11.47

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute zeigen die NEOS wieder einmal ihr wahres Gesicht, nämlich dass sie absolut kein Interesse an einer lösungsorientierten Diskussion haben, denn wie kommt man sonst auf die glorreiche Idee, heute den Herrn Bundes­kanzler aufzufordern, ein europäisches Asylsystem zu unterstützen, das jetzt um 12 Uhr erst einmal vorgestellt wird (Zwischenruf des Abg. Schellhorn), das keiner kennt, das keiner durchgearbeitet hat. (Abg. Meinl-Reisinger: ... medial ..., mehr Zeit ...!)

Österreich hilft 365 Tage im Jahr, weil wir uns unserer humanitären Verantwortung be­wusst sind. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sind EU-weit an dritter Stelle bei den Schutzge­währungen für Flüchtlinge, an zweiter Stelle bei der Aufnahme von Kindern. Ja, dafür werden wir von der Kommission gelobt, aber das sollen bitte erst einmal alle anderen Mitgliedstaaten erfüllen (Abg. Meinl-Reisinger: Genau! Das nennt man Solidarität! ... ha­ben es verstanden!), was wir seit 2015 geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, geschätzte Frau Kollegin Meinl-Reisinger, verweigern Sie nicht die Realität! (Zwi­schenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Tun Sie doch bitte nicht so, als würden wir seit 2015 niemanden aufnehmen! Es werden auch heuer wieder 10 000 bis 12 000 Asylbe­scheide positiv ausgestellt. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Vorletzte Woche hatten wir 367 Asylwerber, und wir haben in diesem Jahr bereits 700 unbegleitete minderjährige Jugendliche in die Grundversorgung übernommen. (Abg. Kickl: No schau!)

Fakt ist aber, dass uns Hilfe vor Ort wichtig ist. Wir waren bereits vor Ort in Moria, noch bevor der Brand gelegt wurde. Wir haben mit finanziellen Mitteln unterstützt und wir ha­ben schon im Frühjahr Hilfslieferungen gebracht, das war unserem Innenminister beson­ders wichtig, und auch da waren wir EU-weit wieder die Ersten, die mit 55 Tonnen gehol­fen haben.

Ja, ich habe meine Lehre aus 2015 gezogen, und zwar, dass bei diesem Migrations­thema die veröffentlichte Meinung nie mit der öffentlichen Meinung übereinstimmt.

Wir waren damals im oberösterreichischen Landtagswahlkampf. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Es gab einerseits hilfsbereite Menschen und andererseits enorme Aggressivi­tät quer durch alle Bevölkerungsgruppen, alle Berufe, quer durch alle Parteien. Diese Überforderung, die darf in diesem Land nie wieder passieren.

Das Negativbeispiel ist Schweden. Der sozialistische Premierminister beklagt, dass ho­he Kriminalität von Migranten herrührt, und die schwedische Polizeichefin kritisiert, dass migrantische Großfamilien einen Staat im Staat bilden, und jetzt mussten sie sich noch einen dänischen rechtspopulistischen Ex-Minister holen, der das Ganze als Berater lö­sen soll.

Es ist traurig, dass Millionen Menschen auf der Flucht sind, aber Europa kann nur einen Bruchteil davon aufnehmen. Daher ist es doch wesentlich gerechter, das blutige Milliar­dengeschäft der Schlepper zu stoppen, und das können wir nur mit Hilfe vor Ort.

Was machen Sie? – Mit Ihren Vorstellungen befeuern Sie die Schlepper. Wie naiv sind Sie, bitte? Glauben Sie, Schlepper sind junge Männer, die einzeln Boote aufs Wasser lassen? – Das sind Großorganisationen, Profiorganisationen.

Wenn man 1 500 Flüchtlinge nach Deutschland schickt, stehen die nächsten 1 500 schon vor den Toren Europas, und der Schlepper kann sich ausrechnen, dass er wahr­scheinlich in einer Viertelstunde 3 Millionen Euro verdient. Denen muss man die Luft zum Atmen nehmen!

Für mich ist der richtige Zugang eine perfekte Abstimmung mit den Drittstaaten, Anreize, aber auch Kontrollsysteme und vor allem Ausbildung, Arbeitsplätze vor Ort. (Beifall bei der ÖVP.) Das muss ein nachhaltiges, visionäres Migrationsabkommen der Europäi­schen Union enthalten, dann werden wir diesem auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.51

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Mitglied des Europäischen Parlaments Günther Sidl. – Bitte.