10.51

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanz­ler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Österreicherinnen und Österreicher! Heute gedenken wir hier im Parlament der Opfer des Terroranschlags vom Allerseelentag in Wien, aber diese feige, diese hinterhältige, diese schreckliche Gräueltat, meine Damen und Herren, werden wir niemals in unserem Leben vergessen.

Dieser dramatische Anschlag hat aber auch gezeigt, dass unsere Polizei und die Helfer vor Ort ganz hervorragende Arbeit geleistet haben – Hunderte Polizistinnen und Polizis­ten, die Rettungskräfte, die Ärzte, die Pfleger in den Krankenanstalten. Ihnen allen ge­nauso wie den couragierten Menschen aus der Zivilbevölkerung, die mitgeholfen haben, gebührt unser Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, für uns ist klar: Das, was am Montag passiert ist, waren Handlungen eines Kriminellen, und diese Handlungen eines Kriminellen haben sich gegen unsere Demokratie, gegen unsere Werte gerichtet, und allen, die glauben, dass sie unsere Demokratie und unser friedliches Zusammenleben gefährden können, sei hier vom österreichischen Parlament aus gesagt: Wir lassen uns nicht unterkriegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich begrüße daher natürlich auch die Maßnahmen, ich möchte das auch ansprechen, ich begrüße die Schritte der Bundesregierung, die sie in den letzten Tagen gesetzt hat, denn ja, meine Damen und Herren, es ist auch notwendig zu hinterfragen, ob wir alles richtig gemacht haben.

Die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur lückenlosen Aufklä­rung, zur Feststellung von organisatorischen Verbesserungsmöglichkeiten, als Aus­gangs­punkt von Lernprozessen, der besseren Vernetzung, all das sind notwendige Maßnahmen und all das führt vielleicht auch zur Frage, ob es auch gesetzlicher Neu­regelungen bedarf.

Wir brauchen aber, meine Damen und Herren, auch Antworten auf unterschiedliche Fragen. Ist die Entlassung auf Bewährung für Straftäter im Zusammenhang mit Terror­delikten das richtige Instrument? Gelingt uns die Deradikalisierung in den Haftanstalten und in der Bewährungshilfe wirklich? Welche Verbesserungen gibt es, um Gefährder besser zu überwachen? Sind wir mit einer möglichen Aberkennung der Staatsbür­gerschaft auf dem richtigen Weg? (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es natürlich um die kon­sequente Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Damit bin ich schon beim jetzt im Moment nicht anwesenden Klubobmann Kickl. Sie alle wissen, ich versuche immer, Brücken zu bauen und das Gemeinsame zu suchen. (Abg. Belakowitsch: Genau! Ah so!) Da fehlt mir hier bei Herrn Kickl ein Anschlussstück. Richten Sie es Herrn Kickl bitte aus! (Abg. Belakowitsch: Ich richte es ihm aus!) Herr Kickl hat gestern im Rahmen einer Pressekonferenz Details von möglichen Polizei­ak­tio­nen zur Bekämpfung des Terrorismus öffentlich bekannt gemacht. (Abg. Amesbauer: Ja, und, stimmt es?)

Meine Damen und Herren! Wenn die von ihm genannten Aktionen wirklich real wären (Abg. Belakowitsch: Das war in der Vergangenheit!), dann hätte er diese Einsätze massiv behindert und Herr Kickl würde damit auch das Leben von Polizistinnen und Polizisten gefährden. (Abg. Belakowitsch: Aber Blödsinn!) Das ist verantwortungslos! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf: Aber so ein Unsinn! – Abg. Amesbauer: Ist Ihnen das nicht selber peinlich? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir müssen uns, meine Damen und Herren, aber auch an die Wurzel des Problems heranwagen, und die Wurzel des Problems ist ja die Frage, warum Menschen radika­lisiert werden. Warum werden sie radikalisiert? – Ich halte meine Aussage, die ich hier im Hohen Haus schon mehrfach getroffen habe, weiter aufrecht und wiederhole sie noch einmal: Wenn ein junger Mensch Defizite in der Bildung und auch im Bekenntnis zu den Werten der Republik Österreich hat, dann hat er keine Chance, tatsächlich ein wertvoller Teil dieser Gesellschaft zu werden (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – und wenn er keine Chance hat, dann hat er keine Hoffnung, dann hat er keine Perspektive, und das ist der Bodensatz für Kriminalität, Extremismus und Terrorismus.

Wir müssen uns im Bereich der Bildung noch mehr einsetzen (Abg. Kassegger: Wir müssen gar nichts!) und dort ansetzen, und da brauchen wir auch ein klares Bekenntnis dazu, dass wir Integration nicht nur fördern, sondern auch einfordern – konsequent ein­for­dern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Aber Sie wissen schon, dass der Attentäter ...?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss, möchte es aber, weil mir das eben so wichtig ist, noch einmal betonen. Viele von Ihnen – so auch Frau Rendi-Wagner – haben es heute gesagt, Frau Meinl-Reisinger tat es in den letzten Tagen, die Opposition hat es immer wieder bestätigt und bestärkt: Stehen wir doch zusammen! – Ich gebe Ihnen dazu eine Antwort aus meiner Sicht: Ja, stehen wir zusammen, gerade in dieser für die Republik Österreich schwierigen Zeit! Ziehen wir gemeinsam an einem Strang! Diese Einladung gilt auch für Sie, Herr Kickl; Sie sind in der Zwischenzeit wieder zurückgekommen. (Abg. Kickl: Seien Sie einmal im Leben ehrlich!)

Es ist Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Trennende wegzuschieben und das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es ist Zeit für eine gemeinsame Kraftanstrengung und, meine Damen und Herren – ich hoffe, wenigstens das eint uns –, es ist Zeit für das gemeinsame Bekenntnis zur Republik Österreich, zu unseren Werten und zu unserer liberalen Demokratie. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) In diesem Sinne: Helfen wir zusammen! Wir, da bin ich mir ganz sicher, auch bei unterschiedlichen Meinungen, wir lassen uns nicht unterkriegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Das war eine peinliche Rede!)

10.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klub­obmann Leichtfried. – Bitte.