15.53

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Na ja, Frau Klubobmann Rendi-Wagner (Heiterkeit und Rufe bei den Grünen: -frau!), also ich fürchte, dass der Appell, den Sie an den Bundeskanzler gerichtet haben, einmal mehr auf taube Ohren stoßen wird. Das ist ja nichts Neues. Ich glaube, es ist ein hoffnungsloses Unterfangen, an ihn mit den eindringlichen Worten zu appellieren, er möge die Menschen doch nicht im Stich lassen.

Haben Sie jetzt irgendein Wort der Selbstkritik gehört? Haben Sie irgendwo gehört, was man in den vergangenen Monaten hätte besser machen können? – Ich habe kein Wort davon in dieser Rede gehört, außer einen Haufen Selbstlob von Klubobmann Wöginger, der so tut, als wäre alles perfekt gelaufen. – Herr Kollege Wöginger, nicht die Menge macht es aus, sondern die Qualität, und das sollten Sie sich hinter Ihre türkisen Ohren schreiben! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja so – da haben wir alle etwas gemeinsam –, dass der Mensch nur aus der Erfahrung lernt. An Erfahrungen hat es uns ja wirklich nicht gefehlt, davon haben wir ja in diesen letzten Monaten des sogenannten Coronamanagements genügend gemacht. Was sagen uns diese Erfahrungen und was lernen wir daraus? Denken wir gemeinsam nach, Frau Klubobfrau Rendi-Wagner! Wer war es denn, der den Unternehmern über Nacht die Türe ihres eigenen Unternehmens zugesperrt und verhindert hat, dass die Arbeitnehmer am nächsten Tag wieder ihren Arbeitsplatz aufsuchen und dort ihrer Beschäftigung nachgehen können? Wer hat denn dann als Draufgabe noch dafür gesorgt, dass das Epidemiegesetz außer Kraft gesetzt wird, sodass es keinen Rechts­anspruch auf eine Entschädigung gibt? Wer hat seitdem eigentlich die notwendige Sicherheit und Planbarkeit durch Chaos und Unsicherheit ersetzt? Ja wer war denn das? – Das war doch Bundeskanzler Kurz, das lehrt uns doch die Erfahrung, Bun­deskanzler Kurz, der Erfinder der neuen Normalität, in der er sich scheinbar pudelwohl fühlt!

Das jüngste Beispiel für dieses Chaos ist die Coronaampel – Klubobfrau Maurer (Abg. Maurer trägt eine Maske in Regenbogenfarben) trägt die Farben im Gesicht (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der Grünen) –, die Coronaampel, die jüngste Tot­geburt (Zwischenruf der Abg. Maurer) des Krisenmanagements dieser Regierung. Früher war Lotto, heute ist Coronaampel, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

In der Kommission geht es ja zu wie auf einem Basar in Anatolien, wenn es um die Einstufung der einzelnen Regionen geht. (Ruf bei der SPÖ: Na, na!) Wer den besseren Einfluss hat, der kriegt die bessere Einstufung. – Das ist das Gegenteil von effizientem Management!

Ja, und wer war es, der die Hilfe so organisiert hat, dass die Kleinen durch die Finger schauen, aber die Großen, die natürlich einen guten Draht – einen türkisen Draht selbst­verständlich – zu denjenigen haben, die etwas in diesem Krisenmanagement zu reden haben, selbstverständlich bedient werden? Wer war denn das, der dafür gesorgt hat, dass das Parlament keine Kontrolle über die milliardenschweren Hilfspakete hat? Wer war denn das? – Auch das war unser Bundeskanzler Kurz, der Sammler und Schredderer von Millionenspenden von Großunternehmen, von Industrie und von Milliardären.

Zu schlechter Letzt: Wer war denn derjenige, der den Coronaarbeitslosen weitestgehend die kalte Schulter gezeigt hat, weil er bis heute die Verweigerung einer effizienten Erhöhung des Arbeitslosengeldes betreibt, aber dann über Nacht hergeht und Millionen lockermacht, wenn in Griechenland ein paar verrückt gewordene Asylsuchende ihr eigenes Flüchtlingslager anzünden? Dann herzugehen und zu sagen: Ich lasse mich nicht erpressen!, ist eine glatte Lüge, weil Sie sich indirekt erpressen lassen, da die Aufstockung dieses Fonds natürlich nur den Zweck hat, diesen Leuten ein Dach über dem Kopf zu geben, die das ihre selber abgefackelt haben. Auch das ist eine unehrliche Politik. (Beifall bei der FPÖ.) – Auch das war Bundeskanzler Kurz, in diesem Fall derje­nige, der eine eigenwillige Interpretation der Nächstenliebe an den Tag legt.

Ich sage Ihnen, da muss man doch einigermaßen pessimistisch sein, wenn man all das so Revue passieren lässt. Das ist doch ein einziges Im-Stich-Lassen der österreichi­schen Bevölkerung – ein einziges Im-Stich-Lassen.

Nun bin ich bei der Sozialdemokratie: Sie haben sich halt auch einlullen lassen. Sie waren halt hin und wieder mit dabei; Sie können sich nicht recht entscheiden, wohin Sie gehören: am Vormittag Regierungskurs, am Nachmittag ein bisserl Opposition. Ich habe noch die Bilder vor Augen, auf denen der Herr Gewerkschaftspräsident, der ja Ihren Reihen angehört, dann in trauter Dreisamkeit mit Herrn Mahrer und mit dem Herrn Bundeskanzler im Schweizerhaus ein Bierchen trinkt, als Zeichen dafür, dass wir die Krise großartig im Griff haben. Das nenne ich einlullen lassen!

Ganz ehrlich sind Sie vonseiten der Sozialdemokratie auch nicht, wenn Sie jetzt die Zustände bei ATB kritisieren. Sagen Sie doch bitte dazu, dass maßgebliche Genossen im Aufsichtsrat dieses chinesischen Konzerns sitzen, der nun 360 Menschen den Sessel vor die Tür stellt. Herr Wimmer, das haben Sie in Ihren blumenreichen Schilderungen vergessen, dass Herr Kollege Matznetter und auch der ehemalige Abgeordnete Peter Wittmann im Aufsichtsrat dieses chinesischen Konzerns sitzen. (Oh-Rufe bei Abgeord­neten von FPÖ und ÖVP.) Was ist da mit der Sozialdemokratie? Warum lassen Sie das unter den Tisch fallen? (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht glaubt ja die Frau Klubobfrau etwas anderes. Es ist ja durchaus möglich, dass sie daran glaubt, dass Bundeskanzler Kurz in diesen Tagen noch einmal so etwas Ähnliches wie diese Kehrtwendung des Jah­res 2015/2016 zustande bringt. Sie erinnern sich, da ist es ja über Nacht gegangen: Da ist es wirklich über Nacht gegangen, dass der ehemals beste Islamversteher der Re­publik, dass der Integrationsromantiker und der Zuwanderungsschönredner Sebastian Kurz nach eigener Interpretation dann über Nacht genau ins Gegenteil übergewechselt ist. Das war dieses Wunder von 2015/2016. Das ist ja dann so weit gegangen, dass er dann – ähnlich wie im U-Ausschuss, wo er auch vieles vergessen hat – seine ganze eigene politische Vergangenheit vergessen hat. Er kann sich nicht mehr erinnern, dass er uns Teile dieser Suppe mit eingebrockt hat, die uns heute eine grundsätzlich schwere Position am österreichischen Arbeitsmarkt, Stichwort Verdrängungswettbewerb, beschert.

Die Wahrheit war ja eine andere: Sie haben erkannt, dass der Druck der Freiheitlichen Partei und der Bevölkerung so groß wird, dass Sie das, worüber Sie früher gelacht haben, haben abschreiben müssen. Das ist doch die Wahrheit. Seit dem damaligen Tag ist es nun unsere Aufgabe – egal ob in Opposition oder in Regierung –, dafür zu sorgen, dass Sie nicht wieder in die umgekehrte Richtung umfallen, denn die Gefahr ist hoch­gradig gegeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht glauben Sie, dass so etwas bei Corona auch passiert. Ich meine, schlecht wäre es nicht, Herr Bundeskanzler, es wäre eigentlich gut für die österreichische Bevölkerung, wenn Sie da freiheitliche Positionen übernehmen würden. Ich mache Ihnen gleich zwei Vorschläge. Der erste wäre: Schließen Sie doch angesichts der 800 000 Menschen – es sind ein bisserl mehr –, der etwas über 800 000 Menschen in Arbeitslosigkeit und Kurz­arbeit die österreichischen Grenzen für Arbeiter aus Drittstaaten und aus Ländern der Europäischen Union in jenen Bereichen, in denen wir für die Österreicher selber keine Arbeit haben!

Ja wann, wenn nicht jetzt, sollte man eine solche Maßnahme umsetzen? Ich wäre ge­spannt, was die Sozialdemokratie dazu sagt. Unsere Position ist klar, und um es in Ihrer Sprache zu formulieren, Herr Bundeskanzler: Machen Sie die Grenzen dicht für die Arbeitsplatzgefährder! Das wäre etwas, was jetzt zu tun ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein zweiter Vorschlag: Erhöhen Sie das Arbeitslosengeld für diejenigen, die durch Corona arbeitslos geworden sind! Und im Gegenzug – weil Sie sagen, das können wir uns alles nicht leisten –: Fahren Sie runter auf null mit den Sozialleistungen bei den viel zu vielen integrationsunwilligen Zuwanderern, bei denjenigen, die die Arbeit verweigern, obwohl sie hier einen aufrechten Aufenthaltstitel haben, bei den Asylbetrügern und bei denje­nigen, die jetzt den Asylstatus haben und glauben, da gehört die soziale Mindest­siche­rung dazu! Fahren Sie runter auf null!

Sagen Sie den Sozialstaatsgefährdern den Kampf an, Herr Bundeskanzler! Dann brin­gen wir gemeinsam etwas weiter. Sie werden das aber nicht tun, und das zeigt mir, dass auch in Fragen der restriktiven Zuwanderungs- und Asylpolitik bei Ihnen bei Weitem nicht so heiß gegessen wird wie gekocht.

Und von Corona rede ich gar nicht. Es ist ja keine Rede davon, dass wir nächstes Jahr Licht am Ende des Tunnels haben. Lesen Sie das, was die Experten von Wifo und IHS sagen, nicht? Diese sagen: Keine Normalität im Jahr 2021! Das dicke Ende kommt vielmehr noch, wenn die Kurzarbeitsphase ausläuft und wenn die Unternehmen am Ende dieser ganzen Stundungen dann plötzlich doppelt und dreifach zur Kasse gebeten wer­den.

Das ist doch die Wahrheit – und das, in das Sie uns hineingeführt haben, ist kein Tunnel, an dessen anderem Ende dann irgendwo ein Licht scheint, sondern das ist eine Sackgasse, das ist ein riesiges, enges, beklemmendes schwarzes Loch, in das Sie dieses Land hineingeführt haben, und es ist höchst an der Zeit, da umzudrehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Sache noch – und da bin ich bei Ihnen und bei Klubobfrau Rendi-Wagner gleicher­maßen –: Wir werden diesen Super-GAU, was die Arbeitslosigkeit und die Firmenpleiten betrifft, nicht verhindern können, wenn wir diesen Kurs, den Sie bisher eingeschlagen haben – und Sie (in Richtung SPÖ zeigend) waren teilweise mit dabei –, den Kurs der Angst, der Verunsicherung, des Chaos und, was Ihre Legistik betrifft, der absoluten Unfähigkeit, weiter fortsetzen. Wir brauchen einen normalen Zugang zu den Dingen! Ja zu Hygiene, zu Distanz, zu Eigenverantwortung, aber ein Nein zu diesem Dauer­alar­mismus - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn Sie bitte den Schlusssatz formulieren würden.

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): - - und zu diesem Dauerausnahmezustand! Das, was Sie machen, Herr Bundeskanzler, ist das Gegenteil: Sie rufen die zweite Welle aus und testen sich diese selber herbei.

Ich würde mir am Ende des Tages im Sinne einer ausgleichenden Gerechtigkeit für die 800 000 Menschen – und es werden mehr werden –, die jetzt leiden, eines wünschen: dass am Ende Sie Ihre Arbeit verlieren, nämlich die als Regierungschef. (Beifall bei der FPÖ.)

16.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koza. – Bitte.