12.50

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Bundesministerinnen! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einmal mehr behandeln wir einen Tagesordnungspunkt, der sich mit den Auswirkungen der Coronakrise be­schäftigt, diesmal betreffend den Justizbereich. Es geht einerseits um die bereits ange­sprochene Verlängerung von Fristen, andererseits um Änderungen im Berufsrecht der Anwälte und der Rechtsanwaltsanwärter, einschließlich des Disziplinarstatutes, aber auch um die Fristen, was europäische Gesellschaften und Genossenschaften anlangt, und letztlich auch um verwaltungsrechtliche Verfahrensbestimmungen.

Hinsichtlich der Fristen ist schon angeklungen, dass jetzt eine Exekutionsantragstellung für den Unterhaltsvorschuss nicht erforderlich ist, das ist bis 30.6. befristet und soll jetzt bis 31.10.2020 ausgeweitet werden, sodass für jene, die auf einen Unterhaltsvorschuss angewiesen sind, eine vereinfachte Antragstellung prolongiert wird. Auch bei den Fristen für Kreditnehmer – insbesondere was Verbraucherkredite und kleine Unternehmen an­belangt – wird der Fälligkeitstermin, der jetzt der 30.6. ist, auf den 31.10.2020 hinausge­schoben.

Es erfolgt auch eine Anpassung der insolvenzrechtlichen Pflichten, was die Antragstel­lung betrifft. Die europäischen Gesellschaften und Genossenschaften haben nun mehr Zeit, sie können die Hauptversammlungen nicht nur in den ersten sechs Monaten dieses Jahres, sondern bis Ende des Jahres nachholen.

Was das Berufsrecht der Anwälte anbelangt, ist es so, dass es schon Bestimmungen über Briefwahl und Briefabstimmung gibt, allerdings ohne dass eine Plenarversammlung entfallen könnte. Da im Zusammenhang mit den Bestimmungen während der Corona­krise die Abhaltung der Plenarversammlungen schwierig sein kann, ist jetzt dafür Sorge getragen, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, dass die Plenarversamm­lung bei Briefwahl und Briefabstimmung entfallen kann, auch wenn deren Abhaltung in der Geschäftsordnung der Kammer vorgesehen ist. Das ist allerdings befristet, weil es ein wesentliches Recht der Anwälte ist, an Entscheidungsprozessen im Rahmen der Selbstverwaltung teilzunehmen. Es ist also ebenfalls mit Ende des Jahres befristet.

Was diesen Abänderungsantrag betreffend das Berufsrecht der Rechtsanwaltsanwärter anbelangt, verstehe ich das Anliegen und verschließe mich diesem Anliegen auch in keiner Weise. Es ist allerdings so, dass ich nicht davon ausgehe, dass die Standes­vertretungen nicht in der Lage sein werden, eine adäquate Regelung zu finden. Es ist ja bekanntermaßen eine fünfjährige Verwendungszeit für die Ausübung der Anwaltschaft vorgesehen, davon drei Jahre sozusagen als Kernzeit bei einem Anwalt, und für die An­waltsprüfung ist vorgesehen, dass eine dreijährige praktische Verwendung stattfindet, davon zwei Jahre bei einem Anwalt.

Jetzt sage ich: Natürlich ist es unverschuldet, wenn ein Rechtsanwaltsanwärter aufgrund von Kurzarbeit Praxiszeit nicht leisten kann, obwohl er sie leisten will. Andererseits muss auch abgewogen werden, dass es ja einen Sinn hat, dass im Berufsrecht festgelegt ist, dass eine bestimmte Dauer der praktischen Verwendung für die Ausübung der Anwalt­schaft vorgesehen ist. Für mich wäre vorstellbar, dass die Anrechnung der Kurzarbeits­zeit allenfalls auf die Zeiten, die nicht auf die Verwendung bei einem Rechtsanwalt entfallen, möglich sein kann. Man müsste auch über Höchstgrenzen reden, weil es ja, wenn die Kurzarbeit verlängert wird, doch zu einem relativ umfangreichen Teil kommen kann, der angerechnet werden soll. Letztlich muss eines auf jeden Fall das Ziel sein, nämlich die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Ausbildung der Rechtsanwaltsan­wärter auch im Hinblick auf die Anwaltsprüfung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Das heißt, aus meiner Sicht ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wir sollten uns noch näher darüber unterhalten, wie diese Anrechnung erfolgt, in welchem Ausmaß die­se Anrechnung erfolgt. Das sollte dann natürlich auch einheitlich sein, sodass alle Be­rufsanwärter in Österreich dieselben Bedingungen vorfinden.

Ein letztes Wort zum Verwaltungsrecht, weil angeführt wurde, dass die Maskenpflicht entfällt: Aus dem Gesetz wird sie herausgenommen und in die Verordnung verlagert. Ich sehe da kein Problem. Wir haben das in anderen Bereichen genauso geregelt. Es wäre da zu einer Parallelregelung gekommen, das heißt, das ist eigentlich nur eine Flexibilisie­rung. Ich sehe kein Problem darin, dass ein Verhandlungsleiter eine Verordnung statt eines Gesetzes anwendet. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.56

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.