16.24

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Frauenhelpline gegen Ge­walt: 0800 222 555 www.gewaltschutzzentrum.at × Polizei: 133“ auf das Rednerpult und trägt – wie auch einige weitere Abgeordnete der SPÖ – einen Button mit der Aufschrift „Stopp der Gewalt“.) Zunächst wollte ich noch einmal, wie schon in der Früh, auf das Frauengewaltschutztelefon hinweisen: Unter 0800 222 555 wird Frauen geholfen, die von Gewalt betroffen sind, und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. An diese Nummer können sie sich wenden, da wird ihnen geholfen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Zum Thema des Dringlichen Antrages: Ja, es ist so, dass wir dem Antrag zustimmen, nicht weil wir mit allem einverstanden sind, sondern auch weil es sich um einen unver­bindlichen Entschließungsantrag handelt und wir die Intention dahinter teilen. Wir glau­ben, dass darin aber nur ein ganz kleiner Teil der Probleme angesprochen wird.

Unser Vorschlag wäre, diesbezüglich eine parlamentarische Enquete-Kommission ein­zusetzen, weil alle Parteien gesagt haben, dass ihnen das ein Anliegen ist. Ich kann jetzt auch kurz skizzieren, was meiner Meinung nach die Baustellen im Bereich des Glücksspielgesetzes sind.

Erstens, der Bereich des Spielerschutzes: Es gibt ja in diesem Antrag der NEOS eine Reihe von Punkten, in denen sie sagen, die Spieleinsätze, die Spieldauer am Tag und so weiter, das soll reglementiert sein. Das schützt aber nicht vor folgendem Problem: Sie können heute bei einem Betreiber des Glücksspiels reingehen, dort spielen, bei der Tür rausgehen und beim nächsten reingehen und weiterspielen. Das können Sie öfter machen. Dann können Sie heimgehen und im Internet gleich weiterspielen, ent­weder beim legalen Betreiber oder dann auch noch beim illegalen Betreiber. Das heißt, Spielerschutz muss betreiberunabhängig sein.

Wir haben ja damals, 2010, den Vorschlag eingebracht, eine sogenannte betreiberun­abhängige Spielerkarte zu machen, auf der auch die Limits gespeichert sind. Das heißt, egal ob ich Lotto spiele, ob ich ins Casino gehe, ob ich online spiele, ob ich an Automaten spiele, ich habe eine Karte, und wenn ich gewisse Limits überschreite, die ich selber mitbestimmen kann – das heißt, es geht nicht darum, dass wir jetzt den Men­schen vorschreiben wollen, was sie tun dürfen und was nicht –, sind derartige Sperren gültig, egal welches Glücksspiel ich spiele. Das heißt, wir müssen uns um die Frage des Spielerschutzes kümmern, weil er heute jedenfalls nicht so ist, wie wir alle hier, glaube ich, ihn als ausreichend sehen würden.

Das Zweite ist das Onlineglücksspiel. Dafür gibt es in Österreich eine Lizenz, das heißt einen legalen Betreiber. Tatsächlich ist es aber so, dass nur circa 30 Prozent der Spie­ler bei diesem legalen Betreiber spielen, 70 Prozent spielen hingegen bei illegalen On­lineanbietern. Es ist auch ein bisschen fad für den Gesetzgeber, wenn er ein Gesetz beschließt, das bestimmt: Ihr dürft nur dort spielen!, und 30 Prozent tun das und 70 Pro­zent tun etwas anderes.

Da gäbe es ja Möglichkeiten, das über IP-Blocking einzuschränken, das heißt, dass man über das Internet die anderen gar nicht erreicht. Da gibt es die Variante über die sogenannten Zahlungsdienste: Für alles, was man im Internet macht, braucht man ja eine Kreditkarte oder dergleichen. Da gibt es Wege, wie man diese Zahlungsdienste verhindert und damit verhindert, dass man dort überhaupt spielen kann.

Es gibt auch die Varianten, einfach mehr Lizenzen zu machen, nicht nur eine, sondern mehrere Lizenzen. Das ist etwas, das wir uns ansehen sollten. Dass wir hier ein Ge­setz beschlossen haben, das nur zu 30 Prozent gilt und zu 70 Prozent nicht, halte ich für eine Baustelle. Das ist eine Sache, bei der der Gesetzgeber aufgerufen ist, darüber nachzudenken, wie er nicht nur 30 Prozent reguliert, sondern 100 Prozent.

Die dritte Baustelle wurde angesprochen – Good Governance würde ich das nennen –: Es gibt einen, der das Geld, die Glücksspielabgabe, einnimmt. Derselbe vollzieht das Gesetz und ist die Aufsicht, macht auch Gesetzesvorschläge an das Hohe Haus, regelt indirekt auch die Beteiligungen des Bundes an Glücksspielunternehmen und ist auch noch für den Spielerschutz zuständig.

Als Beispiel: Die Stadt Wien hat diese Funktionen auf drei Stellen aufgeteilt. Da nimmt einer das Geld ein, einer ist für die Kontrolle und für das Gesetz zuständig und der Dritte für den Spielerschutz. Es ist vernünftig, wenn das getrennt ist. Da kann man sich an der Stadt Wien, wie in vielen anderen Fragen auch, ein Beispiel nehmen. Aber das ist jedenfalls etwas, das sich auch eine Enquete-Kommission anschauen sollte, näm­lich wie man diese verschiedenen Aufgaben des Bundes auf verschiedene Stellen auf­teilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein viertes Beispiel für eine Baustelle ist das sogenannte kleine Glücksspiel. Es gibt ja zwei Arten des kleinen Glücksspiels: jenes, welches das Land betreibt, und jenes, wel­ches eine Bundeskonzession erfordert. Das eine heißt Landesausspielung oder kleines Glücksspiel, das andere heißt VLT, Video Lottery Terminal.

Für den Kunden ist überhaupt nicht ersichtlich, wo er jetzt gerade ist, aber das eine re­gelt das Land, das andere der Bund. Vorarlberg ist zum Beispiel ein Verbotsland, aber VLTs gibt es, ob das Land es will oder nicht. Es gibt gerade in Villach eine Diskussion, der Bürgermeister dort sagt, er will das an und für sich nicht, schon gar nicht neben dem Sozialamt, schon gar nicht in der Nähe von Schulen, aber der Bund genehmigt es trotzdem.

Wir haben das Problem auch in Wien. Wien ist ein Verbotsland wie Vorarlberg, aber VLT gibt es – Gott sei Dank nur eines: Böhmischer Prater. (Abg. Meinl-Reisinger: Drei Standorte ...!)  Ja genau, das ist die Situation, die wir haben.

Ist das etwas, was wir wollen? Nein, das ist ja in Wahrheit auch vollkommen unge­regelt. Entweder das kleine Glücksspiel ist erlaubt oder nicht. Es gibt da aber eine Bau­stelle, die das zulässt.

Und was die Einsätze betrifft – der Antrag kümmert sich um die Einsätze, also um ei­nen kleinen Teil dieser Baustellen –: Sind die Einsätze klein? – Für ein Spiel vielleicht schon, aber dafür, was in der Stunde, in der Woche, im Monat verloren werden kann, sind sie jedenfalls jenseits von klein.

Unser Vorschlag ist daher: Alle Parteien setzen sich zusammen und wir setzen eine Enquete-Kommission ein – wir werden in den nächsten Tagen dazu einen schriftlichen Vorschlag übermitteln –, in der diese Baustellen behandelt werden. Ich glaube ehrlich gesagt, dass das eine Sache ist, die uns alle angeht und nicht nur die Parteien, die ge­rade zufällig eine Koalition verhandeln. Da sollten alle Parteien eingebunden sein. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Dann gibt es ein aktuelles Thema, das indirekt auch den Spielerschutz betrifft, nämlich die Frage betreffend Casinos Austria, dass die Novomatic ihre Anteile an einen tsche­chischen Miteigentümer verkaufen will. Dabei halten wir es aus zwei Gründen für ganz wichtig, dass der Bund, die Öbag, die Anteile aufstockt. Erstens verhindert man da­durch eine absolute Mehrheit des tschechischen Glücksspielkonzerns an den Casinos Austria und erreicht damit, dass der Bund beim Kauf der Novomatic-Anteile aus einem wirtschaftlichen Grund mitzieht.

Im Moment kann der Bund mehr oder weniger um null Zinsen Geld aufnehmen. Das heißt, jede Dividende, die hereinkommt, ist für den Bund ein Geschäft. Insofern sollte man das allein aus wirtschaftlichen Gründen machen – aber vor allem auch aus Spie­lerschutzgründen. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Natürlich gibt es für den Eigentümer, also ein Glücksspielunternehmen, immer die Ab­wägung: Ist mir Spielerschutz wichtig oder sind mir meine eigenen Einnahmen wichtig? Das ist natürlich ein Widerspruch. Je mehr Spielerschutz man betreibt, je mehr Spieler man zum Beispiel sperrt, desto geringer sind die Einnahmen.

Ganz ehrlich, ich traue der öffentlichen Hand als Eigentümer eher als einem Privaten zu, dass der Spielerschutz und nicht die persönlichen Einnahmen des Unternehmens in den Vordergrund gestellt werden (Abg. Meinl-Reisinger: Haben wir ja gesehen, dass es nicht so ist! Ganz im Gegenteil!), deswegen bringe ich hiermit einen Entschlie­ßungsantrag betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“ ein.

Die öffentliche Hand soll jedenfalls darauf schauen, dass sie verhindert, dass ein rein privater Glücksspielkonzern alleine das Sagen bei den Casinos Austria hat – aus wirt­schaftlichen Gründen und aus Spielerschutzgründen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann habe ich noch einen Punkt, da Sie, Herr Finanzminister, gerade hier sind: Erklä­ren Sie mir bitte, was Herr Schmid eigentlich noch in der Öbag macht! Herr Schmid ist jetzt Alleinvorstand der Öbag und damit derjenige, der die wesentlichen Industriebeteili­gungen des Bundes verwaltet – von der OMV über den Verbund und so weiter bis hin zur Casinos Austria AG. Das ist jener, der geheime Unterlagen, die das Glücksspiel und die Vergabe von Lizenzen betreffen, fotografiert. Früher war er die rechte Hand Ihres Vorgängers, er war ja quasi Ihr Vorgesetzter; ich weiß, dass Sie da persönlich in einer schwierigen Situation sind.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, Sie haben nur noch 20 Se­kunden. Verlesen Sie bitte den Antrag!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Herr Präsident, ich habe ihn an und für sich inhaltlich erläutert. Ich glaube, ich muss ihn nicht verlesen; aber ich kann das ger­ne tun:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“

„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Mehrheitsbeteiligung der tschechischen Sazka-Gruppe an den österreichischen Casinos – unter anderem durch Nutzung des Vorkaufsrechts durch die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) und damit einer entsprechenden Aufstockung der Anteile an der Casinos Austria AG – zu unterbinden.“

*****

Ich hoffe, Herr Präsident, dass Sie jetzt in fachlicher Hinsicht zufrieden sind.

Ich komme aber noch einmal zurück auf das vorige Thema: Was macht Herr Schmid noch in der Öbag?

Es ist klar, er hat als Beamter Geheimunterlagen fotografiert und diese an die Novo­matic geschickt. – Das geht nicht! Das ist ein Vorgang, der nicht geht! – Der ist für die Casinos zuständig, der gehört dort weg! Bitte tun Sie etwas! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.35

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Genossinnen und Genossen betreffend „Wahrung des Einflusses bei der Casinos Austria AG durch Nutzung des Vorkaufsrechts“

eingebracht im Zuge der Debatte zum dringlichen Antrag der Abgeordneten Mag. Bea­te Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung notwendi­ger Spielerschutzmaßnahmen im Glückspiel“ in der 6. Sitzung des Nationalrates am 11. Dezember 2019

Begründung

Am 10.12.2019 wurde durch Medienberichte bekannt, dass die Novomatic AG ihre An­teile von rund 17,2% an der Casinos Austria AG (CASAG) an die tschechische Sazka-Gruppe verkaufen möchte.

Der Bund hält über die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) derzeit rund 33,2% an der CASAG, die Sazka-Gruppe hält 38,3%. Die anderen Aktionäre verfügen allerdings über ein anteiliges Vorkaufsrecht. Würde die Republik von diesem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch machen, würde die Sazka-Gruppe in Zukunft mehr als 50% an der CASAG halten. Das Unternehmen wäre damit mehrheitlich in der Hand der tschechischen Saz­ka-Gruppe.

Es gibt viele Gründe, die für die Nutzung des Vorkaufsrechts durch die ÖBAG spre­chen.

1)         Die Republik verschuldet sich zurzeit de-facto zum Nullzinssatz. Eine Aufsto­ckung der CASAG Anteile durch Nutzung des Vorkaufsrechts hätte durch höhe­re Dividenden einen positiven Einfluss auf den österreichischen Staatshaushalt.

2)         Eine Mehrheitsbeteiligung eines ausländischen Glückspielkonzerns an den ös­terreichischen Casinos möglichst hintanzuhalten, hat auch wichtige ordnungs­politische Gründe. Die Unternehmenspolitik der CASAG kann nämlich nicht bis ins kleinste Detail durch gesetzliche Rahmenbedingungen und Bestimmungen – beispielsweise im Bereich des Spielerschutzes – geregelt werden. Der Staat agiert als Eigentümer im Bereich des Spielerschutzes sicherlich anders als ein privates Unternehmen. Diesen Umstand hat auch Bettina Glatz-Kremsner jüngst in einem Kurier Interview hervorgestrichen. Darin sagt sie „Gerade in ei­nem derart sensiblen Bereich wie dem Glücksspiel ist eine staatliche Beteili­gung gut und wichtig“. Auch bei neuen Projekten sei eine staatliche Beteiligung hilfreich. Und weiter: „Es gehe nicht um den „maximalen Ertrag, sondern um den bestmöglichen Ertrag unter strengen ordnungspolitischen Rahmenbedin­gungen“.1

Sowohl aus ordnungs- als auch finanzpolitischen Erwägungen, sollte die Republik eine Mehrheitsbeteiligung eines ausländischen Glückspielkonzernes an den österreichi­schen Casinos möglichst hintanhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Mehrheitsbeteiligung der tschechischen Sazka-Gruppe an den österreichischen Casinos – unter anderem durch Nutzung des Vorkaufrechts durch die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) und damit einer ent­sprechenden Aufstockung der Anteile an der Casinos Austria AG - zu unterbinden.“

1 https://kurier.at/wirtschaft/wie-die-casinos-chefin-gas-gibt/400667732

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ausreichend begründet und steht daher mit in Ver­handlung. – Darum bin ich für eine GOG-Reform: damit wir diese bürokratischen Hin­dernisse beseitigen können.

Ich darf eine Gruppe aus Kärnten, die Gäste von Abgeordnetem Obernosterer, recht herz­lich begrüßen. – Herzlich willkommen hier! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte.