zeit mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und mit vielen Gemeindevertreterinnen und -vertretern geredet, aber das Einzige, was ich da ehrlich gesagt nicht gehört habe, wäre (erheitert): „Gust, damit können wir was anfan­gen!“ (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Vielleicht ist das ein Innviertelspezifikum; im Hausruckviertel war es schon wieder ein bisschen anders.

Was aber wahr ist und worin wir uns, wie ich glaube, alle einig sind, worum es geht, ist wirklich, dass die Kommunen im Augenblick einen Ausfall von 2 Milliarden Euro im Jahr haben. Das ist natürlich sehr dramatisch. Wenn man mit den Gemeindeverantwortlichen redet, dann wird man darin bestärkt: Das ist ein verdammt großes Loch und das muss man irgendwie füllen. Deswegen finden wir es ja prinzipiell auch gut, dass jetzt dieses Paket von der Regierung erarbeitet wurde, dass man 1 Milliarde Euro auflegt.

Das hat positive Aspekte – da bin ich dabei –: Investitionszuschüsse von 50 Prozent, Ersatzinvestitionen und Sanierungen, auch die ganz, ganz wichtige Wiederbelebung der Ortskerne, die darin festgeschrieben ist, und natürlich auch Förderung von ökologischen Maßnahmen oder auch die Kinderbetreuung. Das macht alles Sinn, da sind wir dabei, das unterschreiben wir auch sofort. Was wir aber bemängeln, ist – wie man auch schon bei den Hilfspaketen für die Unternehmerinnen und Unternehmer gesehen hat –: Es ist wieder kompliziert, und man weiß am Ende des Tages nicht, ob das Geld wirklich abge­holt werden kann.

Warum sagen wir das? – Der eine Punkt ist der: Es braucht eben 50 Prozent Eigenkapi­tal vonseiten der Gemeinden. Im Augenblick haben aber viele Gemeinden echt ein Pro­blem damit, überhaupt die laufenden Kosten irgendwie zu stemmen und abzudecken. Das heißt, daneben noch 50 Prozent für zukünftige Investitionen oder für bestehende Investitionen aufzustellen, fällt vielen schwer.

Jetzt hören wir natürlich: Das geht dann schon auch über andere Förderungen, es gibt auch Förderungen vom Bund oder Förderungen vom Land, die da zusätzlich abgeholt werden können, und dann braucht es weniger Eigenkapital. – Da denke ich persönlich dann wieder: Was ist mit der Transparenz und mit der Effizienz der eingeforderten Gelder? Kommt es wieder zu Doppelförderungen? Wie kann das sehr effizient gemacht werden? Da fehlt wirklich die Transparenz.

Der dritte Punkt: Man sagt – Kollege Angerer hat es ja auch gesagt –, dann sollen die Gemeinden sich halt weiter verschulden. – Das kann man schon sagen. Natürlich kann man in diesen Zeiten, die sehr schwierig sind, durchaus Schulden machen, aber letzt­endlich ist es schon auch so, dass manche Gemeinden das in der Vergangenheit wirklich schon ausgereizt haben. Das heißt, für die ist es nicht leicht, jetzt noch einmal weitere Schulden zu machen, und das ist aus meiner Sicht auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Deswegen wäre es ganz wichtig, dass man ein einfaches und transparentes Paket abschließt, weil es wirklich tragisch ist, wenn viele Gelder vielleicht nicht ankom­men werden.

Wir wissen alle, dass die Gemeinden der Motor am Land sind, dass sie die kleinen Un­ternehmen unterstützen, dass dort für die Wirtschaft wirklich einiges getan wird. Deswe­gen haben wir einen Alternativvorschlag gemacht. Es geht uns darum, dass wir einen Investitionsfonds für die Gemeinden einsetzen möchten, und zwar einen, der dann eben ermöglicht, dass man auch mit sehr geringen Eigenmitteln neue Investitionen tätigen kann. Der Staat soll zusätzliche Anreize schaffen, damit man auch privatwirtschaftlich, mit privaten Investitionen etwas tun kann. Es gibt auch eigentlich schon sehr viele För­derungsmaßnahmen und -pakete, die man verwenden könnte; ich sage nur Förderung von Forschung und Entwicklung, Digitalförderprogramme, die es schon geben würde, die man wirklich gut nützen könnte.

Der letzte Punkt: Die Krise bietet natürlich auch eine Chance. Es gibt jetzt eigentlich auch die Chance, dass man sagt, man geht zu einer weitreichenden Reform des österrei­chischen Steuersystems über. Das System, das wir haben, ist längst überholt. Der Bund nimmt die Steuern ein, dann wird auf Länder und Gemeinden huldvoll verteilt. – Das hat in den letzten Jahrzehnten zu sehr viel geführt, das wissen wir alle, nämlich zu Intrans­parenz, und das ist natürlich teuer. Es ist letztendlich die Verschwendung von Steuer­geld, die dadurch ermöglicht wurde.

Deswegen bringe ich auch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Investitionsfonds für Gemeinden“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufge­fordert, einen eigenen Investitionsfonds (mit entsprechend niedriger Erfordernis der Ei­genkapitalsanteile) für Gemeinden aufzustellen, der laufende und geplante kommunale Investitionsvorhaben sichert und zusätzlich neue kommunale Investitionen ankurbelt, wobei Bund und Länder gemeinsam ein Konzept und eine übergeordnete Planung er­arbeiten und festlegen sollen, um die effiziente Verwendung der Gelder sicherzustellen. Darüber hinaus sollen zusätzliche Anreize zur Ausweitung privater Investitionen durch entsprechende Förderprogramme geschaffen werden. Solche Förderprogramme kön­nen entweder technologieoffen gestaltet sein oder sich auf Bereiche konzentrieren, von denen ein besonders positiver Effekt für die mittel- und langfristige wirtschaftliche Ent­wicklung zu erwarten ist (bspw. FuE-Förderung, Digitalförderprogramme). Des Weiteren soll die Steuerautonomie der Länder sowie Gemeinden erhöht werden. Dabei soll es nicht zu Steuererhöhungen kommen, sondern die Einkommens- und Lohnsteuersätze auf Bundesebene so weit gesenkt werden, dass es den subnationalen Gebietskörper­schaften möglich ist, durch – nach oben hin beschränkte – Aufschläge auf eben diese Steuern autonom Steuern zu erheben.“

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Abschließend auch noch ein Wort zum Thema Transparenz. Worum geht es uns? – Im Prinzip geht es uns darum, dass wir Kennzahlen bekommen, Kennzahlen für die Ge­meinden, damit man zum Beispiel auch Gelder aus solch einem Investitionstopf gerecht und fair aufteilen kann. Und es wäre natürlich ein echter Anreiz, ein erster wichtiger Schritt in Richtung Reform des Finanzausgleichs – darum geht es uns ja eigentlich bei diesem Thema.

Deswegen bringe ich noch einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Geld folgt Transparenz – Transparenzzuschüsse für Gemeinden“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ein Kennzahlensystem bezüglich der Transparenz der Gemeinden zu entwickeln und sämtliche Unterstützungsmaßnah­men seitens des Bundes zur Förderung von kommunalen Investitionen an dieses zu knüpfen. Dabei sollen folgende Kriterien ihre Berücksichtigung finden:

- Veröffentlichungspflicht der Gemeindefinanzen und der Finanzen der Einheiten des öffentlichen Sektors auf Gemeindeebene lt. ESVG 2010, Förderungen sowie der Verga­beentscheidungen bei Auftragsvergaben der Gemeinden

- Mehr politische Partizipation durch Übertragung der GR-Sitzungen und einer Veröf­fentlichung der Protokolle

- Veröffentlichungspflicht von Leistungsdaten zur Daseinsvorsorge (Kinderbetreuung, Schulen, Pflege, Arbeitsstätten, Pendlerströme).“

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Meine Damen und Herren! Man kann natürlich einzelne Punkte diskutieren, das ist ganz klar, aber letztendlich geht es da um die Zukunft. Unsere Konzepte liegen hier auf dem Tisch, und ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie als Bundesminister endlich auch einen klaren Willen zu Veränderungen zeigen würden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.41

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Investitionsfonds für Gemeinden

eingebracht im Zuge der Debatte in der 38. Sitzung des Nationalrats über das Kom­munalinvestitionsgesetz (226 d.b.) – TOP 1

Im Zuge der COVID-19-Krise, dem Einbruch der konjunkturellen Entwicklung und der deutlichen Verschlechterung am Arbeitsmarkt sind Gemeinden einerseits mit erhebli­chen Einnahmenrückgängen und andererseits mit finanziellen Zusatzbelastungen konfrontiert. Daher ist zu erwarten, dass die Gemeinden ihre - gerade zur Konkunktur­belebung so wichtige - Investitionstätigkeit zurückfahren werden. Neben den Einnah­menrückgängen aus den Gemeindeertragsanteilen, die das KDZ und der Gemeinde­bund auf bis zu 10 % schätzt, wirkt sich die Verringerung der Einnahmen aus der Kom­munalsteuer negativ auf die österreichischen Gemeindebudgets aus. Abgesehen vom Rückgang an Beschäftigung und eventuellen Stundungen ist vor allem der starke An­stieg an Kurzarbeit, auf die keine Kommunalsteuer fällig ist, hierfür maßgeblich verant­wortlich.

Da Gemeindeinstitutionen von Kurzarbeit ausgeschlossen sind, ist ein dementsprechen­des kostensenkendes Gegensteuern in diesem Bereich kaum möglich. Auch bei den Gebühren ist ein Rückgang der Einnahmen zu verzeichnen, zum Beispiel durch den teil­weisen Entfall von Parkentgelten, Stundungen von Gebühren und Mieten oder den Aus­fall von Tourismusabgaben und Kurtaxen in Tourismusgemeinden. In absehbarer Zeit rechnen Gemeinden auch mit einem deutlichen Anstieg bei den Ausgaben aus der Um­lage für Sozialhilfe und Krankenanstalten. In Summe rechnet der Gemeindebund mit Kosten der Krise von bis zu 2 Mrd. EUR.

Neben entsprechenden Kompensationsmaßnahmen braucht es daher vor allem einen eigenen Investitionsfonds für Gemeinden, der laufende und geplante kommunale Inves­titionsvorhaben sichert und zusätzlich neue kommunale Investitionen ankurbelt. Darüber hinaus sollte der Staat zusätzliche Anreize zur Ausweitung privater Investitionen durch entsprechende Förderprogramme schaffen. Solche Förderprogramme können entweder technologieoffen gestaltet sein oder sich auf Bereiche konzentrieren, von denen ein be­sonders positiver Effekt für die mittel- und langfristige wirtschaftliche Entwicklung zu er­warten ist (bspw. FuE-Förderung, Digitalförderprogramme). Im letzteren Fall sollte unbe­dingt darauf geachtet werden, dass die Ziele des Förderprogramms mit den Interessen der Beschäftigten im Einklang sind.

Mittelfristig braucht es darüber hinaus eine weitreichende Reform des österreichischen Steuersystems. Die von Expert_innen schon seit Jahren wiederholt geforderte erhöhte Steuerautonomie von subnationalen Gebietskörperschaften wurde jedoch bis dato im­mer noch nicht angegangen. In Österreich hebt der Bund Steuern ein – und gibt sie teilweise an Länder und Gemeinden weiter. Diese Transfers verursachen zusätzliche Verwaltungskosten und bringen Länder und Gemeinden in eine passive Empfängerrolle. Sie bekommen Geld, ohne für dessen Einhebung verantwortlich zu sein. Das führt oft­mals zu überhöhten Forderungen an den Bund. Auch im Kontext der derzeitigen Krise wären wir froh, wenn wir in der Diskussion um entsprechende Kompensationsmaßnah­men bereits wesentliche Schritte in Richtung erhöhte Steuerautonomie von Ländern so­wie Gemeinden gesetzt hätten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufge­fordert, einen eigenen Investitionsfonds (mit entsprechend niedriger Erfordernis der Ei­genkapitalsanteile) für Gemeinden aufzustellen, der laufende und geplante kommunale Investitionsvorhaben sichert und zusätzlich neue kommunale Investitionen ankurbelt, wobei Bund und Länder gemeinsam ein Konzept und eine übergeordnete Planung er­arbeiten und festlegen sollen, um die effiziente Verwendung der Gelder sicherzustellen. Darüber hinaus sollen zusätzliche Anreize zur Ausweitung privater Investitionen durch entsprechende Förderprogramme geschaffen werden. Solche Förderprogramme kön­nen entweder technologieoffen gestaltet sein oder sich auf Bereiche konzentrieren, von denen ein besonders positiver Effekt für die mittel- und langfristige wirtschaftliche Ent­wicklung zu erwarten ist (bspw. FuE-Förderung, Digitalförderprogramme). Des Weiteren soll die Steuerautonomie der Länder sowie Gemeinden erhöht werden. Dabei soll es nicht zu Steuererhöhungen kommen, sondern die Einkommens- und Lohnsteuersätze auf Bundesebene so weit gesenkt werden, dass es den subnationalen Gebietskörper­schaften möglich ist, durch - nach oben hin beschränkte - Aufschläge auf eben diese Steuern autonom Steuern zu erheben."

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Geld folgt Transparenz - Transparenzzuschüsse für Gemeinden

eingebracht im Zuge der Debatte in der 38. Sitzung des Nationalrats über das Kommu­nalinvestitionsgesetz (226 d.b.) – TOP 1

Im Zuge der COVID-19-Krise, dem Einbruch der konjunkturellen Entwicklung und der deutlichen Verschlechterung am Arbeitsmarkt sind Gemeinden mit erheblichen Einnah­menrückgängen konfrontiert. Daher ist zu erwarten, dass Gemeinden ihre - gerade zur Konjunkturbelebung so wichtige - Investitionstätigkeit zurückfahren werden.

Vor diesem Hintergrund haben wir NEOS daher die Position vertreten, dass Gemeinden einen eigenen Investitionsfonds benötigen, der laufende und geplante kommunale In­vestitionsvorhaben sichert und zusätzlich neue kommunale Investitionen ankurbelt.

Es ist jedoch besonders wichtig zu betonen, dass dieses an wesentliche Transparenz­kriterien geknüpft sein muss, denn die Gemeindegebarung ist für einen Großteil der Bevölkerung oft nur sehr schwer nachvollziehbar, da die Rechnungsabschlüsse in der Regel mehrere hundert Seiten umfassen.

Daher gilt es, einen klaren Katalog mit Transparenz-Kennzahlen für Gemeinden zu er­stellen. Das BMF muss dafür Sorge tragen, dass die Vergabe der Gelder nicht im stillen Kämmerchen stattfindet und stattdessen hundertprozentige Transparenz garantieren. Anhand dieses Transparenz-Katalogs sollen „transparente“ Gemeinden entsprechende Unterstützung erhalten.

Das ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung Reform des Finanzausgleichs. Denn schlussendlich soll sich der künftige Finanzausgleich stärker an Transparenz-Kennzah­len orientieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ein Kennzahlensystem bezüglich der Transparenz der Gemeinden zu entwickeln und sämtliche Unterstützungsmaßnah­men seitens des Bundes zur Förderung von kommunalen Investitionen an dieses zu knüpfen. Dabei sollen folgende Kriterien ihre Berücksichtigung finden:

•           Veröffentlichungspflicht der Gemeindefinanzen und der Finanzen der Einheiten des öffentlichen Sektors auf Gemeindeebene lt. ESVG 2010, Förderungen sowie der Vergabeentscheidungen bei Auftragsvergaben der Gemeinden

•           Mehr politische Partizipation durch Übertragung der GR-Sitzungen und einer Ver­öffentlichung der Protokolle

•           Veröffentlichungspflicht von Leistungsdaten zur Daseinsvorsorge (Kinderbetreu­ung, Schulen, Pflege, Arbeitsstätten, Pendlerströme).“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kollross, seines Zeichens Bürgermeister. – Bitte.