16.47

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! (Abg. Kickl: Das passt jetzt genau!) Durch die Bezugnahme auf die Arbeitszeitverkürzung durch Kollegin Neßler erübrigt es sich für mich, drei oder vier Redner zurückzugreifen. Es gibt also offensichtlich in diesem Haus Leute, die glauben, dass man, wenn ein Bilanzbuchhalter, ein Automechaniker, ein Koch weniger arbeiten, die Arbeit auf arbeitslose Lkw-Fahrer und arbeitslose Staplerfahrer aufteilen kann. Daran sieht man, wie Sie sich das vorstellen! (Heiterkeit des Abg. Kopf.)

Ich glaube auch, dass ganz viele Mitarbeiter der Stadt Wien Ärzte im KAV sind. (Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried.) Wir haben bekanntlich nicht gerade überflüssige Ärzte herumstehen. Wenn die Ärzte weniger arbeiten, schaue ich mir an, woher Sie die anderen Ärzte nehmen, die Sie dann brauchen. Das ist die Magie in den grünen Köpfen der Abgeordneten Koza und Neßler. Dagegen ist Pippi Langstrumpf ja wirklich ein Lercherl. (Zwischenruf des Abg. Koza.)

Es gibt noch einen, der sich beschwert hat, nämlich Abgeordneter Rainer Wimmer: Es gibt Unternehmen, die Gewinne machen! – Kollege Wimmer, es ist noch kein Unter­nehmen am Gewinn zugrunde gegangen. Man muss schon sagen: Sichere Arbeitsplätze sind jene in Unternehmen, die Gewinn machen, denn wenn das Unternehmen dauerhaft keinen Gewinn macht, ist auch der Arbeitsplatz futsch. Das könnte sich auch bis zur Gewerkschaft herumgesprochen haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was schützt vor Kündigung? – Ein Unternehmen, das Gewinn macht, und eine florie­rende Wirtschaft. Damit kommen wir zu dem Punkt, an dem diese Regierung – und zwar auf dieser Seite (in Richtung Grüne deutend) und auf dieser Seite (in Richtung ÖVP deutend) gleichermaßen – komplett versagt. Was ein Unternehmer braucht, damit er investiert und Mitarbeiter einstellt, sind eine gewisse Verlässlichkeit, eine gewisse Zuversicht und Vertrauen. Wenn an einem Tag die Jubelbotschaft kommt: Licht am Ende des Tunnels, der eine kriegt die Impfung nächsten Juni und der andere nächsten Jänner, und vielleicht kriegen wir sie überhaupt schon vorher!, es aber ein paar Tage später heißt: Jetzt wird es wieder ernst! Jetzt kommen wieder die Ausgangsbeschränkungen, die Feste sind auf 50 Personen beschränkt!, wer soll sich dann da auskennen?

Heute heißt es wieder, es ist Licht am Ende des Tunnels. Ich glaube, das Licht am Ende des Tunnels, das Sie sehen, ist das Blinken der Coronaampel, und diese blinkt halt jeden Tag anders.

So kann niemand investieren, da er nicht weiß, was im nächsten Monat ist, was in einem halben Jahr ist. Das ist der Fehler, den die Regierung macht. Das Virus wird uns nämlich noch viele Monate begleiten, das wird noch sehr lange herumkurven, denn wenn es die Impfung gibt, ist sie noch nicht produziert, ist sie noch nicht verteilt und ist sie noch nicht verimpft; das wird noch viele Monate dauern. Und das, was Sie nicht zustande bringen, ist ein Konzept, wie wir vernünftig weiterleben, weiterarbeiten, weiterlernen, weiter­stu­dieren können, auch wenn es das Coronavirus gibt. (Beifall bei den NEOS.)

Das würde nämlich von Ihnen verlangen, dass Sie im Kalender weiter vorausschauen als bis zur nächsten Pressekonferenz, und das ist im politischen Konzept dieser Regie­rung nicht vorgesehen. Was schon vorgesehen ist, ist immer eine Warnung: Uh, jetzt öffnen wieder die Schulen, jetzt wird es gefährlich! Die Schulen! – Sie müssen einmal dem Bundeskanzler zuhören: Böse sind immer die Schulen. Schulen sind etwas ganz Gefährliches, da gehen die Kinder hin! Da wird die Wahrheit verdreht, denn Ihre Absicht ist, wieder die Schulen zuzusperren, denn offensichtlich wollen Sie keine gebildeten Bürger haben. Die könnten ja draufgekommen, was da für ein Spiel gespielt wird.

Immer sind die Schulen schuld, und in Wirklichkeit sind Kinder von Covid nur in ganz geringem Maße gefährdet, entwickeln vergleichsweise milde Symptome. Kinder sind keine Superspreader, eher bringen die Kinder die Krankheit von zu Hause mit, als dass sie sie nach Hause schleppen, und Schulen sind keine Cluster. Und wenn ich an Sie einen Appell richten darf, dann ist es folgender: Lassen Sie die Schulen offen! (Beifall bei den NEOS.)

Wenn die Schulen nicht geöffnet sind, dann kann auch keiner arbeiten, dann weiß auch der Unternehmer nicht, ob seine Mitarbeiter in der nächsten Woche im Unternehmen sind. Die Eltern sind unruhig, weil sie nicht wissen, ob ihre Kinder gut betreut sind. Die Wirtschaft kann nie ins Laufen kommen, wenn Sie mehr oder weniger unterschwellig ständig mit dem Schließen der Schulen drohen.

Jetzt kommen noch ein paar Takte zur Kurzarbeit: Dazu hat Karlheinz Kopf zu Recht gesagt, es sind mit der Kurzarbeit viele Jobs gerettet worden. Kurzarbeit kann aber immer nur eine Brücke von einem Ufer zum nächsten sein. Kurzarbeit kann nicht eine Brücke in den Ozean hinein sein, wenn wir das Ufer nicht sehen. Daher muss man auch schauen, dass man diese Maßnahme irgendwie so eindämmt, dass sie dort eingesetzt wird, wo sie wieder in eine normale Beschäftigung führt, aber dass sie kein Dauer­zustand wird, weil Kurzarbeit keine neuen Jobs schafft.

Das ist auch etwas, was diese Regierung versäumt: Es stirbt Altes, und solche Krisen lassen Altes schneller sterben, als es sonst gestorben wäre, und jetzt muss Neues entstehen können. Sie müssen den Boden für Neues bereiten, für neue Jobs in neuen Branchen, die wir bisher nicht gekannt haben. Da ist die viel angesprochene Qualifizie­rung sicher notwendig, und es geht auch darum, den Unternehmen etwas zu bieten, die jetzt jemanden einstellen, und nicht nur denen, die jetzt jemanden behalten. Dieser Blick auf das Neue, der Blick in die Zukunft fehlt mir komplett, der fehlt auch beim Konzept der Kurzarbeit bisher komplett.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Treff­sichere Sparsame Kurzarbeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend sowie der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage für eine treffsichere und sparsame Kurzarbeit zuzuleiten.

Folgende Punkte sollen in der dritten Kurzarbeitsphase Berücksichtigung finden:

- Nachweis der ökonomischen Notwendigkeit;

- Einführung eines Bonus/Malus-Systems, das Unternehmen begünstigt, die weniger Kurzarbeit in Anspruch nehmen.“

*****

Phasen sind ja wichtig, der Gesundheitsminister spricht immer von Phasen: Da sind wir jetzt in der Phase oder in der Phase. Kukident hat nicht so viele Phasen wie der Gesundheitsminister – auch in der Kurzarbeit gibt es mehrere Phasen, und da wäre jetzt dringend etwas zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

16.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Treffsichere Sparsame Kurzarbeit

eingebracht im Zuge der Debatte in der 49. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, Msc, Kolleginnen und Kol­legen

Bisher war die Kurzarbeit sicherlich die wichtigste Maßnahme zur Abschwächung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aber sie ist eben nur eine Überbrückungshilfe und sie macht nur als Brücke von einem Ufer zum anderen Sinn und nicht hinaus in den Ozean. Daher muss diese Maßnahme im Zeitverlauf an Attraktivität verlieren. Um sicherzustellen, dass die Mittel dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden, sollte bei der Kurzarbeit ein Anreiz gesetzt werden, damit die Kosten nicht noch deutlicher steigen.

Führende europäische Wirtschaftsforscher wie Gabriel Felbermayr (1) und Clemens Fuest (2) sehen in der Verlängerung der Kurzarbeit zunehmend ein Problem. Steuergeld darf nicht nur für die Konservierung kriselnder Sektoren der Wirtschaft eingesetzt wer­den, sondern es muss auch Platz für Neues geschaffen werden. Je länger die Wirtschaft konserviert wird, umso mehr steigt der Anteil an geförderten Arbeitsplätzen, die struk­turell schon vor der Krise problematisch waren und nicht mehr markttauglich gewesen wären. Das bedeutet, dass mit Steuergeld die Konkurrenten von gesunden Betrieben am Leben erhalten werden. Das verringert unsere Möglichkeiten, gut aus der Krise zu kommen. Um sicherzustellen, dass Mittel dort ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden, sollten bei der Kurzarbeit Anreize gesetzt werden, damit die Kosten nicht noch deutlicher steigen. Die Verlängerung der Kurzarbeit ist eine immense Belastung für das ohnehin schon strapazierte Budget. Auf der anderen Seite gehen Unternehmen, die keine Kurzarbeit ansuchen, leer aus. Daher müssen wir die Unternehmen begünstigen, die weniger Kurzarbeit in Anspruch nehmen und somit ein zielsicheres und effizientes System schaffen. So könnten Unternehmen, die in einem hohen Maße Förderung über die Kurzarbeit nutzen, einen Aufschlag auf die Körperschaftsteuer oder Einkom­men­steuer für spätere Gewinne zahlen. Dieses Bonus/Malus-System hätte den Vorteil, dass der Kontrollaufwand erst nach der Krise anfällt, Unternehmen aber bereits heute keinen Anreiz haben, die Kurzarbeit „auszunutzen“.

Quellen:

(1) https://www.derstandard.de/story/2000119805097/oekonom-felbermayr-staatshilfen-werden-zunehmend-zu-einem-problem

(2) https://www.welt.de/wirtschaft/video214274530/Prof-Clemens-Fuest-Das-Kurzarbeitergeld-jetzt-schon-zu-verlaengern-ist-einfach-zu-frueh.html

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend sowie der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage für eine treffsichere und sparsame Kurzarbeit zuzuleiten.

Folgende Punkte sollen in der dritten Kurzarbeitsphase Berücksichtigung finden:

• Nachweis der ökonomischen Notwendigkeit;

• Einführung eines Bonus/Malus-Systems, das Unternehmen begünstigt, die weniger Kurzarbeit in Anspruch nehmen.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Herr. – Bitte.